Sonnenschein

21 1 0
                                    

Eve betrachtete sich skeptisch im Spiegel.

Das weisse Kleid, der Schleier, die sorgfältig zu Locken gedrehten Haare...

Äusserlich wäre sie bereit gewesen in einer Stunde vor den Altar zu treten. Innerlich plagten sie jedoch Zweifel, ob sie sich wirklich richtig entschieden hatte. Dabei war sie am Abend zuvor noch so sicher gewesen, dass sie das Richtige tat.

Sie stöhnte frustriert auf, warum bekam sie gerade jetzt Zweifel an ihrer Entscheidung?

Sie wandte sich dem Fenster zu. Durch das saubere Glass konnte sie sehen, wie ihr Vater die Angestellten wütend anbrüllte. Der Grund waren wahrscheinlich die Blumengestecke, die noch immer nicht auf den Tischen arrangiert waren. Sie beobachtete die Scene von ihrem Sicheren Platz hinter der Fensterscheibe. Ihr Vater war ein Mann im mittleren Alter, mit der Statur eines Holzfällers, der wirklich furchteinflössend war, wenn er wütend wurde.

Die Schimpftiraden ihres Vaters wurden von Billy und Poppy unterbrochen, die fröhlich lachend zwischen den Tischen herum rannten und versuchten Miles, den Hund der Familie, zu fangen. Sie musste lächeln bei dem Anblick. Ihre Hand wanderte zu der Kette an ihrem Hals. Es war nur eine Mutter an einem Faden, die ihr die Zwillinge geschenkt hatten, das Gegenstück, eine Schraube, hatte sie ihrem Liebsten geschenkt.

Ihre Familie war das wichtigste in ihrem Leben. Es war wirklich erstaunlich, dass es ein Mann geschafft hatte noch wichtiger für sie zu werden. Der Gedanken liessen wider die Zweifel aufkommen.

Warum konnte sie nicht einfach wieder so sicher sein, wie in dem Moment, als sie Dustin die Schraube geschenkt hatte.

In einem Anflug von Verzweiflung griff sie nach ihrem Handy, das neben dem angefangenen Kreuzworträtsel auf dem Tisch lag. Sie wartete sehnsüchtig auf eine wichtige Nachricht und das Gerät gab ihr irgendwie etwas von ihrer Selbstsicherheit zurück.

Der ganze Tag war von vorne bis hinten durchgeplant. Welche Songs der Chor singen würde, welcher Pastor die Trauung durchführen würde, ihr Ehegelübde stand auf dem Notizblatt im Brief auf dem Beistelltisch, das Menü stand seit Wochen fest, in ihren Flitterwochen würden sie nach Frankreich fahren und die Tanzstunden hatten ihren Verlobten von einem Elefanten im Porzellanladen in einen ganz akzeptablen Tänzer verwandelt.

Sie wollte nur ungern die Frau sein, welche die ganze Planung auf den Kopf stellte.

Das Telefon in ihren Händen surrte und Eve las die ersehnte Nachricht mit einem Lächeln.

Er war endlich da.

Sie riss sich den Schleier vom Kopf und ignorierte die Tatsache, dass sie damit ihre Frisur zerstörte. Dann raffte sie eilig ihre Röcke und rannte aus dem Zimmer, die Treppe herunter und zur Türe hinaus. Sie hörte ihre Brautjungfern nach ihr rufen, als sie die Strasse überquerte. Doch sie drehte sich nicht noch einmal zu dem Haus um, in dem sie aufgewachsen war.

Ihre Eltern würden es irgendwann verstehen. Ob es ihr Verlobter verstehen würde, war ihr egal, aber sie war sich sicher, dass auch er seine wahre Liebe finden würde.

Genau wie sie es getan hatte.

Weshalb Dustin auf einem weissen Pferd sass, wusste sie nicht. Allerdings war es ihr vollkommen egal, als sie nach seiner Hand griff und er sie in den Sattel zog. Sie schlang ihre Arme um seinen Körper, lehnte den Kopf an seinen kräftigen Rücken, atmete den Duft seiner Kleidung ein und fühlte seinen Herzschlag. Dustin lachte und trieb das Pferd an, bis sie über die Feldwege galoppierten und alles hinter sich liessen.

Es war ein sonniger Tag und die warmen Sonnenstrahlen tanzten auf Eves Haut. Sie weckten in den Menschen Hoffnung auf eine gute Zeit. Eve hatte keine Zweifel mehr.

Sie wusste, dass sie sich richtig entschieden hatte.

Was konnte daran falsch sein mit dem Mann zusammen zu sein, den man wirklich liebte?

*******************

Bei diesem Aufsatz hatten wir  fünfzehn Wörter vorgegeben, die in unserem Aufsatz vorkommen mussten. Ansonsten waren wir vollkommen frei. 

sonnig, wütend, singen, Kreuzworträtsel, Haus, Handy, Hoffnung, Schraube, rennen, Holzfäller, tanzen, Hund, Blumen, Elefant, Pferd

Ich bin recht Stolz auf die Idee, die ich für diesen Aufsatz hatte und dass ich die Wörter beinahe unauffällig in dem Text unterbringen konnte.

Wie findet ihr den Text?

Habe ich die Wörter gut in dem Text untergebracht?

Über was hättet ihr geschrieben?

LG Shanatru

KurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt