Einen Tag später trafen Tom und ich uns bei mir. Meine Eltern waren mit Paul auf den Weihnachtsmarkt gegangen und ich hatte somit sturmfrei. Ungestört fingen wir an zu backen, während im Hintergrund Weihnachtslieder vor sich hin dudelten.
"Wollen wir auch noch Vanillekipferl backen? Beim letzten Mal hat das ja nicht ganz so gut funktioniert", schmunzelte er und formte aus dem Teig einen Tannenbaum.
"Können wir gerne machen", antwortete ich und schob unser volles Blech in den Ofen.
Ich suchte die nötigen Zutaten heraus und Tom verarbeitete sie zu einem Teig. Ich machte uns in der Zeit einen Tee, der sich sogar Weihnachtstee nannte. Ich setzte mich auf einen der Stühle und beobachtete Tom beim Ausrollen des Teiges.
"Weißt du, du könntest mir auch helfen", meinte Tom schließlich und lächelte.
"Ja schon, aber du machst das schon so gut. Außerdem bist du groß. Du schaffst das schon alleine, ich glaube an dich", erwiderte ich grinsend.
Tom schüttelte den Kopf über mich. "Du bist wirklich unmöglich."
"Nein, bin ich nicht. Wie du siehst, bin ich möglich. Sonst wäre ich nicht hier", bemerkte ich und grinste nach wie vor.
Tom sah mich an und legte die Rolle beiseite. Dann machte er zwei Schritte auf mich zu und stand direkt vor mir. Ich musste den Kopf etwas in den Nacken legen, um zu ihm aufsehen zu können.
"Das wollte ich schon die ganze Zeit tun", sagte er leise und beugte sich langsam nach unten.
Ich streckte mich ihm ebenfalls entgegen und sah ihm unverwandt in diese wunderschönen Augen. Sein Blick huschte von meinen Augen immer wieder zu meinen Lippen. Seine rechte Hand legte er an meine Wange, die linke landete in meinen Haaren. Ich schloss meine Augen und wartete.
Dann küsste er mich.
Es war anders als es in den Büchern stand, die ich las, aber es war gut anders. Der Kuss war sanft und zurückhaltend und ich genoss diesen Kuss. Er fühlte sich an wie der erste Atemzug, den man macht, wenn man aus dem Wasser auftaucht. Er fühlte sich an wie eine angenehme Brise an einem heißen Sommertag. Und er fühlte sich an wie der erste Schnee.
Irgendwann löste Tom sich und ich öffnete die Augen. Wir starrten uns an, bis ich vorsichtig einen Mundwinkel hob. "Das sollten wir öfter machen", sagte ich. "Auf jeden Fall", sagte er. Dann küssten wir uns erneut.
Diesmal fühlte sich der Kuss wie der allererste Schluck Flimm an. Er fühlte sich an wie ein heißer Schluck Tee. Und er fühlte sich an wie auftauende Hände. Er war leidenschaftlicher als der erste, doch wir küssten uns nicht lange, weil es unbequem wurde.
Unser Atem ging stoßweise und nach einem Blick in das Fenster stellte ich fest, dass meine Haare einem Vogelnest glichen und meine Lippen geschwollen waren.
"Wollen wir dann die Vanillekipferl machen?", fragte Tom leise. Ich nickte und stand vorsichtig auf. Immer noch spürte ich das Adrenalin durch meinen Körper fließen. Ich griff nach meinem Tee und trank einen Schluck, wobei ich mir die Zunge verbrühte.
Tom unterhielt sich während des Backens die ganze Zeit so, als wäre nichts passiert, obwohl sehr wohl etwas passiert war. Wir hatten uns geküsst. Sogar zweimal! Was bedeutete das denn jetzt für uns? Ich konnte es nicht beantworten.
"Lass uns doch noch einen Film schauen", schlug ich schließlich vor und zog Der Polarexpress aus dem Regal, weil Tom ihn vorgeschlagen hatte. Als die Anfangsszene kam, traute ich mich endlich ihn zu fragen: "Tom, was ist jetzt zwischen uns?"
"Was immer du willst", antwortete er grinsend.
"Das ist keine Antwort", erwiderte ich und verdrehte die Augen.
Tom rutschte näher an mich heran und zog mich zu sich, sodass ich zwischen seinen Beinen saß. "Wir sind zusammen, was sonst?"
Als ob das so offensichtlich wäre, dachte ich. Statt zu antworten guckte ich lieber den Film. Als sie den Nordpol erreichten, ergriff Tom meine Hand und hielt sie bis zum Ende fest.
Tom war mein erster Freund, obwohl ich schon mehrere Dates mit vielen Jungen hatte, doch keiner konnte Tom das Wasser reichen. Ich genoss es schon jetzt, so nahe bei Tom zu sein und seinen Herzschlag zu spüren.
In der Mitte des zweiten Filmes bemühte ich mich nicht einmal mehr, die Augen offen zu halten. Wir hatten morgen Samstag, also wäre es egal, wenn ich hier bei Tom auf dem Sofa einfach einschla-
"Die Eieruhr hat geklingelt", flüsterte Tom.
"Dann mach den Ofen aus", erwiderte ich schläfrig.
Ich spürte wie Toms Körper wackelte; er lachte. "Dafür musst du runter von mir."
Murrend rollte ich mich einmal herum, doch da war das Sofa zu Ende. Mit einem lauten Rumms landete ich auf dem Boden. Toms Lachen schallte durch den Raum und auch ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ich rappelte mich auf
"Ich mach den Ofen aus. Ich steh ja sowieso schon", sagte ich und ging in die Küche. So viele Kekse wie dieses Jahr hatten wir noch nie gebacken. Ich fragte mich, wie wir die alle essen sollten. Aber andererseits konnte man sie natürlich auch prima verschenken.
Ich beschloss ein paar der Kekse, die Elsa, Mia und ich gebacken hatten, in eine Schüssel zu schütten. Außerdem machte ich noch zwei heiße Schokoladen, damit man die Kekse hinein tunken konnte.
"Wo bleibst du denn?" Tom schlang seine Arme um meine Taille und vergrub seinen Kopf in meiner Halsbeuge. In meinem Bauch tanzten die Schmetterlinge. Ich lächelte.
"Ich komme ja jetzt", erwiderte ich und griff nach dem Tablett.
"Ich mach das." Er löste sich von mir, nahm mir das Tablett aus den Händen und stolzierte in Richtung Wohnzimmer. Er hatte den Film pausiert und ich setzte mich wieder zwischen seine Beine, bevor wir den Film weiterlaufen ließen.
Es war ungewöhnlich, wie schnell ich mich verliebt hatte. Für Liebe auf den ersten Blick hatte ich wenig übrig und ich hatte auch noch nie daran geglaubt. Doch ich war eines Besseren belehrt worden. Es stimmte, Tom und ich kannten uns noch nicht lange, aber daran konnte man arbeiten.
"Schlaf jetzt nicht ein. Gleich kommt die beste Stelle", behauptete Tom und küsste mich auf meine Haare.
"Mhh", murmelte ich zustimmend und öffnete nur kurz meine Augen, um sie dann wieder zu schließen. Ich kannte den Film auswendig. Also erlaubte ich es mir einzuschlafen.
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Winter Wonderland (Adventskalender)
Подростковая литератураVolle Läden, verbrannte Plätzchen, purer Stress. Das waren die drei Gründe, wieso Hanna die Weihnachtszeit nie genießen konnte. So ist es auch dieses Jahr. Nur dieses Mal kommt es noch viel schlimmer. Sie muss auf einen Weihnachtsmarkt! Und als wär...