Pavillon der Gedanken

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Oft stelle ich mir ein Leben außerhalb der Großstadt vor. Ohne drängende Menschenmenge, ohne dauerhaften Lärm und ohne Schadstoffe in der Luft. Ein kleines Häuschen, einen Garten mit einem kleinen Pavillon, frische Luft, lärmfreie Umgebung und Stille. Das wünsche ich mir. Die ruhige Musik die durch meine Kopfhörer strömt gibt mir ein kleines Stück innere Ruhe. Die Menschenmenge übertönt jedoch die Melodien. Im Zug sehe ich täglich verschiedene Menschen mit verschiedenen Gesichtsausdrücken, sehe jedoch kein lächelndes Gesicht. Alle scheinen gestresst zu sein, sodass sie vergessen zu lächeln. Dabei vergesse ich auch oft zu lächeln. Immer wenn es regnet, erscheine ich nicht zum Unterricht. Ich liebe den Regen und den nassen Geruch. Viel lieber gehe ich in den ersten beiden Stunden spazieren. Heute ist so ein Tag. Es ist mitten im Oktober. Ich bin an der Station angekommen. Langsam steige ich aus dem Zug hinaus und blicke nach oben auf die grauen Wolken. Obwohl ich den Regen mag, verstecke ich mich unter meinem Regenschirm. Ich gehe an verschiedene Orte. Heute gehe ich in einen nahgelegenen Park. Dieser Park besitzt einen Pavillon. Ich mache mich langsam auf den Weg. Viele Menschen verabscheuen den Regen, deshalb sollte ich dort meine Ruhe haben. Angekommen, erblicke ich eine junge Frau die im Pavillon sitzt und in die Ferne blickt. Langsam nähere ich mich ihr. Sie dreht sich um, schaut mich kurz an und begrüßt mich mit einem netten lächeln. Ich lächle zurück und setze mich auf eine hölzerne, kalte Bank die an den Seiten des Pavillons stehen. Sie hält eine Dose Bier in der Hand, in der anderen eine Kaugummiverpackung. Der Regen wird stärker, jedoch strahlt die Sonne. Die Sonne durchdringt die Baumkrone und die Sonnenstrahlen scheinen auf die Haare der Frau. In der Sonne leuchten ihre Haare karamellbraun. Der Glanz ist kaum zu übersehen. Ihre Haut glänzt ebenfalls. Ihre blasse Haut wird von der Sonne verdeckt. Der Anblick sieht wunderschön aus. Ich hole meinen Zeichenblock und meinen halb aufgebrauchten Bleistift aus meiner Schultasche hinaus und fange an die wunderschöne Aussicht zu malen. Ich fange mit kleinen Strichen an und gehe rüber zu großen Strichen. Ich zeichne schon sehr lange. Ich würde gerne auf eine Kunsthochschule gehen, jedoch ist dies finanziell nicht möglich und ich muss nach der Schule meinem Vater in seinem Restaurant helfen. Die Enttäuschung ist groß, doch ich muss lernen erwachsen zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Das klappt jedoch nicht immer, vor allem nicht an den Tagen wo der Regen von den Wolken hinunter tropft. Mit der Kunst versuche ich meine Alltagsprobleme zu verschlüsseln. Ich fahre mit meiner Kunst fort. Ich merke, dass die zweite Stunde des Unterrichtes zu Ende ist. Ich verabschiede mich von ihr und gehe in die Schule. Obwohl ich nicht gehen will, tue ich es automatisch. Ich spüre tief in meinem Herzen ein seltsames, belastendes Gefühl. Es fühlt sich nach Sehnsucht an. Meine Gedanken verfallen an die Frau im Park. Sie geht mir nicht aus dem Kopf, obwohl ich sie seit heute kenne. Langsam und in Gedanken gehe ich zur Schule.

Am Abend höre ich wie mein Vater laut mit jemanden am Telefon diskutierte. Es scheint als würde es um mich gehen. So wie es sich anhört, geht es um die Schulgebühren die mein Vater nicht abbezahlen kann. Meine Mutter hatte erneut geheiratet und zog aufs Land. Mein Vater blieb bei mir und wir nahmen uns eine kleine Wohnung in der Innenstadt, damit mein Vater seine Arbeit gut erreichen kann. Die Miete in der Großstadt ist teuer. Mein Vater arbeitet Tag und Nacht, trotzdem reicht das Geld kaum. Ebenfalls hat er noch ein Restaurant zu leiten, dass ebenfalls viel Geld benötigt. Doch das ist unsere einzige Einnahmequelle. Das ist der Grund warum ich nicht auf eine Kunsthochschule gehen kann.

Die Menschenmenge übertönt erneut meine Musik. Jeden Tag passiert dasselbe. Ich verstehe die Gesichter der Menschen. Jedoch fühle ich mich heute anders. Mir ist aufgefallen das ich gehofft hatte das es heute regnen wird. Abends betete ich dafür. Warum ich das tue ist mir selber noch unklar. Heute gehe ich zu der ersten Stunde. Obwohl die Schule mir nichts bedeutet, gehe ich meinem Vater zu liebe.

Der Schultag endet schnell und ich gehe kurz am Park vorbei. Ich erblicke den Pavillon, sehe jedoch niemanden. Ich erhoffte mir die nette Frau von gestern wieder zu sehen. Wenn ich darüber nachdenke ist es seltsam das ich dies tue. Sie ist älter als ich, aber es macht mir nichts aus. Ich bin noch Schüler und gerade mal siebzehn. Sie könnte um die Mitte zwanzig sein. Enttäuscht gehe ich nach Hause. Mein Vater ist nicht da. Das ist fast täglich so. Es kommt selten vor das er nachmittags zu Hause ist. Meistens kommt er spät abends. Ich koche mir schnell Eiernudeln und sehe dann was ich mache.

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