1. Kapitel

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1. Kapitel

Blinzeld schlug sie langsam die Augen auf. Es war doch noch viel zu früh für die ersten Sonnenstrahlen, oder? Als sich ihre Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten, konnte sie es als Schein einer Fackel erkennen, die ihre Mutter in die Halterung an der Wand gesteckt hatte. Es bedeutete für Skadi aufzustehen. Mühsam schälte sie sich aus dem Bett, und befreite sich von ihrem kratzigen Nachthemd. Sie ging in die andere Ecke des Zimmers, um ihre Kleidung anzulegen. Für einen normalen Tag wie heute kleidete sie sich schlicht in eine Tunika und lange Hosen. Da es langsam Herbst wurde, zog sie sogar dicke Wollsocken in die abgetragenen Lederstiefel. Was jedoch nie fehlen durfte, war ihr Ledergürtel, in dem Ihr Messer steckte. Ihr Vater hatte es ihr zu ihrem 13. Geburtstag geschenkt, der bei ihrem Klan ein wichtiges Ereignis war. Eigentlich bekamen diese Ehre nur die Söhne, jedoch hatte sie ihr Vater schon immer eher wie einen Seiner Nachfolger betrachtet als seine Tochter. Mit der Vollendung des 13. Lebensjahr war man hier kein Kind mehr. Man wahr ein heranwachsender Krieger, der nun ausgebildet wurde. An diesem Tag wurden die Jungen alleine in den Wald geschickt, sie sollten alleine ihre erste Jagt vollbringen. Ihre Brüder wurden alle sehr gefeiert, da jeder einzelne der drei einen Wolf mit nach Hause brachte. Das staunen war schon groß, als Skadis Vater seine Tochter losschickte, doch wurde die Entscheidung ihres Jarls, ihres Anführers, nicht in Frage gestellt. Es hatten sie alle aufgegeben, als sie nach drei Tagen immer noch nicht wieder angekommen war. Umso größer war jedoch das Funkeln in den Augen ihres Vaters, als sie mit dem Kadaver einer ausgewachsenen Bärin nach hause kam. Bis zu ihrem 13. Geburtstag hieß sie Elska, doch von da an nannten sie sie Skadi, zur ehren der Göttin der Jagd. Was bis heute ihr Geheimnis war – die Bärin war verletzt, konnte sich nicht mehr bewegen, und sie konnte nicht die Qualen und das Flehen in den dunklen Augen ertragen, also erlöste sie das arme Tier. Jedoch wollte sie den Respekt, der von nun an auch von den Männern des Klans kam, nicht wieder hergeben. Sie durfte mit ihnen Essen, mit ihnen Bier trinken. Ihr Vater mochte sie schon immer Sehr gerne, doch nun sah sie den tiefen Respekt in seinen Augen.

Sie zurrte den Gürtel fest, und stieß mit dem Fuß die Tür auf, bevor sie hinaus ging.

Ihre Mutter saß mit ihrer Schwester und ihren Brüder bereits am Tisch. Mit einer laschen Handbewegung bedeute sie Skadi, sich zu setzen. Ihre Mutter, die schöne Lounn, hatte sie nie so geliebt wie ihr Vater, jedoch akzeptiert das sie nicht das Mädchen war, das sie gerne hätte. Skadi war eine Schildmaid. Besonders nach ihrem 17. Geburtstag in ein paar Tagen, wenn sie erwachsen sein würde, und ein vollwertiges Mitglied des Klans der Nördlichen See.

Sie ließ sich auf den Stuhl plumsen und griff sofort nach dem Brot, das auf dem Tisch stand. Als sie ihrem Ältesten Bruder, Folkvar, ins Gesicht sah, gab er ein Abwertendes Grunzen von sich, was mit dem strengen Blick ihrer Mutter getadelt wurde. Folkvar hatte sie nie gemocht. Schon als Kind hatte er sie geärgert, ihr ihr Holzschwert abgenommen, ihr gesagt sie solle zu den anderen Mädchen an den Fluss gehen, Wäsche waschen.

Als sie an der Rinde des trockenen, aber genießbaren Brot herumkaute, warf sie einen weiteren Blick in die Runde. Ihre beiden anderen Brüder, Bjorg und Tryggr, flüsterten und schienen über etwas zu diskutieren.

Sigyn, ihre kleine Schwester, war genauso zierlich und zart wie ihre Mutter. Trotz ihrer schmächtigen Haltung und den Zarten weißen Händchen sah sie mit ihrer wilden, roten Mähne aus wie eine kleine Kriegerin. Schade, dass sie vermutlich nie eine werden würde.

Sie merkte, das ihre Mutter mit etwas zu tun hatte. Sie war noch blasser als sonst, ihr Wangenknochen standen spitz hervor. Ihr Blick war leer und ausdruckslos, sie aß nichts. Sie zuckte sogar, als Skadi die Stille brach und fragte: „Warum hast du uns heute so früh aufstehen lassen?"

BärenköniginWhere stories live. Discover now