"Ich bin müde, Seb. Ich geh ins Bett, du kannst ruhig versuchen ob du noch etwas rausfindest, du weißt da ja besser Bescheid als ich. Falls was ist, kannst du mich ruhig wecken", meine ich resigniert zu dem Blonden, der mit Jims Handy in der Hand dasteht. Erschöpft, ohne dass ich weiß warum, gehe ich die Treppe nach oben und in Jims und mein Schlafzimmer.
"Melody", hält Seb mich zurück und ich bleibe auf der letzten Stufe stehen.
"Du brauchst keine Angst zu haben. Selbst wenn das, was da steht, stimmt, du kannst dich verteidigen und ich bin bei dir. Und wir werden Jim finden, das verspreche ich dir."
"Danke Seb. Ich bin wirklich froh, dass du da bist", antworte ich und er lächelt leicht.
"Dann ruh dich gut aus, ich sag dir falls ich was Neues finde."
Mit einem Nicken gebe ich ihm zu verstehen, dass ich ihn gehört habe, dann setze ich meinen Weg fort. Ich schließe die Tür hinter mir, meine Hand bleibt einen Moment auf der kühlen Türklinke liegen. Für einen Augenblick schießt mir der Gedanke durch den Kopf, ob der Entführer den Text ernst meint und mich tatsächlich sieht, jetzt gerade. Unwillkürlich schaue ich mich in dem mir so vertrauten Zimmer um, während ich die Klinke loslasse, doch ich kann nichts entdecken, das irgendwie ungewöhnlich wäre. Wahrscheinlich sollte mich dieser Satz nur verunsichern.
Seufzend lasse ich mich rücklings auf das Bett von Jim und mir fallen. Die Decke ist einladend weich und als ich mich auf den Bauch drehe, rieche ich den Geruch von unserem Waschmittel, vermischt mit dem Geruch von Jim und mir.
Erst nach einer Weile erlaube ich mir selbst, mich zu entspannen und schließe die Augen. Die Müdigkeit, die ich vorher nur leicht gespürt habe, holt mich nun rasend schnell ein, so als hätte sie nur darauf gewartet, dass ich meine Augen zu mache. Ich schaffe es gerade noch, mich unter der Decke zusammenzurollen, dann drifte ich auch schon ab.***
Es vergeht mehr als eine Woche, in der weder Seb noch ich irgendetwas Neues über Jim herausfinden, nicht einmal der Entführer meldet sich nochmal. Stattdessen ist es so, als sei Jim einfach weg, auf Geschäftsreise oder so. Die Welt um uns herum dreht sich weiter, das Leben schreitet voran, und so gehe ich schon einen Tag nach Jims Entführung wieder arbeiten. Ich schaffe es sogar, zu verbergen dass mich etwas bedrückt, nicht einmal Sybille bemerkt dass etwas nicht stimmt. Katie meldet sich im Laufe der Woche mit einem Anruf, doch auch ihr kann ich vormachen, dass alles in Ordnung sei.
Seb schläft weiterhin in unserem Gästezimmer, nach dieser unheimlichen Nachricht in Jims Handy wagt er es nicht mehr, mich über Nacht alleine zu lassen. Zwar versichert er mir, dass weder Wanzen noch Kameras im Haus versteckt wurden, aber ich werde das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Jedes Mal wenn ich aus dem Haus gehe, schaue ich mich um, ob ich nicht vielleicht doch irgendwo jemanden sehe, der mir folgt, aber da ist nichts. Kein ominöses Auto, das überall auftaucht, kein Mensch mit Sonnenbrille, der mir unauffällig hinterhergeht.
Es deutet nichts darauf hin, dass der Entführer die Wahrheit gesagt hat, und dennoch werde ich die Paranoia nicht los. Ich glaube, insgeheim geht es Seb auch so, er versucht es nur mir gegenüber nicht deutlich werden zu lassen. Er sucht nach wie vor nach Hinweisen, wo man Jim versteckt halten könnte, stößt aber immer wieder auf Sackgassen oder geht im Kreis. Beinahe wirkt es so, als würde der Entführer diese falschen Fährten ausstreuen, nur um den Sniper verzweifeln zu sehen.
Am neunten Tag nach Jims Entführung aber passiert etwas, womit weder ich noch Seb gerechnet haben.~~~
Ich sitze gelangweilt auf der Arbeit, in zwanzig Minuten habe ich Feierabend und meine letzte Aufgabe für heute befindet sich kurz vor der Fertigstellung. Allmählich verliere ich die Hoffnung, dass wir Jim jemals finden werden, geschweige denn dass er dann noch lebt, weswegen meine Motivation ebenfalls auf einen Tiefpunkt sinkt. Es macht einfach für mich keinen Sinn mehr, irgendetwas zu tun, das nicht in irgendeiner Weise zu Jims Rettung beiträgt. Vor allem wenn es immer unwahrscheinlicher wird, dass er wieder zurückkommt.
Schließlich kann ich den Computer herunterfahren und mich auf den Nachhauseweg machen. Ich verabschiede mich von Sybille und sogar von Mister Wulf, mit dem ich normalerweise kaum ein Wort spreche seit er bei uns arbeitet. Er ist ruhiger geworden und sogar ein bisschen netter, trotzdem nehme ich ihm meine Zeit als seine Sekretärin mehr als übel.
Während ich im Bus sitze und Musik höre, kommt mir plötzlich eine sehr dämliche, doch gleichzeitig eine gute Idee.
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Moriarty In Love - The Game
FanfictionFortsetzung von "Moriarty In Love": "Es wird alles gut, Honey. Vertrau mir." "Das würde ich gerne Jim." Melody und Jim haben schon viel gemeinsam, und auch alleine, überstanden. Doch nun kommen neue Schwierigkeiten auf sie zu, und das nicht nur in i...