Klima und Wetter in der Hell CreekFormation (31.10.2018)

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- ARTIKEL DER WOCHE -

Klima und Wetter in der Hell Creek Formation

Auf unserer Reise durch die Urzeit haben wir nun schon gelernt, dass uns Geographie, Topographie, natürlich die Tierwelt und selbst der Blick in den Sternenhimmel uns bei einem Besuch der Hell-Creek-Formation wohl sehr fremd vorgekommen wären. Was wir allerdings wohl zuerst bemerkt und vor allem am eigenen Körper zu spüren bekommen hätten, wäre natürlich das Wetter und das Klima gewesen: Im Maastrichtium war die Welt nämlich noch weitaus wärmer und grüner als heute.

Die Antarktis lag damals noch wesentlich nördlicher, weshalb es auch noch nicht de sogenannte zirkumpolare Meeresströmungen gab, die heutzutage für unser kühleres Klima, unsere vielfältigen Klimazonen und vor allem die Vereisung der Antarktischen Landmasse und der Polarmeere verantwortlich ist. Zwar konnten in den Polarregionen des Maastrichtiums im Winter die Temperaturen schon einmal unter den Gefrierpunkt fallen, doch waren in der Kreidezeit die Arktis und die Antarktis permanent eisfrei. Es gab dort auch keinen Dauerfrostboden. Stattdessen waren die Polregionen noch von immergrünen Wäldern bewachsen, die aber anders an den meisten anderen Orten bereits vom Wechsel der Jahreszeiten geprägt waren. Dort lebten auch Dinosaurier, und die Dinosaurier in den Polarregionen kannten bereits Eis und Schnee.

Jenseits der Wendekreise herrschte überall auf dem restlichen Planeten ein subtropisches und tropisches Klima mit Wechsel aus Regen- und Trockenzeiten vor. Die ganzjährig milden Temperaturen ließen immergrüne Pflanzen auf der ganzen Erde gedeihen. Da es zudem nur wenige karge Wüstengegenden auf dem Planeten gab, war die Erde sehr viel grüner als heute: die Kreidezeit gehört zu den grünsten Zeitaltern der Erdgeschichte.
Die satte Vegetation an Land, aber vor allem das Phytoplankton in den Ozeanen und zahlreichen Flachmeeren pumpte fortwährend Sauerstoff in die Atmosphäre, so dass im Maastrichtium der Sauerstoffgehalt bei ca. 29% lag (heute sind es nur ca. 21 %).

Eine derartig hohe Sauerstoffkonzentration birgt allerdings auch ein großes Gefahrenpotenzial: Feuer breiten sich hier rasend schnell aus. Den großen Waldregionen drohte bei einem Gewitter eine große Gefahr durch Brandkatastrophen. Solche verheerenden Brände kamen häufig vor und sind sogar fossil durch verkohlte Baumstämme belegt. Die hohe Niederschlagsmenge in den Regenzeiten sorgte aber dafür, dass sich die Wälder nach so einer Katastrophe rasch wieder erholten.

Die geologische Aktivität sorgte in der Kreidezeit vielerorts für Erdbeben und Vulkanausbrüche. Besonders im Dekkan-Gebirge auf dem Inselkontinent Indien waren sie an der Tagesordnung und sorgten so für hohe Emissionen von Treibhausgasen: Der CO2-Anteil in der Luft hatte den vierfachen Wert von heute, was erheblich zum Treibhauseffekt und somit zum warmen Klima auf dem Planeten beitrug. Auch die Anteile von Methan und anderen Klimagasen waren erheblich höher als heute, was auch mit an den großen Tieren jener Zeit, den Dinosauriern lag: Sie produzieren Unmengen von Methan durch ihre Verdauung. Doch all dies hatte auch etwas sehr romantisches: Durch die vulkanischen Aerosole wurde das Sonnenlicht gestreut, so dass die Sonnenuntergänge der Kreidezeit ein wunderschönes und schier atemberaubendes Himmelsspektakel boten.

Infolge der Aufheizung durch die Treibhausgase war das feuchte und ganzjährig warme Klima am Ende der Kreidezeit in Ungleichgewicht geraten und wurde im Maastrichtium immer extremer. In der Hell-Creek-Formation herrschten wegen der Nähe zum Western Interior Seaway zum Teil besonders extreme Wetterverhältnisse, vor allem zum Wechsel der Regen- und Trockenzeiten. Dann waren Tropenstürme mit hoher Windstärke und schweren regionalen Überflutungen zu erwarten. Es gab hier deutlich spürbare Temperaturunterschiede zwischen Sommer und Winter, die den jährlichen Rhythmus des Lebens prägten. Kurzzeitige Frostperioden und Schneefälle waren jedoch sehr selten und kamen wohl nur in höheren Lagen vor. Die Gipfel der laramidischen Gebirgskette (heutige Rocky Mountains) dürften den größten Teil des Jahres von Eis und Schnee bedeckt gewesen sein.

In den Wintern nahm die ansonsten hohe Niederschlagsmenge deutlich ab, so dass die ausgedehnten Regenwälder, die noch einige Millionen Jahre zuvor das Landschaftsbild entscheidend geprägt hatten, nach und nach verschwanden und nur noch in den küsten- oder gebirgsnahen Regionen vorkamen, wo der Regen regelmäßiger fiel. So entstanden im westlichen Nordamerika nun auch weitläufige, von vielen Flüssen durchzogene Farnprärien und Bruchwälder, die saisonal überflutet waren. In manchen Gegenden regnete es dadruch, dass die hohen Berge im Westen die vom Pazifik kommenden Luftmassen aufhielten, aber so gut wie gar nicht mehr, sodass die dortigen Dinosaurier, die eigentlich an ein Leben in üppigen Wäldern angepasst waren, nun in kargen vulkanischen Mondlandschaften, auf ausgekühlten Lavafeldern und mancherorts auch in Wüsten zurechtkommen mussten. Doch solche Landschaftsbilder waren eher die Ausnahme, dominant waren vor allem feuchte und üppig bewachsene Flusslandschaften in einem subtropischen Klima.

Trivia:

Das Klima ist natürlich die erste große Befremdnis, die die Menschen in „Die weißen Steine" bemerken, und das nicht nur in Form von angenehmer sommerlicher Wärme. Einige Figuren trifft der plötzliche „Klimawandel" nämlich äußerst drastisch: Der hohe Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre löst beim Menschen den sogenannten Paul-Bert-Effekt aus: Tunnelblick, Ohrensausen, Übelkeit und sogar Bewusstlosigkeit würden uns erwarten, wenn wir ohne Akklimatisierung in Hell Creek einen tiefen Atemzug nehmen würden.

In „Die weißen Steine" reagieren auch die Tiere auf den jahreszeitlichen Wechsel. Die Körperbedeckung aus Federn wird bei manchen Dinosauriern zum Winter hin üppiger, während sie im Sommer ihren dichteren Flaum abwerfen. Dies ist fossil zwar nur schwer zu belegen, da aber auch viele Säugetiere, die ja ebenfalls Warmblüter sind, mit Fellwechseln auf das sich ändernde Klima reagieren, ist dies auch für Dinosaurier denkbar.

Heute ist bei uns in Deutschland Reformationstag, von vielen Kindern, besonders in den U.S.A., wird aber vor allem Halloween gefeiert. Und auch ein Dinosaurier aus Hell Creek hat heute Grund zu feiern: Die erste wissenschaftliche Beschreibung des Dakotaraptor wurde vor genau drei Jahren an Halloween veröffentlicht.

Neue Alte Welt - Die Weißen Steine, Band IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt