Es war merkwürdig wie meine Tage plötzlich erfüllt waren mit Inhalt. Mit Sinn. Natürlich hatte ich immer Therapien gehabt. Gruppensitzungen, Termine beim Chefarzt, Kreative Ausdruckstherapie, Medizinische Untersuchungen, aber das hatte am Tag nur wenige Stunden in Anspruch genommen. Jetzt war plötzlich so viel mehr los. Tag für Tag. Nicht nur das Rickerts Termine täglich stattfanden, ich hatte meine festen Zeiten für das Außengelände, wo ich spazieren ging, im Garten zeichnete oder aber einfach die Vögel beobachtete. Manchmal verirrte sich auch mal ein Eichhörnchen aufs Klinikgelände, aber leider kam das relativ selten vor, da es ein paar Irre gab, die die armen mit Steinen bewarfen. Dem letzten der das getan hat, hatte ich fast den Kiefer gebrochen, weshalb ich dann Monate lang drinnen versauern musste. Ob ich mich im Griff hatte, sollte ich so etwas nochmal beobachten? Ich konnte es nicht wirklich sagen. Wer half denn schon einem Eichhörnchen, wenn ich es nicht tat?
Was aber besonders ins Gewicht fiel, Kostas kam jetzt fast täglich. Ging mit mir nach draußen, setzte sich beim Essen zu mir oder zeichnete gemeinsam mit mir an meinem Tisch. Wenn er da war, verging die Zeit wie im Flug. Als er an diesem Tag in meinem Zimmer stand, wirkte er angespannt. Ich ging ihm entgegen, zog ihn an mich und verspürte sofort wieder diesen tiefen inneren Frieden, wie immer, wenn er hier war. Es war als wäre ich unvollständig, sobald er ging. Als wären wir zwei Hälften eines Ganzen.
„Babyboii", flüsterte ich an seinen Hals. „Schön, dass du da bist!"
„Wie hast du mich grade genannt?" fragte Kostas verwirrt, als er sich von mir löste.
„Bobyboii" wiederholte ich grinsend. Insgeheim nannte ich ihn schon länger so. „Weil du so niedlich bist."
„Wie wäre es einfach mit Kostas. Oder Dennis?", fragte er mit einem Stirnrunzeln.
„Nein, du bist mein Babyboii", beharrte ich. „Babys und kleine Kinder sind noch die erträglichsten Menschen, auf dieser Welt. Sie sind noch so unverdorben. Genau wie du."
Kostas seufzte, ließ es aber dabei bewenden.
„Was bedrückt dich denn?", fragte ich, während ich ihn am Arm mit mir zog. Wir setzten uns mangels einer Besseren Alternative wieder auf mein Bett und er sah mich ernst an.
„Am nächsten Mittwoch werden deine Eltern her kommen, um dich zu besuchen.", verkündete er.
„Wie bitte?", fragte ich entgeistert. Ich hatte seit Jahren nicht mit ihnen gesprochen.
„Du musst dich mit ihnen aussprechen. Bitte! Tus für mich. Das würde mich sehr glücklich machen!", sagte er und sah mich aus seinen hübschen braunen Augen an.
„Ich will die beiden aber nicht sehen.", murrte ich. Sie hatten mich hier abgeladen und waren dann immer seltener vorbei gekommen. Sie haben mich hier verrotten lassen.
„Ich weiß. Aber sprich bitte trotzdem mit ihnen. Ich bin mir sicher, sie freuen sich dich zu sehen! Ich will gerade versuchen den Doc zu etwas zu überreden. Aber das wird nichts wenn du nicht mal mit deinen eigenen Eltern redest!", erklärte er ruhig. Ich schluckte die Wut und die Panik hinunter, die der Gedanke in mir ausgelöst hatte.
„Was ist es denn?", wollte ich wissen, doch Kostas schüttelte den Kopf.
„Das sag ich dir, wenn ich weiß ob es funktioniert. Bitte sei einfach nett zu deinen Eltern und sprich dich mit ihnen aus!", forderte er und ich nickte schließlich wiederwillig.
„Ich kann es ja mal versuchen...", sagte ich immer noch verstimmt. Kostas strahlte und gab mir einen Kuss auf die Wange, was einen Sturm aus Euphorie durch mein Inneres jagte. Mir war nicht entgangen, dass er meine Annäherungen immer weniger blockierte. Dass er wie selbstverständlich Körperkontakt zu mir aufnahm. Hatte ich vielleicht doch eine Chance mehr für ihn zu sein, als der verrückte Patient, den er aus Mitleid ab und zu besuchte? Ich wusste wie viel Zeit er sich für mich nahm. Mochte er mich wirklich?
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My beloved Madman - Kostory
Fiksi PenggemarMik ist seit seiner Jugend psychisch gestört. Nach einer Zeit mit Drogen, Alkohol und tätlichen Übergriffen, ließen ihn seine Eltern in eine Spezialklinik einweisen. Dass er dort lernen wird, wieder ein normales Leben zu führen, bezweifelt Mik inzwi...