1 - Heraufziehender Sturm

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Es war ein schöner Tag in der nördlichsten Stadt des Kaiserreichs der Menschen, Nordwall, der Perle des Nordens. In den Straßen herrschte ein geschäftiges Treiben, die Menschen gingen zu ihren Arbeitsplätzen oder auf einem der unzähligen Marktplätzen, um ihre Einkäufe zu erledigen. Der Lärm der Hammerschläge in den Schmieden, der Gespräche der Bürger und der Rufe der Händler und Fischer hallte weit über die Grenzen der gigantischen Stadt hinaus, bis zu den Gipfeln der nahen Berge, an denen die Metropole errichtet wurde, über die weite Steppe im Süden, die vom Finsteren Wald fern im Süden begrenzt wurde und bis zum Dämonenmeer im Westen, von dem die Fischer ihren seltsamen Fisch brachten.

Dieser gewaltige Lärm drang auch bis zum Hochsitz auf dem Großen Turm, der mächtig und beeindruckend in der Stadtmitte thronte und ins Ohr des Kommandanten der Nordwache, Auserwählter des Kaisers und Wächter des Nordens, Faldarn. Er war ein zauberkundiger Späher und kaiserlicher Hauptmann, ausgebildet auf der Kaiserlichen Akademie von Sturmklippe. Allerdings beschränkten sich seine magischen Fähigkeiten auf das Verbergen, Sehen und Koordinieren. Er war groß, hatte braune Augen und braune Haare, sein kantiges Gesicht wurde von einem Vollbart bedeckt er trug eine meerblaue Rüstung, die ihn als Mitglied der Nordwache, die ihre Befehle direkt vom Kaiser höchst persönlich erhielt, kennzeichnete. Er war erst 20 Winter alt, was sehr jung für einen Hauptmann, erst recht für einen, der seine Befehle direkt vom Kaiser erhielt. Aber seine Loyalität, sein Talent für Schwertkampf und Magie und seine Anpassungsgabe hatten den Kaiser beeindruckt. Sicher hatte auch seine reiche Familie nicht geschadet.

Am Horizont zogen dunkle, sturmverkündende Wolken auf, die schnell näher kamen. Faldarn spürte den rasenden, eiskalten Nordwind als er über die gewaltige Mauer, die der Stadt ihren Namen gab, hinweg die riesige, leere Eiswüste im Norden überblickte. Wahrscheinlich hatten die Weidetiere, die dort sonst grasten, den kommenden Sturm gespürt und Unterschlupf gesucht. Faldarn gab seinen Magiern den Befehl, einen Wind zu entfesseln, um die Sturmwolken wegzuwehen. "Ich möchte doch mal sehen, wer oder was sich da verbirgt", dachte er angespannt in die dunkle Masse starrend. Zuerst hatte er nur dieses Gefühl, dass etwas Unnatürliches in den Wolken steckte, doch dann spürte er die Magie, die hier am Werk war und er hatte Gewissheit. "Hier ist etwas Böses im Spiel und ich werde es aufhalten", sagte er zu sich selbst, um sich zu beruhigen.

Die Magier entfesselten rasch einen warmen, maritimen Westwind, welcher zwar die Sturmwolken südlich vom Gebirge vorbei und auf die nahen Berge trieb, der beißend kalte Nordwind blieb aber bestehen und brachte das darauffolgende, schreckliche Krieggebrüll der herannahenden Orkarmee, die der Zauber entblößt hatte, mit sich. Sie war dermaßen gigantisch und nah, dass es dem jungen Hauptmann für einen Moment die Sprache verschlug. Die Orks stürmten mit beachtlicher Geschwindigkeit auf die große Mauer zu, die das Nordland vor diesen Bestien schützen sollte. Bevor Faldarn die Treppen von seinem Hochsitz hinunter rannte, gab er seinen Soldaten noch letzte Befehle vor der großen Schlacht. "An die Waffen Männer und Frauen! Die Grünhaute greifen an! Dies ist der Tag auf den ihr so lange gewartet habt. Ihr könnt eure Treue zum Kaiser und euren Mut beweisen! Beschützt Mauer und das Kaiserreich mit eurem Leben!" Und er stürmte mit seinem mächtigen Schwert in der Hand die Treppen runter.

-Abgebrochen- Das Erbe der WeisenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt