Ein verzweifelter Gatte

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Erbitte dringende Unterstützung eines Magiers, einer Hexe oder anderweitigen Magiekundigen.

Schon seit geraumer Zeit lastet ein grausiger Fluch auf meiner geliebten Gattin, der unser beider Leben erheblich beeinträchtigt. Es ist nicht mehr zum Aushalten und treibt mich noch um meinen Verstand. Aber vor allem tut es mir um mein Weib leid, die mit dieser Plage zu kämpfen hat. Besondere Kenntnisse in Sachen Verwünschungen sind daher besonders gerne gesehen!

Beim Lohn soll nicht geknausert werden. Genauere Informationen sind beim von Ataris-Anwesen im nordöstlichen Velen nahe Oxenfurt zu erhalten.

In sehnlichster Erwartung
Graf Lothar Ladislaus von Ataris


„Und du bist...?"
„Wegen des Auftrags hier", erwiderte gefragter nüchtern auf den skeptischen, genervten Ton des Hausdieners an der Türschwelle. Von oben bis unten wurde er mit gerunzelter Stirn und wachsamen Augen gemustert, was erstaunlich war, beachtete man die Tatsache, dass Gesichtsfalten, leicht gebückte Haltung, ergrautes Haar sowie kahler Hinterkopf von höherem Alter zeugten.


„Hier entlang", kam es schließlich vom Diener und mit einer Handbewegung bedeutete er, ihm möge gefolgt werden. Er führte den zwielichtigen, unangenehmen Besucher durch ein mit reichlich Mobiliar und Dekor eingerichtetes Foyer hin zu einer der zwei Seitentreppen. Unterdessen erklärte er: „Seiner Hochgeboren wird erfreut sein, dass sich jemand in dieser... unerfreulichen Angelegenheit meldet. Das Leid, das ihm wiederfährt, macht sich bereits am ganzen Hof bemerkbar. Und mittlerweile trauern wir alle mit ihm. Und mit seiner Gemahlin, der Gräfin, selbstverständlich ebenso, ist sie doch das eigentliche Opfer in dieser Tragödie."


Im oberen Stockwerk angelangt betraten sie beide einen Flur, verborgen hinter einer kleinen Pforte. Ein kurzer Anblick des Innenraumes bestätigte dem Besucher, was er bereits im Foyer vermutet hatte. Hier wirkte alles wesentlich eleganter und pompöser, als es eigentlich war. Sein scharfer Blick, seine präzisen Sinne erlaubten ihm jenes Urteil. Die Silber-Kandelaber an der Wand waren, wenn überhaupt, lediglich oberflächlich versilbert. Der goldene Kronleuchter an der Decke nichts weiter als vergoldet. Die auf den ersten Blick schön gestalteten, hauptsächlich landschaftlich geprägten Kunstwerke waren nicht schwer als amateurhafte Malereien zu identifizieren, die man bei jedem beliebigen Händler für fünfzehn läppische Kronen erwerben könnte. An der karmesinroten Tapete zeichneten sich bereits Abnutzungsspuren ab, es ist wohl eine ganze Weile nicht mehr renoviert worden. Der ausgelegte Teppich zeugte von abstehenden Fransen, die durchaus leicht zu übersehen waren. Das Mosaikparkett war nicht ganz regelmäßig ausgelegt und zwischen den Möbeln lugten aus den Raumecken angehäufte Staubflusen sowie Spinnenweben hervor. Kurzum: Der Schein trog.


Am Ende des Gangs machten sie vor einer Tür Halt. Der Diener erhob das Wort: „Seiner Hochgeboren befindet sich in diesem Raum. Ich möchte dir aber zuvor dringend raten, dich in Geduld zu üben. Es ist ein leidliches Thema für den Herrn, in diesen Belangen reagiert er äußerst sensibel. Er war schon immer und ist nach wie vor ein sehr gefühlvoller und emotional betroffener Mensch, in letzter Zeit in durchaus ausgeprägterer Form. Was ich damit sagen will: Hör ihm aufmerksam zu, stell keine zu direkten Fragen und werde um Himmels Willen nicht ausfallend."
Der Besucher nickte. „Ich werde es im Hinterkopf behalten."


Bevor er eingelassen wurde, betrat der Diener den Raum und verbeugte sich vor seinem Herrn. „Euer Hochwohlgeboren", setzte er an. „Es hat sich jemand wegen des Aushangs gemeldet. Ein gewisser Herr..." Er stockte und fluchte innerlich angesichts der Tatsache, dass er den Namen des zwielichtigen Besuchers nicht kannte. Er wusste, er hatte gefragt, aber keine Antwort erhalten. Doch hatte er nicht nachbohren wollen. Zu hören, dass jemand Interesse an der Lösung des Problems seines Herren hatte genügte, um ihn hereinzubitten. Zumal der Anblick ihn verunsicherte, gar einschüchterte, was er jedoch weder zugeben sollte noch wollte.
Aber als hätte der Fremde seine missliche Lage erkannt, stellte er sich neben ihn und vollendete den begonnenen Satz: „Geralt von Riva. Hexer."

Die Gräfin, die keine war  | The WitcherWhere stories live. Discover now