Ich starrte auf das schmale Gesicht, welches von dunkelbraunen Haaren umrahmte war. Mit Kostas Hand fest in meiner, überlegte ich, was Tess wohl passiert war und ob ihr Leben ähnlich verlaufen war wie meins, dass sie jetzt so viel Angst vor zwischenmenschlichen Beziehungen hatte.
„Dann sehen wir uns morgen in dieser Runde wieder. Heute Nachmittag haben sie künstlerische Ausdruckstherapie in den Kursen Musik, Kunst oder Theater. Tragen sie sich bitte ein, bevor sie in die Freizeit gehen!" sagte der Therapeut. Ich lächelte Tess zu, als ich von ihr den Stift entgegen nahm, um mich, nach ihr, in die Liste einzutragen. Natürlich war Kunst das Mittel meiner Wahl. Also setzte ich meinen Namen „Marik Roeder" unter ihren. Tess Riedel. Irgendwie war ich froh, sie in diesem Kurs wieder zu sehen.
Kostas sah mich an, den Blick abschätzen.
„Du hast die ganze Zeit diese Kleine angestarrt." stellte er fest, als wir auf dem Weg zurück in unser Zimmer waren. Stumm begleitet von einem der Sicherheitsmänner, ohne den wir nirgends hin durften.
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt sagen, du hast dich in sie verguckt.", sagte er mit einem Lächeln, das mir zeigte, dass er seine Worte nicht ernst meinte. Ich schnaubte trotzdem.
„So nen Quatsch!", lachte ich. Ich hatte nie auch nur das geringste Interesse am weiblichen Geschlecht gehabt. Klar hatte ich schon Mädchen gemocht. Doch nur beim bloßen Gedanken an sexuelle Handlungen mit einem weiblichen Wesen wurde mir ganz anders. Das war wohl einfach nicht mein Ding.
„Ich glaube, ich kann ihr helfen", flüsterte ich, konnte kaum glauben, dass ich das gerade laut sagte.
„Ich meine, vielleicht bin ich nicht das beste Vorbild. Aber ich bin dabei mich zu bessern. Zumindest sagen das Alle. Vielleicht kann ich ihr dabei helfen wieder vertrauen zu fassen. Ich kann mich in sie hineinversetzen. Vielleicht..."
„Also ich finde die Idee spitze!", sagte Kostas und nickte eifrig.
„Vorausgesetzt, sie will meine Hilfe!", sagte ich kleinlaut.
„Du kannst es ja einfach mal versuchen. Immerhin bist du einer der wenigen Leute hier, die wirklich wissen wie es ihr geht!", sagte er zuversichtlich.
Da wir nun Freizeit hatten, machten wir uns auf zum Strand. Die Einrichtung verfügte über einen eigenen Strandabschnitt, was ich so toll fand, dass ich es nun gar nicht mehr erwarten konnte, endlich den Sand unter meinen Füßen zu spüren. Wir holten noch schnell unsere Badehosen und Handtücher aus dem Zimmer, dann nahmen wir die schmale Treppe, die von der sonnengefluteten Terrasse hinunter führte, zum Strand.
Es waren sehr wenige Leute hier, es war ruhig und friedlich und der Wind, der vom Meer aus zu uns rüber wehte, zerzauste Kostas Haare. Er versuchte seine Frisur zu bändigen, aber ich genoss es, wie der Wind ihm das Haar verwuschelte. Es war so niedlich.
„Deine Augen sind gar nicht mehr so hellblau" sagte Kostas irgendwann, als wir uns schon am Strand saßen und sah mir dabei tief in die Augen.
„Sie werden irgendwie dunkler... kann das sein?" fragte er. Ich zuckte mit den Achseln.
„Klar, das ist schon möglich. Früher waren sie mal dunkelbraun. Aber ob sie wieder so werden wie früher, weiß niemand. Aber schön, wenn sie nicht mehr so unnatürlich blau sind.", sagte ich. Auch ich hatte es bemerkt, war mir aber nicht sicher gewesen, ob ich mir das nur eingebildet hatte. Daher freute ich mich umso mehr, dass es Kostas aufgefallen war.
„Na los, lass uns ins Wasser gehen!", sagte ich, und zog ihn mit mir, in Richtung Wasser. Unsere Handtücher, ließen wir im Sand liegen.
Als die Wellen meine Beine umspülten, und ich das Salz auf den Lippen schmecken konnte, fühlte ich mich frei. Frei und gesund und richtig. Nicht mehr so fehl am Platz, wie so oft.
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My beloved Madman - Kostory
Hayran KurguMik ist seit seiner Jugend psychisch gestört. Nach einer Zeit mit Drogen, Alkohol und tätlichen Übergriffen, ließen ihn seine Eltern in eine Spezialklinik einweisen. Dass er dort lernen wird, wieder ein normales Leben zu führen, bezweifelt Mik inzwi...