Als ich langsam meine schweren Lider öffne, sehe ich erst einmal nichts außer Schwärze.
Aber als sich meine Augen langsam an das Nichts gewöhnen, bemerke ich doch einen sehr kleinen, hellen Lichtstrahl.Ich setze mich ganz langsam auf und halte mir dabei meine schmerzende Stirn. „Wo zum Teufel bin ich hier?", ist mein erster Gedanke.
Mein Blick richtet sich wieder auf das Lichtlein, welches durch eine Art Loch oder so ähnlich dringt. Langsam erkenne ich den Umriss einer Türe und da das Loch sehr am Rande der Türe ist, identifiziere ich das Loch als Schlüsselloch der Türe.
Als ich auch langsam ein höhnisches Lachen hinter der Türe vernehme, rappel ich mich komplett auf meine Wackelpudding ähnlichen Beine und bewege mich langsam auf die Türe zu. Dort angekommen mache ich die Türe langsam auf und spähe in den langen, vollen Gang.
Als ich erkenne, dass es einer der unendlich wirkenden Schulgänge ist und ich mich wohl in der Mädchentoilette befinde, trete ich komplett auf den Flur. Ich beeile mich mit diesen starken Kopfschmerzen so schnell wie möglich nach Hause zu kommen.
Links und rechts von mir sind rote Spinde, vor denen noch einige Schüler standen.Mit einem mulmigen Gefühl gehe ich den langen Gang entlang. Manche fangen an auf mich zu zeigen und zu tuscheln: „Schau dir die mal an!" , „Dass die sich überhaupt so in die Schule traut". Einige lachen mich auch einfach „nur" aus. Meine Schritte werden mit jedem Satz, jedem Lachen und mit jedem Deuten auf mich schneller.
Ich biege mit einem gesenkten Blick um die Ecke und stolpere direkt in jemanden hinein. Wie es kommen muss, falle ich auch auf den harten Boden und gleich darauf vernehme ich ein bekanntes Lachen.
„Schaut euch diesen Nerd an. Warum lebt die eigentlich noch. Fremdscharm pur! Nicht einmal ein Haufen an Schönheits-OPs würde bei der helfen. Warum dich deine Eltern nicht einfach abgeben, ist mir ja immer noch ein Rätsel. Also wenn ich deine Mutter wäre, was ich glücklicherweise nicht bin, würde ich dich sofort abgeben. Ach schaut sie euch an Mädels, jetzt fängt sie an zu heulen! Was eine Heulsuse!", Lins hohe, lachende Stimme dringt immer leiser in mein Ohr. Meine Sicht fängt an, nicht nur wegen den Tränen, zu verschwimmen. Ganz langsam umhüllt mich eine Dunkelheit, die mich ganz weit weg zieht. Vielleicht werde ich endlich sterben um Lin und ihrem Gefolge endlich zu entfliehen!-
Nun sitze ich mit einem viel zu schnell pochendem Herzen kerzengerade in meinem Bett. Schweißgebadet wische ich mir meine Tränen, die sich einen Weg über meine Wange bahnen, weg. Meine Atmung läuft viel zu schnell und ich denke über meinen Traum nach. Lin, das Mädchen, dass gemobbt wird.
Und ganz langsam begreife ich, wie scheiße mein Verhalten in der Schule ist. Jetzt wo ich darüber nachdenke, was hat es mir die ganzen Jahre gebracht, dass ich die ganzen Leute als „Queen Lin" mobbe?
Ich weiß, dass das alles nur eine Fassade war und ich sie nicht mehr fallen lassen konnte. Aber ich hätte es tun sollen, denn nun ist Marie einfach tot. Nun verstehe ich ihre Tat auch, mehr als davor.
Ich meine, ich war SIE in meinem Traum.
Ich habe sie ein ganzes Jahr lang nieder gemacht, weil ich meine Fassade aufrecht halten musste. Weil ich einfach so egoistisch war. Und viel zu feige um meinen Freunden zu beichten, dass ich das nicht mehr wollte. Natürlich hatte ich gemerkt, wie fertig ich Marie immer gemacht hatte. Aber ich hatte Angst vor den Reaktionen der Clique, wenn ich ihnen gesagt hätte, dass ich das nicht mehr wollte. Aber ich war viel zu feige und das hatte ich nun mehr als gemerkt.Ich steige langsam aus meinem Bett, ziehe mir eine warme Jacke an und laufe auf Zehenspitzen die Treppe hinunter. Als ich dies fast geräuschlos schaffe laufe ich aus der Türe auf den kleinen Hügel, direkt neben unserem Haus.
Ich setze mich hin und schau hinauf zu den Sternen. „Wegen meinem zu großen Ego, hast du dich umgebracht Marie. Ich weiß es bringt nichts mehr, aber es tut mir so unendlich leid" mir laufen einzelne Tränen die Wange hinunter. „Es tut mir leid", schluchze ich.Und genau ab da veränderte sich mein Leben. Ich setzte mich für Gemobbte ein. Machte Projeke und Präsentationen darüber an meiner Schule. Dadurch wurden viele nicht mehr gemobbt.
Ich war zwar immer noch Lin, aber eine ganz andere Lin. Eine fürsorgliche, nette Person, die mit so vielen befreundet war. Die sich für ihre Taten aufrichtig entschuldigte! Die niemanden mehr schief anschaute. Die alle akzeptierte so wie sie waren. Denn ändern konnte man sie am Ende doch nicht.Und ab diesem Tag an, ging ich jeden Tag zum Hügel, neben meinem Haus, sprach mit Marie über meinen Tag, meine Sorgen und Probleme und meine Erfolge. Wir hätten sicher Freunde werden können, wenn ich nicht so blöd gewesen wäre und mich auf die Mobberschiene hätte schleifen lassen. Soweit hätte es nie kommen sollen! Soweit wird es in meiner Gegenwart nie wieder kommen!
Mir wurde durch einen Traum das Gehirn verdreht! Ich war noch nie so glücklich einen Traum gehabt zu haben. Ein Traum hat mein ganzes Leben umgestellt, ins Positive! Dafür bin ich mehr als dankbar!
Das ehemalige Verhalten von mir und Mobbern ist einfach nur falsch! Warum macht man sowas? Um sich besser zu fühlen?
Ich bin von diesem Pfad runter und hoffe die anderen schaffen es auch noch irgendwann. Denn damit kann man Menschen nicht nur verletzen sondern auch töten!--
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Lebensveränderung #Pessi-award2019
Short StoryMobbing ist ein großes Thema, welches einige nicht verstehen. Manche betrifft es selbst. Manche sind die Gemobbten und manche sind die Mobber. Sie kennt sich gut damit aus! --- Dreamaward2019 Gewinner #2 Das wunderschöne Cover hat @maximiz7 gemach...