25. Kapitel

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Juli wirbelte herum und ihr Augen weiteten sich entsetzt, doch es war zu spät. Der Fluch traf sie und warf sie zu Boden.
Zornig schleuderte ich einen Feuerstrahl auf den schwarzen Magier.
Normalerweise hätte ein einziger Feuerstrahl auf gar keinen Fall einen schwarzen Magier zu Fall gebracht, aber vielleicht verlieh mir meine Wut in diesem Moment besondere Kräfte.
Nachdem der Magier leblos zu Boden gefallen war, jagte ich auf Juli zu.
Neben ihr ließ ich mich auf die Knie fallen und schüttelte sie leicht. „Juli, mach die Augen auf! Lass mich hier jetzt nicht allein, mit diesen ganzen Schwachköpfen!"
Zitternd öffneten sich Julis Augen. „Du... bist der größte Schwachkopf... von allen.", presste sie schwach hervor.
„Du musst durchhalten, Juli! Deine Brüder brauchen dich, deine Schwester braucht dich! Dein Volk braucht dich!", rief ich verzweifelt.
Juli lächelte schwach, aber der spöttische Zug war noch zu sehen. „Das war ein schwarzer Todesfluch... Nichts... kann... dagegen... wirken.", brachte sie angestrengt hervor.
Zitternd saß ich hilflos neben ihr. Ich konnte nichts tun. Das Tor nach Atlantis war viel zu weit weg und ich konnte sie allein sowieso nicht tragen.
Im nächsten Moment kniete Königin Ava neben mir und drückte mich bestimmt weg.
Dankbar über ihr Kommen rutschte ich weg und sah mich um.
Weiter weg schickte König Aquarius den letzten Gegner zu Boden.
Nur noch Raya stand ein paar Meter entfernt. Umzingelt von Aldwyn, Aydan, Aaron, Rose und Saphira.
Livia und Aiana waren nirgends zu sehen.
Wenige Soldaten waren noch da und wandten sich gerade ihren Heimattoren zu. Niemand von ihnen schien zu sehen, dass Raya noch hier war.
Aus dem Augenwinkel sah ich Shi, die wie ein roter geölter Blitz auf uns zu raste.
Bereitwillig gab ich meinen Platz neben Juli auf und ließ Shi vor.
„Juli! Wenn du jetzt stirbst, bring ich dich in deinem nächsten Leben eigenhändig um, verstanden?!", schimpfte sie.
Doch da war er wieder. Der komische Ausdruck in Shis Augen.
Und plötzlich war ich mir sicher. Zwischen Juli und Shi war etwas. Ich hatte keine Ahnung, wie es dazu gekommen war. Schließlich war Juli die Prinzessin von Atlantis und Shi eine Kriegerin aus Phoenix. Und die zwei waren sich so ähnlich und gleichzeitig so unterschiedlich, dass ich eher erwartet hätte, dass sie sich gegenseitig den Kopf einschlugen. Diese zwei Sturköpfe. Diese zwei starken Persönlichkeit.
Eigentlich schien etwas zwischen den Beiden unmöglich.
Aber da war etwas.
Auch wenn Shi verzweifelt versuchte, ihre gleichgültige Miene zu halten, konnte man es sehen. Shi zeigte zu viele Gefühle, als dass es die Sorge einer fremden Leibwache sein konnte.
Es war so ungerecht für beide.
Weil mir diese Situation einen Stich versetzte, wandte ich mich Raya zu.
Rose schoss gerade vor und packte sie. „Ich glaube, dass es mir unglaublich viel Spaß machen wird, dich langsam und schmerzvoll umzubringen.", zischte sie hasserfüllt. „Ich hatte schon als Kind den Drang dir den Hals umzudrehen!"
Okay... Warum überraschte mich das nicht?
Raya war unnatürlich blass und sie wirkte schwach, aber Trotz stand ihr in den Augen geschrieben. Sie schubste Rose weg, doch diese taumelte nur leicht. Warum war Raya plötzlich so schwach?
„Das ist nicht das Ende! Denkt ihr, ich bin die Einzige, die die Macht an sich reißen will? Ihr seid so dumm!", spottete Raya.
Saphira knurrte und im nächsten Moment warf ein Feuerblitz Raya zu Boden.
Sie regte sich nicht mehr. Rayas Augen blickten starr und leblos in den Himmel auf.
Erschaudernd wandte ich mich ab.
„Ich wollte sie umbringen!", fauchte Rose Saphira an.
„Dann sei das nächste Mal schneller!", erwiderte Saphira gereizt.
„Was ist passiert?", fragte Aaron entsetzt und eilte auf Juli zu. Aldwyn und Aydan waren dicht hinter ihm.
Auch König Aquarius war jetzt bei uns.
„Sie wurde vom Todesfluch eines schwarzen Magiers getroffen.", antwortete Königin Ava ruhig. Mitleidig blickte sie zu den Brüdern auf.
Aydan ließ sich auf die Knie fallen. Sein Blick war voller Angst als er auf Juli hinab sah. Aydan hatte nie Angst. Mein Gott, dieser arrogante Ekelpilz war niemals besorgt. Doch jetzt war er es plötzlich. „Du kannst etwas tun, Ava, oder?" Seine Stimme klang brüchig, als er zur Königin der Erde sah.
Bedauern lag in Avas Augen. „Es tut mir leid, Aydan." Sanft legte sie eine Hand auf Aydans Schulter und drückte sie. „Ich kann nichts für Juli tun."
Aydan atmete zitternd ein.
Aaron sah geschockt zu Juli.
Aldwyn weinte still.
In diesem Moment fühlte ich mich so hilflos. Unbeholfen umarmte ich Aldwyn, der sein Gesicht sofort an meiner Schulter vergrub. Aydan und Aaron waren die Tapferen. Aldwyn brauchte jetzt jemanden.
Rose war ausnahmsweise mal still. Sie beobachtete schweigend das Geschehen und kurz glaubte ich sogar Mitleid in ihrem Blick aufblitzen zu sehen.
Königin Ava stand auf und trat wenige Schritte zurück. Die Brüder, König Aquarius und Shi versammelten sich um Juli.
Nur Aldwyn stand immer noch bei mir. Er blickte kurz auf und Juli und er tauschten einen Blick.
Juli lächelte schwach.
Aldwyn zitterte und wandte den Blick ab.
Juli schien es nicht zu stören, dass er nicht da war. Ich glaube, sie verstand, dass Aldwyn es nicht konnte.
König Aquarius nahm Julis Hand und sagte leise etwas zu ihr. Doch Juli war bereits zu schwach, um zu reagieren. Nur ihre Augen leuchteten ein letztes Mal auf.
Als Juli die Augen endgültig schloss, war es kurze Zeit vollkommen still.
Außer uns war hier niemand mehr.
„Ich... ich will weg.", stammelte Aldwyn und eilte davon.
Auch Aaron taumelte kurz, bevor er Aldwyn folgte.
Königin Ava sah Aydan kurz an, bevor sie seufzte. Dann hob sie Juli hoch. Shi und Aquarius halfen ihr dabei und die drei trugen die Tote zum Tor nach Atlantis.
Rose sah mich kurz an, bevor sie Saphira packte und mit sich zum Atlantis-Tor zog.
Mein Blick wanderte zu Aydan, der immer noch am Boden kniete. Sein Blick war gesenkt und er zitterte leicht.
Ich wusste nicht wirklich, was ich tun sollte.
Was ich sagen sollte.
Alles wird gut? Wohl eher nicht.
Das Leben geht weiter? Absolut aufbauend...
Ich weiß, wie du dich fühlst? Nicht wirklich.
Zögernd ging ich auf ihn zu und ging neben ihm in die Hocke.
Vorsichtig legte ich meinem Arm auf seinen Rücken und drückte seine Schulter.
Flüchtig sah Aydan mich an. In seinen Augen schwammen Tränen.
Schweigend legte er seinen Kopf an meine Schulter.
Eine Zeit lang saßen wir so da, bevor Aydan tief einatmete und sich erhob.
Ich tat es ihm nach und still liefen wir als Letzte zum Tor.
Aydan nahm meine Hand, als wir durch das Tor gingen. Obwohl er gerade innerlich aufgewühlt und abgelenkt war, hatte er nicht vergessen, dass ich nicht wirklich gut mit diesen Toren klar kam.
Wie immer strauchelte ich leicht nach vorne, doch Aydan hielt mich fest.
Unwillkürlich entwich ihm ein schwaches Lächeln. Toll. Wenigstens munterte ihn meine Tollpatschigkeit ein bisschen auf.
Aiana kam mir entgegen und fiel mir um den Hals. „Wenigstens dir geht es gut."
Aydan wandte sich ab und ging davon.
„Wo warst du plötzlich?", fragte ich sie, ohne auf ihren Ausruf einzugehen.
„Ein schwarzer Magier hat es irgendwie durch das Tor geschafft. Livia und ich sind ihm gefolgt. Er hat versucht Naima umzubringen, aber Solveig hat sich vor sie geworfen.", berichtete Aiana. Ihr Kiefer zuckte leicht. „Sie ist tot."
Ich seufzte tonlos. „Wir haben viel verloren."
Aiana nickte langsam. „Ja, das haben wir.", stimmte sie mir mit belegter Stimme zu.
Die Ärzte um uns herum hatten mit verletzten zu kämpfen. Ich konnte das Leid nicht mehr sehen und Aiana schien es genauso zu gehen.
Schweigend verließen wir den Saal.
Weg von den Toten. Wegen von den Verletzten. Weg von der Wahrheit.
Aber hoffentlich in eine bessere Zukunft.

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