23| pain.

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[schmerz.]

Schwerfällig öffnete ich meine Augen und wurde sofort von grellem Licht geblendet. Leichter Nebel hing über meinen Gedanken. Verschleierte die Geschehnisse kurz vor meiner Bewusstlosigkeit. Jason.

»Sir, sie wacht auf.«

»Darling? Hey.«, die sanfte Stimme von Jayden drang an mein Ohr.

»Jason. Wo ist Lemon?«, brachte ich langsam über meine Lippen.

»Maya, kannst du dich nicht mehr erinnern? Jason ... er ist ...«

»Ich zähle jetzt von drei runter und bei eins drücke ich ab! Mir egal auf wen die Waffe bei null zeigt.«, echote eine kalte Stimme in meinen Gedanken wieder.

»Wo ist mein Baby?«

»Null ...«

Ich hörte meinen schrillen Schrei in meinen Gedanken.

Blut. Das dunkle Blut breitete sich so rasch unter dem kleinen Menschen aus.

»Nein, bitte nicht. Sag mir, dass das nicht stimmt.«, verlangte ich zu wissen und spürte, wie meine Augen feucht wurden. Ein heftiger Schmerz durchzog meinen Körper, bohrte sich in mein Herz. »Bitte, sag mir nicht er ist tot.«

»Es tut mir so leid, Maya.«

Ein herzzerreißendes Schluchzen verließ meinen Mund. Kopfschüttelnd rannten mir salzige Tränen die Wangen herunter. »Bitte nicht.«, wiederholte ich leise.

Die vertrauten Augen verloren ihren Funken bei meinem Anblick. »Es tut mir so leid, Darling. Gäbe es etwas, mit dem ich Jason wiederbeleben könnte, wurde ich es tun.« Er zog mich in seine warmen Arme und drückte mich sanft an seinen Oberkörper. Bitterlich weinend krallte ich mich in sein dunkles Shirt.

***

Der Schmerz in meiner Brust hatte mittlerweile nachgelassen. Jedoch jetzt vor dem provisorischen Grab von Jason zu stehen, brachte all den Schmerz zurück. Gequält drückte ich meine Faust auf die Stelle, an der mein Herz schlug. Gegen ein dickes Bündel Schwarzgeld hatte Jayden Lemon reinigen und seine Brust nähen lassen, damit ich ihm endgültig lebwohl sagen konnte.

»Bist du bereit?«, fragte mich dieser und hielt mir seine Hand hin.

Dankend nahm ich sie entgegen und ließ mich von ihm über den feuchten Waldboden führen. Die letzten Tage hatte es durchgängig geregnet. Mein Körper regenerierte sich schnell von den Verletzungen, dennoch vertraute ich meinen Beinen noch nicht vollständig mich längere Zeit tragen zu können.

Wir stoppten einige Schritte später vor dem schwarzen geöffneten Sarg. Blinzend versuchte ich meine Tränen einhalt zu bieten – vergeblich. Wimmernd drückte ich Jaydens Hand fester. Lemons, blasser Anblick brachte mich an meine seelischen Grenzen.

Jayden drückte ihm Gegenzug meine und blieb still neben mir stehen.

»Ich habe mich auf so vieles in deinem Leben vorbereitet. Ich habs ehrlich versucht. Auf deinen ersten Schultag, auf deine erste Nacht bei Freunden, auf eine mögliche Freundin oder Freund, aber niemals habe ich mich auf deinen Tod vorbereitet. Kinder sind nicht dazu da, vor ihren Eltern zu sterben.«, fing ich leise an und hielt die Tränen nicht davon ab aus meinen Augen zu fließen. »Du hast mich gerettet, ... Ich habe es dir oft gesagt, als du schlafend in meinen Armen lagst oder mit jedem ›Ich liebe dich‹. Jedes Mal lag ein ›Du hast mich gerettet‹ in meinen Worten.«

Ich ließ Jaydens Hand los und kniete mich vor den geöffneten Sarg, nahm die kalte Hand meines Sohnes in meine. »In, deinem ersten halben Jahr war ich keine gute Mutter. Ich wollte dich nicht nah an mich lassen. Die unbewusste Angst, ich könnte dir mit meinem innerlichen Dämon etwas antun, war zu groß.« Schluchzend drückte ich seine Hand an meinen Mund. »Ich weiß heute, ich hätte dir niemals etwas antun können. Du hattest mich in der ersten Sekunde, – nein, das wäre dann doch zu früh, – du hattest mich nach einem knappen halben Jahr um den kleinen Finger gewickelt. Du hast den Engel in meinem Inneren wiederbelebt, du hast mir gezeigt, dass Liebe bedingungslos sein kann, du hast mein Leben lebenswert gemacht.«

Vorsichtig beugte ich mich über ihn und drückte ihm drei Küsse auf die Stirn. »Du darfst deine Augen wieder öffnen, Baby. Vielleicht triffst du Grandma und Grandpa. Ich wünsche mir, dass du die beiden triffst und deinen Frieden findest.« Eine Träne landete auf seiner Wange, die ich zittrig wegwischte.

Jayden half mir beim aufstehen und legte einen Arm um meine Taille. »Du hast ihm gar nicht gesagt, dass du ihn liebst.«, flüsterte er und stützte mich, als wir die Stelle in dem Waldstück verließen.

»Doch. Drei Küsse bedeuten ›Ich liebe dich‹.«, sagte ich und legte auch meinen Arm um seine Taille.

»Deine letzten Worte an ihn waren sehr rührend.«

»Mhm« Ich legte meinen Kopf an seine Schulter und schloss für einige Augenblicke meine Augen.

Lass ihn los, Maya. Lass Jason gehen, flüsterte mein Engel unter Tränen.

Du solltest ihn wirklich gehen lassen, fügte auch mein Teufel hinzu und wischte sich über die glasigen Augen.

Ein Windhauch fegte über mein Gesicht, gab mir die Kraft Lemon loszulassen. Er würde seinen Frieden finden – ohne mich.

»Lasst den Tod niemals zu nah an euch heran. Wenn euch der Tod zu nah kommt und ihr es zulasst, unterschreibt ihr euer Todesurteil. Verstanden?« Die Autoräte Stimme von meinem Ausbilder nahm meine Gedanken ein. Einstimmig folgte das: »Sir, ja, Sir.« Von allen Anwesenden.

Sie und ErWo Geschichten leben. Entdecke jetzt