Prolog

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Die Türen des kleinen Kaffees öffneten sich und ein eisiger Wind peitschte durch den Raum. Die gepunkteten Vorhänge an den Fenstern flatterten und das Windspiel an der Decke gab freudige Klänge von sich. 

Rosalie stocherte in ihrer Erdbeertore herum und betrachtete das Muster auf ihrem Cappuccino. Wahrscheinlich hätte sie doch den Karottenkuchen essen sollen, dann hätte sie sich wenigstens etwas besser gefühlt. Doch sie hatte sich für den Kuchen mit dem meisten Zucker entschieden, und hatte ihm noch eine Sahnekrone aufsetzten lassen. So stiegen die Kalorien zwar ins unermessliche, aber das interessiere hier wahrscheinlich sowieso keinen. In etwa zwei Wochen würde ihr Sommersemester losgehen und bis dahin versuchte sie den Campus irgendwie zu meiden. Durch den Ehestreit ihrer Eltern, aus welchem sich später ihre Trennung ergab, hatte sie einige Fettpolster zugelegt und ihre 34 Figur musste für Größe 38/40 platz machen. Diese Zuckermengen waren zwar auch nicht gerade förderlich für ihre Gesundheit aber sie brauchte eine gewisse süße in ihrem Leben wo sonst keine zu finden war. Liana, ihrer beste Freundin aus Arizona, wo sie die Highschool verbracht hatte, hatte immer zu ihr gesagt, dass die zehn Kilo mehr nichts ausmachen würden, sie selber sah das allerdings nicht so. Aus diesem Grund hatte sie sich auch  lange überlegt, ob sie wirklich an die Harvard gehen sollte. Ihre Eltern konnten sich dies zwar nicht leisten, durch ihre Noten hatte sie sich jedoch ein Stipendium erkämpft und hatte dies dann doch nicht aufgeben wollen. Zwar schämte sie sich für ihre Figur, jedoch kannte sie hier niemand und keiner wusste, wie sie früher gewesen war. Das war eine pure Erleichterung für sie.

Seit sie vor etwa zwei Wochen am Campus angekommen war, versuchte sie ihre Mitbewohnerin so gut es geht zu meiden. Wenn Rosalie ins Bett ging, war ihre Mitbewohnerin meist noch Feiern oder zog mit ihren Freunden um die Häuser und Tagsüber verbrachte sie ihre Zeit lernend in der Bibliothek. Sie war genau so, wie sich Rosalie eine Studentin vorstellte. Tagsüber das liebe Mädchen von neben an, die immer nur gute Noten nach Hause brachte und Nachts ein Partygänger.

Rosalie selber war keine große Partymaus, nach der Scheidung ihrer Eltern hatte sie sich einige Male betrunken, jedoch nicht so, dass sie kotzend über der Kloschüssel hing. Sie war penibel darauf bedacht, nie zu viel von diesem Körperschädigenden Gift in sich hineinzuschütten. Sie hatte ebenfalls noch nie Drogen zu sich genommen oder gar mal an einer Zigarette gezogen. Sie wollte sich Probleme mit der Polizei und ihrer Lunge ersparen, denn sie hatte keine Lust ihrem eh schon angeschlagenen Körper noch weiter zu malträtieren.

Nun saß sie hier in einem kleinen Kaffee etwa 10 Minuten Fußmarsch vom Campus entfernt und büffelte in ihren Ferien Bücher über Medizin und Anatomie des Menschen. Sie wollte sich so gut wie möglich auf ihre Kurse vorbereiten und hatte daher zu ihrer stressigen Woche noch zwei weitere Wahlfächer belegt. Bei diesen ging es um Psychologie, um den Hinterbliebenen den Verlust der Liebsten einfacher zu machen und Biotechnik, um vielleicht doch in die Forschung einzusteigen. Seit dem Krebsfund ihrer Großmutter hatte sie sich intensiv damit beschäftigt und auch dadurch wurde die Medizin ihre Leidenschaft.

Davor war sie ehr eine durchschnittliche Schülerin gewesen. Sie hatte mehr Spaß daran gehabt sich mit Freunden zu treffen, an Turnwettbewerben teilzunehmen oder sich die Zeit mit reiten zu vertreiben. All diese Leidenschaften hatte sie verloren und sich ganz den Büchern hingegeben. Ihre Noten hatten sich damals stark verbessert, jedoch hatten ihre Beziehungen zu ihren Freunden darunter gelitten.

Nun stand sie hier, auf der anderen Seite der USA ohne Freunde, mit zehn Kilo zu viel auf den Rippen und einem Traum: Ärzten zu werden.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 03, 2019 ⏰

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Dunkel Wolken im FrühlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt