44|beschissenes Timing

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Vielleicht könnte ich meine Freundschaft mit Enes noch retten und das ohne ihn zu heiraten. Das wäre das Beste was mir passieren könnte. Nun war die Frage ob das Glück einmal in meinem Leben auf meiner Seite war.
Das einzige was ich tun konnte, war hoffen und beten.

~

Nervös trat ich mit einem Fuß auf den anderen während ich auf die gläserne Außentür starrte. Es war nun acht Uhr Abends und ich hatte mir alles genau zusammengelegt, was ich in welchem Fall sagen würde.
Aber was, wenn er mich einfach rausschmeißen würde? In diesem Fall hätte ich nichts. Noch mehr Panik überkam mich und allmählich bereute ich es hier vor seiner Haustür zu stehen.
Er wäre so enttäuscht. Auch, weil ich es Kenan gesagt hatte.

Sollte ich jetzt einfach nachhause? Das wars wohl kaum. Ich konnte doch nicht nach Hause, mich in mein Bert kuscheln und friedlich schlafen während er im Glauben war, dass ich ihn heiraten wollte.
Das wäre uns beiden gegenüber nicht fair. Und ich sollte eben für die Gerechtigkeit kämpfen und sie nicht einfach ausblenden, weil ich nicht den Mut dazu hatte.
Wann hatte ich mich all mein Mut verlassen? Ich hatte immer meine Meinung gesagt und war vorlaut. Die Anfangstagen mit Kenan kamen mir in den Sinn als ich ihm alles fiese, was mir einfiel einfach ins Gesicht schlug, doch jetzt? In was für einer Lage ich mich nun befand, weil ich einfach nicht den Mund öffnen konnte!
Und schon wieder war ich in Gedanken bei Kenan! Egal, was das Thema war, irgendwie war eine Verbindung zu ihm auffindbar. Verdammt wieso konnte er nicht einfach mit allem aus meinem Leben verschwinden?
Er war wirklich wie ein Virus..

Jedoch verwarf ich schnell alle Gedanken an ihn und betätigte die Klingel. Mein Herz klopfte unglaublich schnell, wie so oft in letzter Zeit. War es überhaupt gesund? Könnte das irgendwie eine höhere Chance zu einem Herzinfarkt aufbauen oder so?
Vielleicht wäre ein kurzer Tod nicht schlimm. Ein Herzinfarkt vor der Haustür bis die Sanitäter mich zurück ins Leben holten. Was redete ich da für einen Mist? Kein Tod und keine kurze Pause vom Leben. Das Leben war scheiße und knallhart, da müsste man nun mal durch.

Das Summen der Außentür ertönte und ich zog sie auf. Sobald ich einen Fuß auf die beigen Fliesen setzte machte mein Herz einen dumpfen Schlag und ich schluckte ein zweites Mal schwer.
Es war richtig so. Egal wie viel Angst ich nun um unsere Freundschaft hatte, ich konnte nun keinen Rückzieher machen. Es war sowieso zu spät. Ich ging auf die Treppen zu und hörte schon die Haustür in der zweiten Etage aufgehen.

„Keine Ahnung. Eigentlich nicht.", hörte ich ihn sagen und blieb auf der Treppe stehen. Hatte er Besuch? Oh verdammt! Ich legte meine Hand auf die weiße Wand und versuchte hochzusehen, aber in genau diesem Moment sah Enes auch hinunter und unsere Blicke kreuzten sich. Sofort bildete sich ein strahlendes Lächeln als er mich sah. Ich jedoch schenkte ihm bloß ein nervöses.

„Seren? Mit dir hätte ich ehrlich nicht gerechnet, aber schöne Überraschung!", freute er sich. Ich stieg die letzten Treppen noch hoch und erreichte schon die Haustür. Er umarmte mich und ich zog scharf die Luft ein.
Von innen ertönten zwei gedämpfte Stimmen und ich legte meine schwitzigen Hände um ihn.

„Wie geht's dir?", fragte er und ich löste mich. Unsicher kaute ich auf meiner Unterlippe herum.

„G-Gut. Störe ich? Ich kann auch ein anderes Mal kommen.", deutete ich auf seine Gäste. Er schüttelte den Kopf.

„Nein es ist geradezu perfekt, dass du da bist. Wir haben gerade von dir gesprochen.", erholte er und zog mich in die kleine, aber schicke Wohnung. Ich sah ihn nervös an, denn ich hatte keine Ahnung wer mich erwartete, doch Enes sah mich beruhigend an und wir gingen die wenigen Schritte und standen schon im Herz des Ganzen.
Zwei ältere Personen saßen an einem Tisch und sahen zu uns auf. Ein Lächeln stahl sich auf die Lippen der schwarzhaarigen Frau. Sie sah gar nicht so viel älter aus, durch all die Schminke, die sie aber wirklich sehr gut eingearbeitet hatte. Der Mann neben ihr sah ebenfalls zu uns und ich sah die grau melierten Haare an den Seiten.

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