Ich saß in meinem Bett und starrte aus dem Fenster. Es war stockfinster draußen. Es war spät und ich wollte nichts lieber als schlafen, aber immer wenn ich die Augen schloss tauchten Bilder von Szenarien auf, die wie aus einem billigen Horrorfilm klangen, aber pure Realität waren. Ich sah die fremden Vampire vor mir. Hörte ihre Schreie. Spürte ihr Blut. Sah ihre Leichen.
Über mein folgendes Handeln dachte ich gar nicht nach, wusste aber im nachhinein nicht, ob ich es anders gemacht hätte. Ohne es erklären zu können, stand ich auf, zog mir eine Jacke über, band mir meinen mittlerweile dritten Schal um und verließ dann möglichst leise das Haus.
Ich musste Kyle sehen.
Nachdem mein Bruder allen erzählen musste was passiert war, wurde ich von niemandem mehr in Ruhe gelassen. Zwar wusste niemand, dass ich gerettet wurde, aber das tat auch gar nichts zur Sache. Niemand wusste von Kyle. Alle fragten sich nur, wie ich einen Angriff von fünf Vampiren überleben konnte.
Ich lief in Richtung Innenstadt, nicht wissend, ob ich Kyle überhaupt finden würde oder geschweige denn, wo ich suchen sollte. Ich verließ mich komplett auf mein Gefühl, lief auf direktem Wege in die Innenstadt, ohne zu wissen was mich erwarten würde.
Ziemlich sicher seiend, dass ich diesen Abend nicht überleben werde, zog ich meinen Schal enger und versteckte mich in diesem. Er war warm und weich, genauso wie mein Bett. Wieso war ich nicht da geblieben?
Ich lief ungefähr eine Stunde, bis ich in der Stadt ankam. Ich bog in die Einkaufsstraße ein und blieb überrascht stehen. Die ganze Stadt wirkte wie ausgestorben, nur diese eine Straße bewieß, dass die Menschen den Krieg noch nicht verloren hatten. Überall liefen Männer in Uniformen herum und schleppten riesige Waffen, die wie aus Filmen wirkten, mit sich herum. Jeder von ihnen hatte einen ernsten Blick aufgesetzt und die meisten wirkten, als hätten sie mehrere Jahre nicht mehr gelächelt.
Vorsichtig und darauf bedacht mich unauffällig zu halten, lief ich an der Wand eines großen Kaufhauses entlang. Ich durfte niemandes Blickes auf mich ziehen, sonst würde ich zum Einen extremen Ärger bekommen, aber zum Anderen auch keine Chance mehr haben Kyle zu finden.
Es überraschte mich doch, wie einfach ich mich durch die Straße mogeln konnte. Zumindest bis ich plötzlich von hinten gepackt wurde.
Ich schrie erschrocken auf und spürte gleich darauf schon die Wand im Rücken.
„Was verdammt noch mal machst du hier!“ mehr als überrascht sah ich in das Gesicht meines Vaters. Wieso war er hier? Mum meinte doch, dass er frei hätte und nach Hause kommen würde, um über die Feiertage bei uns zu sein.
„Ich rede mit dir!“ Auch wenn seine Stimme leise war und ruhig klang konnte ich seine Wut ganz genau raus hören. Ich konnte es ihm aber auch nicht verübeln, ich wäre an seiner Stelle wohl genauso sauer.
Nicht genau wissend was ich ihm sagen sollte senkte ich den Kopf um ihm somit zu zeigen wie sehr es mir leid tat. Auch wenn es das gar nicht tat. Wieso sollte es mir Leid tun? Es war mein Leben und ein Vater der nie da war und nur jetzt plötzlich kam und mich zur Rede stellte, konnte ich nicht gebrauchen.
Ich hatte diesen doch recht harten Gedanken gerade zuende gedacht, als ich plötzlich etwas an meinem Handgelenk spürte und von meinem Vater weggezogen wurde. Erschrocken schrie ich auf und stolperte von meinem Vater weg.
Als ich wieder festen Stand hatte, sah ich auf. Wie auch schon vor kurzem war ich an einem völlig anderen Ort. Und mir gegenüber stand ein Vampir. Ein blonder Vampir mit zerzausten, etwas längeren Haaren. Kyle.
„Bist du eigentlich komplett durchgeknallt?“ fragte er aufgebracht und ich zuckte überrascht zusammen. „Du kannst doch nicht einfach so, mitten in der Nacht einen Spaziergang machen! Hast du aus der Aktion letztens nichts gelernt?" Leicht beschämt sah ich weg. Er hatte ja recht. Was ich getan hatte war unglaublich gefährlich gewesen.
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KYLE [Abgeschlossen]
VampirosWir leben in einer Welt ohne Jahreszeiten. Es gab Zeiten in denen es wärmer war. Es gab Zeiten in denen es kälter war. Ostern, Weihnachten, Silvester oder sonstige Feiertage existierten auch. Aber nichts davon war so, wie es früher einmal war. Es gi...