Kapitel 2

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Theoretisch ist das ja Schicksal und ein Zeichen, dass ich es nicht tun sollte, aber das Zeichen kann mich mal. Das braucht nicht erst jetzt kommen.
Jetzt ist es zu spät.

Ich zog die Pulliärmel über meine Arme und tapste zur Tür. Wieder klingelte es.
"Ja ist ja gut!" keifte ich und öffnete die Wohnungstür.
Vor mir stand wie erwartet der Postbote.
"Ein Brief für Herrn Shiota" bergrüßte er mich und hob mir einen dicken Brief hin.
"Und wieso schmeißen Sie den nicht in den Briefkasten?" fragte ich genervt.
"Das ist eine Sondermeldung. Der Absender will sicher gehen, dass Sie den Brief auch wirklich erhalten."
Aha..und wen interessiert das bitte?
"Nagut.." nuschelte ich und öffnete die Tür noch mehr. Er hob mir das Gerät hin worauf ich unterschreiben musste und verabschiedete sich dann.

Ich ging wieder rein und schaute mir den Brief an.
Wer schickt den heutzutage noch Briefe?
Ich drehte ihn um und schaute von wem er war.
Von Australien!? Und auch noch aus einer Klinik!?
Wieso bekomme ich einen Brief aus Australien!?

Sofort öffnete ich den Brief und mir purzelte gleich ein kleiner Schlüsselanhänger entgegen.
Ich hielt die Luft an und schaute geschockt auf den kleinen blauen Bären, welchen ich Karma damals zu seiner Klausur als Glücksbringer geschenkt hatte.

K-Karma..

Hastig holte ich den Brief heraus und entfaltete ihn.
Tatsächlich, das ist seine Schrift...

'Nagisa.. Mein über alles geliebter Nagisa..

Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll, es gibt so viel zu sagen..
Es ist so viel geschehen damals..
Ich hab dich einfach in diesem Park stehen lassen. Dir gesagt, dass ich dich nicht mehr liebe und es damit vorbei ist.
Du hast so schrecklich geweint und ich wollte nichts anderes tun, als dich in meine Arme ziehen, dich küssen und dir sagen, dass alles gut ist.
Aber es ging nicht.

Ich bin dir eine Sache schuldig und das sind Antworten.
Wieso ich das getan habe und wieso ich dich damals so sehr verletzt habe..

Früher habe ich doch immer von der Universität in Brisbane geträumt. Die Queensland. Ich wollte unbedingt dorthin.
Dann kam ich aber mit dir zusammen und hatte mich auch für einen anderen Berufsweg entschieden.
Das wusste aber mein Vater nicht und hat mich heimlich dort beworben. Er wollte mir eben eine Freude machen.
Tatsächlich wurde ich dann angenommen und meine Eltern bestanden drauf, dass ich dort hingehe.

Ich habe lange darüber nachgedacht wie ich es dir sagen oder beibringen soll, dass ich nach Australien gehe. Ob du überhaupt mit willst.
Meine größte Angst war zu diesem Zeitpunkt, dass du mich deswegen verlassen könntest und mit mir keine Fernbeziehung ausprobieren willst.

Aber die Schule war nicht der Grund für die Trennung ..es war ein anderer..
Du weißt doch, dass ich immer sehr hohen Blutdruck hatte.
Und ich habe auch meine Arzttermine vernachlässigt und nicht gerade darauf geachtet.

Schließlich hat sich dann etwas herausgestellt, was mein Leben umgekrempelt hat.
Ich sage es frei heraus.
Ich habe eine chronische Niereninsuffizienz, was bedeutet, dass meine Nieren beschädigt sind.
Anders gesagt, ich bin krank und es stand nicht mehr lange um mich, da brauche ich eine neue Niere.

Und das konnte ich dir nicht antun.
Aufkeinenfall wollte ich irgendwann krank und geschwächt im Krankenhaus liegen und dir Sorgen bereiten. Ich wollte nicht, dass du jeden Tag ins Krankenhaus kommst, mich besuchst und in Angst leben musst, dass ich bald gehen würde.
Ich konnte und wollte dir diese Schmerzen nicht antun. Es ging für mich nicht. Dieses Leiden und dich so sehen zu müssen, das kam für mich nicht in Frage.
Du verdienst es glücklich zu sein und beschwerdenfrei, ich wäre dir nurnoch eine Last und würde dir Kummer bringen.

Ich werde niemals von deiner Seite weichen | KargisaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt