Kapitel 15

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Taleria P.O.V.

„Nun, erzähl mir alles.", verlangte meine Großmutter, während sie mir eine Tasse Tee einschenkte.
„Was wisst Ihr denn schon? Gandalf und Thranduil haben euch sicherlich Bericht erstattet."
Galadriel schenkte mir ein warmes Lächeln: „Das haben sie, aber ich möchte deine Sicht der Dinge hören. Du musst wissen, dass Männer, sogar Mithrandir, manche Details als unwichtig erachten. Also möchte ich sichergehen, dass wir auch wirklich alles über diese Sache wissen."
Nachdenklich nickte ich. Es war nicht so einfach, die ganze Geschichte von vorne zu erzählen. Bis jetzt hatte ich mir nie wirklich die Zeit genommen, über alles nachzudenken.
„Ich...war auf den Weg zur Uni, glaube ich. Das ist so eine Art Schule. Ich kann mich eigentlich gar nicht mehr so genau erinnern."
„Versuch dich an so viel wie möglich zu erinnern. Wenn wir wissen, wie du hierhergekommen bist, können wir dich auch wieder zurückschicken." Zurück.
„Ich soll nach Hause? Aber ich will euch dabei helfen Sauron und seine Armee zu besiegen."
„Und das wirst du auch. Aber du willst doch bestimmt in dein altes Leben zurückkehren. Wenn das alles vorbei ist, versteht sich."
Wollte ich das? Konnte ich das denn? Natürlich vermisste ich meine Familie und Freunde, doch nach allem was passiert war, und ohne Ash, war ich mir nicht so sicher, ob ich normal weitermachen konnte.
Galadriel bemerkte wohl meine Unsicherheit, denn sie lächelte mich warm an und sagte: „Du musst dich jetzt noch nicht entscheiden. Erzähl mir einfach alles. Dann sehen wir weiter."
Also erzählte ich es ihr. Alles. Wo ich gelandet bin, wie Bilbo mich aufgenommen hat, wie ich die Zwerge begleitete.
Bei der Stelle, an der Aislinn zu uns gestoßen ist, stockte ich. An diesem Tag erinnerte ich mich ganz genau. Sie war so verwirrt und ich war so glücklich sie zu sehen. Und jetzt ist sie tot. Mehr oder weniger.
„Taleria!" Erschrocken fuhr ich hoch.
„Wir haben nicht viel Zeit."
„Ja, natürlich." Schnell erzählte ich ihr von unseren Gefangennahmen in den Nebelbergen und im Düsterwald, von Bart und seinen Kindern, dem Erebor, meiner Zeit bei Thranduil und schließlich noch von der Schlacht der fünf Heere.
„Nach Aislinns Tod bin ich wieder bei den Elben gelandet und jetzt bin ich hier.", beendete ich meine Erzählung.
Galadriel saß still in ihrem Stuhl und nippte an ihrem Tee. Ich tat es ihr gleich, obwohl mein Tee inzwischen kalt geworden ist wahr.
Nach einigen Minuten Stille fing meine Großmuttern an: „Gandalf hat nicht übertrieben, als er sagte, dass du viel durchgemacht hast. Es tut mir leid, dass ich mich nicht früher zu erkennen gegeben habe."
„Ihr wusstet, dass ich hier bin? Von Anfang an?"
„Nein. Ich habe deine Anwesenheit zwar war genommen, aber ich wusste nicht wer du bist, bis Gandalf mir von dir erzählt hat."
„Also hättet Ihr nichts verhindern können. Azog war schon so gut wie da, als Gandalf verschwand und uns allein ließ. Es ist so wie es ist. Jetzt zählt nur noch, diesen Krieg zu gewinnen und Aislinn zurückzuholen."
Entschlossen stand ich auf und stellte den kalten Tee auf das Tischchen. Auch Galadriel stand auf und nahm meine Hand.
„Taleria, du musst wissen, dass ich nicht weiß, wie wir deine Freundin wiederbekommen. Ich weiß nur, dass sie an einem Ort ist, wo man nicht einfach so hinein marschieren kann."
„Und wie zum Henker soll ich sie da rausholen? Sie sagte nur, dass ich meinem Herzen folgen soll. Mein dämliches Herz weiß ja selbst nicht einmal, was es will." Frustriert schüttelte ich meinen Kopf.
„Natürlich weißt du es. Du glaubst nur nicht, dass es von Bedeutung ist. Nimm dir die Zeit, darüber nachzudenken."
„Aber ich habe keine Zeit!"
Beruhigend sah mich Frau Galadriel an. „Mein Kind...Ich weiß, dass das alles zu viel für dich ist, aber glaub mir: Du wirst auch diese Aufgabe meistern."
Dann umarmte sie „Du bist nicht allein", murmelte sie mir noch ins Ohr, dann ließ sie mich los und verließ den Raum.
Etwas verwirrt folgte ich ihr und wurde sofort von zwei Wachen in Empfang genommen.
„Euer Frühstück steht jetzt bereit." Bei dem Wort „Frühstück" fing mein Magen an verdächtig zu knurren und obwohl ich noch gefühlt tausend Fragen an meine Großeltern hatte, folgte ich den Wachen zum Speisesaal.

Dort angekommen wartete bereits ein voll gedeckter Tisch, oder eher eine Tafel.
„Taleria! Wie ist es gelaufen?" Es war Aragorn, der sofort auf mich zugelaufen kam.
„Gut. Ich habe ihr nochmal alles erzählt und dann ist sie verschwunden." Mein Magen begann schon wieder zu knurren, deshalb setzte ich mich an den riesigen Tisch und legte mir allerhand Essen auf den Porzellanteller.
„Und hat sie etwas darüber gesagt, wie du wieder nach Hause kommst?"
„Ja. Sie sagte mir, dass sie es noch nicht wissen. Aber sie arbeiten daran."
„Gut. Das ist toll für dich." Trotz seiner Worte, wirkte Aragorn nicht sehr glücklich. Ich konnte ihn verstehen, denn auch ich war betrübt, bei dem Gedanken daran das alles zu verlassen.
„Das spielt jetzt keine Rolle. Wichtig ist, dass wir diesen Krieg gewinnen, Aislinn zurückholen und Sauron ein für alle Mal in die Hölle zurückschicken.", meinte ich und fing an, das Essen in meinen Mund zu schaufeln.

Training; Sonnenaufgang; Wachen zeigen dir den Weg
A.

Der kleine Notizzettel lag am Vorabend auf meinem Bett. Nun wartete ich in meinem Zimmer, bis diese Wachen kamen.
„Sonnenaufgang... Diesem Idioten fällt auch kein besserer Zeitpunkt ein.", murmelte ich vor mich hin, während ich mir müde die Augen rieb. Dann, endlich, hörte ich ein lautes Klopfen an meine Tür.
Schell schnappte ich mir meine Waffen und riss sie auf. „Da seid ihr ja endlich! Na los, bevor wir hier noch festwachsen."
Es dauerte noch einige Momente, bis sie sich in Bewegung setzte. Müde folgte ich ihnen und nach einigen Minuten erreichten wir eine Baumtreppe.
„Geht diese Treppe hinunter, dann kommt ihr direkt zum Trainingsplatz. Herr Aragorn wartet dort auf Euch.", erklärte mir eine der Wachen.
Ich bedankte mich schnell und machte mich auf den Weg nach unten. Unten angekommen, sah ich Aragorn neben einem Haufen Waffen stehen.
„Hätten wir dieses Training nicht etwas später machen können?" Gähnend stellte ich mich neben meinen Freund.
„Glaub mir, später hast du keine Zeit. Kriegsplanung erfordert viel Zeit. Außerdem wird deine Rückkehr heute Abend bekannt gegeben.", erklärte mir Aragorn mit müder Stimme.
„Warte. Bekannt gegeben? Das heißt, ich muss mit den Leuten reden?"

„Wenn du einen guten Eindruck hinterlassen willst, ja." Die Vorstellung daran, mich all diesen Elben vorzustellen, bereitete mir ein mulmiges Bauchgefühl.
„Jetzt komm schon! Du hast gegen hunderte von Orks gekämpft. Das hier wird kein Problem für dich sein.", lachte Aragorn und klopfte mir auf die Schulter.
„Mit Orks musste ich auch nicht reden!" Missmutig legte ich Pfeil und Bogen an den Rand der Lichtung und zog mein Schwert.
„Jetzt mach dir keine Gedanken darüber. Sie werden dich mögen. Sei einfach du selbst."
Das Gefühl blieb, doch ich nickte trotzdem. „Gut. Da das jetzt geklärt ist, können wir endlich anfangen. Such dir eine Waffe aus. Wir trainieren mit stumpfen Klingen."
Ich legte mein Schwert zum Bogen und ging zu dem Haufen an Waffen.
Von leichten Einhändern, über hauchdünne Dolche, bis zu schweren Äxten war alles da.
Nach einigen Minuten fand ich ein Zweihändiges Langschwert, welches überraschend gut in der Hand lag und nicht zu viel Kraft verlangte.
Immer wieder bewunderte ich die Schmiedekunst der Elben. Egal wie groß die Waffe war, man konnte sie mühelos heben und schwingen.
„Hast du schon einmal mit einem Langschwert gekämpft?"
„Nein, aber du wirst es mir bestimmt zeigen, nicht wahr?" Grinsend stützte ich mich auf mein Schwert.
„Heute nicht, nein. Du wirst heute dein neues Schwert bekommen. Also finden wir heraus, was zu dir passt. Dieses Langschwert ist für einen breiten Krieger, der eher langsame, aber kraftaufwendige Bewegungen macht."
„Hmm..." Nachdenklich legte ich das Schwert wieder Weg. Was passt zu mir?
Lange noch probierten wir alle möglichen Schwerter durch, doch das Richtige war nicht dabei.
„Na gut.", meinte Aragorn schließlich. „Wie's aussieht, bekommst du dein Schwert doch erst morgen. Ich überleg mir was. Wahrscheinlich wirst du von deinen Großeltern erwartet."
Ich nickte erschöpft und verabschiedete mich von Aragorn. Dann machte ich mich auf den Weg zurück.

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