50|„Nur noch eine Chance bitte!"

4.2K 241 142
                                    

Ich konnte nicht leugnen, dass ich nun erleichtert war, aber die erneute Panik stieg in mir auf. Wir würden sprechen.
Konnte ich mir denn alles wieder anhören? Ich musste es. Wenn ich mit ihm abschließen wollte, dann musste ich alles beenden und zwar mit einer reifen, erwachsenen Auseinandersetzung.

~

Kenan setzte sich gegenüber von mir hin und sofort kam eine junge Bedienung zu uns. Sie legte zwei Karten vor uns, doch wir bestellten nichts außer für mich ein Tee und für Kenan einen Kaffee.
Ich seufzte als er das tat und es schien ihn unbehaglich zu lassen.
Bis unsere Getränke kamen sprachen wir kein Wort. Auch da nicht.

Hier hatte ich für einen Tag gejobbt.
Dank Kenan tat ich es auch nicht mehr. Das alles schien Ewigkeiten her zu sein!
Ich sah mich um. Es hatte sich nicht wirklich verändert.
Der Dampf meines Tees stieg zu mir hoch und und ich pustete hinunter. Sollte ich anfangen oder er? Mit Enes beginnen oder uns?

„Worüber wolltest du sprechen?", fragte Kenan auf meine Gedankenzüge drauf. Ich sah zu ihm auf. Kenan schien lustlos und mein Blick wanderte zu seiner Hand, in der er seinen Becher hielt.
Ich runzelte die Stirn als ich den Verband um seine Fingerknöchel sah. Sofort deutete ich darauf.

„Gestern war das nicht da.", merkte ich an. Er sah ebenfalls darauf und zuckte mit den Schultern.

„Ist gestern erst passiert.", antwortete er und ich nickte langsam.
Kenan schien wirklich keine Lust zum sprechen zu haben. Es war eine blöde Idee. Unsicher sah ich umher und Kenan seufzte.

„Seren ich habe wirklich keine Zeit. Wenn du etwas sagen willst, dann tu es, aber ruf mich nicht um schweigend hier zu sitzen.", schnaubte er. Ich sah wieder zu ihm.
Das war doch nicht der selbe Mann wie aus dem Kopierraum. Er hatte sich absolut keine Lust auf mich!

„Ich.. Okay, du hast recht.", stimmte ich zu und rückte etwas näher an den Tisch,„Ich wollte mit dir.. über uns sprechen." Er nickte und sah mich ruhig an.
Dieser Kenan gefiel mir ganz und gar nicht. Er war lustlos, grimmig und distanziert. Diese Version von ihm konnte ich noch nie leiden. Bei ihm wusste ich nie wie ich mich verhalten sollte.

„Sicher? Weiß dein Verlobter, dass du dich mit mir triffst?", hakte er nach und deutete um uns. Ich schluckte und schüttelte langsam den Kopf. Enes hatte mir unzählige Entschuldigungen geschrieben, dass ich letztlich ein »Alles gut« sendete.
Mehr nicht und das genügte ihm erst auch nicht, aber mittlerweile ließ er mich mit ständigen Nachrichten auskommen anstatt minütigen.

„Das hier ist auch zwischen uns.", stellte ich klar und legte beide Hände auf den Tisch,„Du.. warst der allererste Mann, dem ich jemals so nahe stand, das weißt du. Das erste Mal hatte ich jemanden auf diese Art gesehen und auf diese Art geliebt. Dazu auch vertraut. Ich hatte meine ersten besonderen Momente mit dir und die bereue ich auch nicht. Ich bin glücklich, das alles mit dir erlebt zu haben." Er nickte.

„Geht mir genauso.", stimmte er mir zu,„Du warst die erste Frau, die ich lieben lernte. Der erste Mensch, den ich liebte. Niemand hatte sowie du versucht mich kennenzulernen." Ich nickte und rutschte auf meinem Stuhl hin und her. Es war so unglaublich komisch über unsere alten Gefühle füreinander zu sprechen während wir nichts mehr miteinander zutun hatten oder zumindest auf dem Weg waren.

„Trotzdem.. Hast du mich verlassen und bist ans andere Ende der Welt gereist.", fing ich nun an auf das genauere Thema einzugehen, ohne anklagend zu klingeln, doch Kenan wendete nun den Blick ab,„Du hast mich wie eine Idiotin dastehen lassen. Während du von Anfang an wusstest, dass du gehst habe ich dir blind vertraut. Ich habe.. Ich habe mir sogar eine Zukunft mit dir vorgestellt." Er sah immer noch gebunden auf seinen Kaffee und ich schluckte die aufkommenden Tränen runter, als ich ihn ansah.

ALL I NEEDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt