Kapitel 1️⃣7️⃣

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PoV Takuya

Mir fiel plötzlich auf, dass Lou gar nicht mehr da war. Auch Nuno konnte ich nirgends entdecken. Clary lag -vermutlich schlafend- auf der Wiese in der Nähe des Baumes, der vorhin fast auf Draco und mich gefallen war. »Draco, hast du Lou und Nuno gesehen?«, fragte ich Draco, welcher etwas abseits im Gras lag. »Nö«, antwortete dieser nur gelangweilt. Ich rollte mit den Augen. »Ernsthaft? Du hast nicht gemerkt, wie die beiden verschwunden sind?« »Du doch auch nicht«, erwiderte Draco trocken. Gutes Argument, dachte ich, hätte es aber niemals zugegeben.
Draco erhob sich und entfernte sich, ohne ein Wort zu sagen. »Warte mal, Draco!«, rief ich. »Wohin willst du?« Er ging einfach weiter und drehte sich nicht zu mir um, aber immerhin antwortete er: »Mal sehen. Hauptsache weg von Catella. Und außerdem ist es langweilig hier.« »Meinst du nicht, wir sollten Lou suchen gehen?«, schlug ich vor. »Ne, die kann schon auf sich selbst aufpassen.« »Vielen dank für deine Anteilnahme«, schnaubte ich. Draco reagierte nicht darauf und da ich auch nichts mehr zu sagen hatte, entstand ein kurzer Moment des Schweigens. Bis mir schließlich auffiel, dass wir uns schon ein ganzes Stück von unserem Lagerplatz entfernt haben mussten. »Ähm, Draco? Meinst du nicht, wir sind ein bisschen zu weit weggegangen?« »Hat der kleine Taku etwa Angst, sich zu verlaufen?«, spottete Draco und blieb sogar mal stehen. Er drehte sich zu mir um und grinste mich frech an. »Nein, aber ich mei-« Draco schnitt mir das Wort ab, indem er vorschoss, mir einen Arm auf den Rücken drehte und mich auf den Boden warf. »Was soll das denn?!«, schrie ich entrüstet. »Du nervst mit deinem ständigen Gelaber.« Er bohrte mir sein Knie in den Rücken. Ich verzog vor Schmerz das Gesicht, schaffte es aber diesmal, keinen Laut von mir zu geben. »Das hat dir jetzt aber sie Sprache verschlagen«, sagte Draco spöttisch. »Lass mich los«, knurrte ich. Draco reagierte darauf natürlich nicht. Ich verkrampfte mich leicht und bohrte meine Finger in den weichen Waldboden. Dort sah ich kleine Blitze entlang zischen. Meine Mundwinkel bewegten sich ein Stück nach oben. Mir war nämlich eine Idee gekommen.
Ich konzentrierte mich nur auf meine Hände. Dann sammelte ich meine ganze Kraft, drehte mich mit einem Ruck auf den Rücken und erwischte Draco mit meinen Händen am Arm. Irgendwie schaffte ich es, die angestaute Energie dort zu entladen. Der Blitz durchfuhr Draco, welcher mit aufgerissenen Augen erstarrte und nach hinten kippte. Ich sprang sofort auf und zielte drohend mit einem Dolch auf Draco. Dieser hatte sich schon wieder gefangen und grinste sein typisches Draco-Grinsen. »Cool«, meinte er. Ich schüttelte nur ungläubig den Kopf. Draco stand, den Dolch, den ich immer noch auf ihn gerichtet hatte ignorierend, auf. »Du solltest versuchen, dich mehr auf deine Kräfte als Drache zu konzentrieren und aufhören, immer auf die Dolche zu vertrauen, mit denen du ja nicht mal wirklich umgehen kannst. Du hast es gerade sogar selber gezeigt.« Ich starrte Draco erstaunt an. Mit so einer Ansage hätte ich nicht gerechnet. Meinen kurzen Moment der Überforderung nutzte Draco, um mir sanft den Dolch aus der Hand zu nehmen.
»Hast du das gerade etwa nur gemacht, um mir das mitteilen zu können?«, brachte ich endlich heraus. »So ungefähr«, bestätigte Draco. »Nun ja, wenn du dir schon diese Mühe gemacht hast, kann ich vielleicht wirklich mal an mir arbeiten», meinte ich, auch wenn ersteres natürlich ziemlich sarkastisch gemeint war. Draco klatschte erfreut in die Hände. »Prima! Dann können eigentlich wieder zurückgehen.« »Du bist so verrückt«, murmelte ich, musste dabei aber ein wenig schmunzeln. »Ach, und hier, dein Dolch«, sagte Draco und warf ihn mir zu. Mit einem überraschten Quieken sprang ich zur Seite. Draco lachte mal wieder. »Shiri», sagte ich schmollend. Ich hob den Dolch auf und folgte Draco rasch, um nicht den Anschluss zu verlieren.

»Wie genau soll ich das eigentlich machen? Mit dem Kräfte-Trainieren, meine ich«, ergriff ich nach einer Weile das Wort, um die Stille zu durchbrechen. »Ich weiß ja gar nicht, wie ich das gemacht habe.« »Wie können's ja wie vorhin machen«, antwortete Draco grinsend. »Ne, lass mal«, erwiderte ich. »Zieh mal deinen Hoodie aus«, meinte Draco plötzlich. »Was?« »Ich will deine Flügel sehen, jetzt mach schon.«
Nach kurzem Zögern tat ich wie geheißen und drehte mich mit dem Rücken zu Draco. »Und jetzt versuch, deine Flügel auszubreiten«, wies Draco an. »Wie soll das denn gehen?«, fragte ich. »Mach einfach. Du kriegst das schon hin.« »Du hast gut reden«, murmelte ich. Ich wollte es aber trotzdem versuchen. Also konzentrierte ich mich so es gut es ging auf meine Flügel. Nichts passierte. »Komm schon Taku, du schaffst das!«, rief Draco zuversichtlich. Da spürte ich endlich etwas. Es war nicht an meinem Rücken, sondern etwas weiter hinten, gehörte aber eindeutig zu meinem Körper; das konnte ich spüren. Auch an Draco's Jubeln konnte ich erkennen, dass es geklappt hatte. »Ich wusste, dass du's schaffst!«, sagte er zufrieden, kam zu mir und klopfte mir auf die Schulter. »War wohl das erste Mal, dass du mit etwas Recht hattest«, meinte ich. »Tja...«, grinste Draco.
Ich schaffte es sogar, ein paar kleine Flügelschläge zu machen, die mich aber zum Glück nicht abheben ließen. Ich sah zu Draco, welcher zwar immer noch lächelte, aber irgendwie abwesend wirkte. »Draco?« Dieser zuckte leicht zusammen. »H-hast du was gesagt?«, stotterte er hektisch. »Nein, du wirktest nur etwas abwesend«, antwortete ich. »Ich hab' nur grad an etwas anderes gedacht, sorry. Lass uns zurückgehen«, murmelte Draco ausweichend. Ich zog mir schnell meinen Hoodie wieder an und folgte Draco leicht skeptisch.

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