Schließlich setzten sie ihren Weg fort um der Kälte zu entfliehen. Trotz des Hemdes, das Nicolas seiner Gefährtin überlassen hatte, konnte er sehen, wie ihr die Kälte allmählich in die Glieder kroch. Zum Schutz hatte sie die zitternden Arme an die Brust gezogen, doch dies bewirkte kaum etwas.
Sie musste sofort ins Warme.
»Komm, es ist nicht mehr weit«, ermutigte er sie mit einem Lächeln.
Als sie nicht auf seine Aussage reagierte, streckte er eine Hand nach ihr aus. Sie blinzelte zu ihm auf. Dann löste sie vorsichtig eine Hand von ihrer Brust und legte sie bedächtig in seine.
Augenblicklich zogen sich seine Mundwinkel nach oben, als er ihre kleine, kalte Hand in seiner großen, warmen fühlte. Er umfasste sie komplett, sodass der schneidende Wind nicht an ihre zarte Haut kam.
Verwundert blickte er hinauf in den Himmel. Es hatte eindeutig aufgefrischt und auch wenn mittlerweile der Herbst in vollem Gange war, war solch eine Kälte nicht üblich.
In seinen Gedanken versunken, hatte der junge Prinz nicht bemerkt, dass Dana die Richtung gewechselt hatte und ihn nun in Richtung Stall zog.
»Dana, was suchen wir hier? Du musst ins Warme«, wollte er sie zum Haus ziehen, doch sie wehrte sich.
Widerwillig gab er nach, denn er wollte sein Mädchen nicht verletzen, indem er sie hinter sich her zog. Er hoffte bloß für sie, dass sie nicht krank wurde, sonst würde er sie nie wieder nach Sonnenuntergang hinauslassen.
Stur stampfte das kleine Mädchen zum Stall und schlüpfte durch die Tür, er hinterher.
Warme Luft kam ihnen entgegen, als sie das Tierreich betraten. Es stank wider Erwarten nicht, obwohl vermehrt Hühner in ihren Nestern hockten.
Eilig löste seine Gefährtin ihre Hand von seiner und griff nach einem Korb, der an der Wand lag. Mit gezielten Handgriffen holte sie sich einige Eier von den Hennen und kam anschließend wieder zu ihm.
Mit leicht roten Wangen wies sie hinter ihn zur Tür. Allerdings war er zu fasziniert von seiner hinreißenden, kleinen Gefährtin um darauf zu reagieren. Ihre hellbraunen langen Haare waren vom Wind ganz zerzaust und ihre Nase und Wangen gerötet. Die großen, dunklen Augen sahen ihn unsicher an. Wie wohl ihre Stimme klang?
Ein vehementes Kopfschütteln unterbrach seinen Gedankenstrom. Er sollte seine Gedanken nicht in so eine Richtung lenken. Dana war perfekt. So wie sie war. Schließlich wurde sie nicht ohne Grund vom Schicksalsband für ihn ausgesucht.
»Lass uns gehen«, griff er nach der Hand, die den Korb hielt. Er war bestimmt viel zu schwer für seine zarte, kleine Gefährtin.
Mit einem Stirnrunzeln überließ sie ihm den Korb und trat hinaus. Schnell eilten die beiden in das Haus um der Kälte endgültig zu entfliehen.
Im Flur trafen sie schließlich auf die anderen. Nala, die Mutter seines Mädchens, hielt eine Decke in den Händen, um sie ihr um zu legen. Doch der Anblick seines Hemdes um den Schultern ihrer Kleinen ließ sie in ihrer Bewegung innehalten.
Mit glühend roten Wangen streifte das Mädchen sich das wärmende Hemd von den Schultern und reichte es ihm, ohne seinem Blick zu begegnen. Spitzbübisch grinsend nahm er es an und kommentierte weder ihr vor Verlegenheit rot leuchtendes Gesicht noch ihr offensichtliches Vermeiden von Blickkontakt.
Stattdessen lächelte er bloß weiter vor sich hin und fragte, wo er den Korb hinstellen sollte.
»Oh, du hast an die Eier gedacht«, merkte Nala bloß an und legte Dana nun die Decke um.
Schüchtern und ohne ihren Blick vom Boden zu heben, nickte sie leicht. Besorgt zog der junge Prinz nun die Augenbrauen zusammen. Was war geschehen? Warum war seine Gefährtin plötzlich so niedergeschlagen?
»Geht es dir nicht gut?«, strich er sanft über ihre Wange.
Er hatte gehofft diese sanfte Geste würde sie beruhigen, stattdessen zuckte sie vor ihm zurück. Obwohl er es sich nicht anmerken lassen wollte, stahl sich ein verletzter Ausdruck in seine Augen. Sie vertraute ihm nicht. Noch nicht.
Tief seufzte er auf und folgte nun ihrer Mutter, die ihn in die Küche führte. Auf einem kleinen Tisch ließ er den Korb stehen. Er bemerkte, dass sich daneben auch ein Korb voller Pilze befand. Das musst der sein, den Dana bei ihrer Flucht hatte fallen lassen. James musste ihn aufgehoben haben.
»Kann ich sonst noch irgendwie behilflich sein?«, wandte er sich der Mutter seiner Gefährtin zu. Er wollte seinen ersten, schlechten Eindruck wieder wett machen und ihr sowie seiner Prinzessin zeigen, dass er ein guter Gefährte und Schwiegersohn sein konnte.
»Brauchst du Hilfe beim Zubereiten des Abendessens?«, fragte diese Dana.
Mit einem Kopfschütteln verneinte sie.
»Gut. Ich bin bei unseren Gästen, wenn du etwas brauchst«, ließ sie sie wissen und verließ die Küche, nachdem sie dem Prinzen kurz zu genickt hatte.
Dieser lehnte nun mit vor der Brust verschränkten Armen am Türrahmen und betrachtete seine Gefährtin. Emsig lief sie in dem kleinen Raum auf und ab und förderte unterschiedliche Gegenstände zu Tage.
Mitten in der Bewegung hielt sie plötzlich inne und wandte sich zu ihrem Beobachter um. Unsicher zog sie die Augenbrauen zusammen. Dann winkte sie ihn zu sich. Überrascht stieß er sich vom Türrahmen ab und knöpfte schnell sein Hemd, das er sich schnell wieder übergeworfen hatte, zu.
»Wie kann ich dir helfen, meine Schöne?«, schenkte er ihr ein schiefes Grinsen.
Bei seinen Worten rümpfte sie ihre kleine, süße Stupsnase.
»Gefällt es dir nicht, wenn ich dich so nenne?«, wollte er aufrichtig interessiert wissen.
Kopfschütteln.
»Hm«, dachte Nicolas nach, »Was ist mit 'Schatz'?«
Erneutes Kopfschütteln.
»Schnuckelchen?«
Ein Lachen entfloh ihr.
»Knuffel, Samtpfötchen, Mausi?«
Sie kicherte bloß noch. Es war so schön sie zum Lachen zu bringen, grinste der Prinz, der seine Gefährtin verträumt ansah.
Er trat einen Schritt näher und strich ihr eine lose Strähne hinter das Ohr. »Wie wär's mit 'Liebste'?«
Langsam wanderten seine Finger hauchzart über ihre Wange. Sie erwiderte seinen intensiven Blick, doch wandte ihn ab, sobald ihr die Röte in die Wangen schoss. Ein selbstzufriedenes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht.
»So sei es.« Er entfernte sich ein Stück von ihr und fragte erneut: »Wie kann ich dir nun helfen, Liebste?«
Ohne ihn anzusehen, richtete sie ihm ein Schneidebrett und ein Messer vor ihm auf den kleinen Tisch her und brachte ihm eine Schüssel Tomaten. Anders als die, die er aus dem Schloss kannte, waren diese nicht gleichmäßig rot und perfekt gerundet. Ganz im Gegenteil. Der Prinz entdeckte sogar dunkle, fast schwarze Tomaten und ganz kleine gelbe. Die Formen variierten ebenfalls. Es gab zylinderförmige, runde, ob so groß wie seine Handfläche oder so klein wie seine Fingerkuppe, und auch seltsam klobige.
Verblüfft betrachtete Nicolas also die Vielzahl an Paradeiser. Dabei bemerkte er nicht, wie seine kleine Gefährtin ihn mit einem schwachen Lächeln betrachtete.
Als er sich von seiner Verwunderung erholt hatte, griff er nach dem Messer und wollte in einer der normaleren Tomaten hineinschneiden. In dem Moment beschloss Dana allerdings ihm mit ihrem grellen Schrei einen Herzinfarkt zu verpassen und das Innere der Tomate verteilte sich überall. Er achtete nicht darauf, sondern wandte sich seiner schluchzenden Gefährtin zu.
Sie in die Arme schließend, sah er sich hektisch im Raum um. »Dana, Liebste, was ist geschehen?«
Nun stürmten auch die anderen den kleinen Raum und sahen sich nach einer Bedrohung um.
»Was ist los?«, wollte James ebenfalls wissen. »Ist jemand ins Haus eingedrungen?«
Henrik wandte sich sogleich an James und befahl ihm das obere Stockwerk zu durchsuchen, während er das untere übernahm.
Ein wenig überfordert wiegte der junge Prinz derweil seine schluchzende Gefährtin in seinen Armen. »Schschsch«, machte er leise und mit bemüht ruhiger Stimme, »Ich bin da. Niemand wird dir was tun, Liebste.«
In der Zwischenzeit hatte sich Nala, Danas Mutter, die bereits ahnte, was vorgefallen war, gemächlich in der Küche umgesehen. In der Pfanne entdeckte sie letztlich das Gesuchte. Ein kleines, noch nicht vollkommen entwickeltes Küken. Sein mit Eiweiß verschmiertes Fell verbannte langsam im heißen Öl. Der Anblick war alles andere als schön.
Seufzend schob sie die Pfanne von der heißen Herdplatte und wandte sich ihrer verstörten Tochter zu. Sie war schon immer zu empfindlich, wenn es um Tiere ging. »Dana, Mäuschen, beruhig dich. Es war nicht deine Schuld«, versuchte sie sie zu beruhigen. Sanft strich sie ihr über den Rücken.
Nicolas sah Nala verwirrt an. Sie sollte ihm gefälligst erklären, was sein Mädchen so verstört hatte.
Die Frau verdrehte bloß ihre Augen. »Sie hat die falschen Eier genommen. Das ist alles.«
Dem in der Stadt aufgewachsenen Mann half diese Aussage nicht.
Ein tiefer Seufzer entfuhr Nala. Die schlaflosen Nächte im letzten Monat zehrten an ihren Kräften. Aus diesem Grund fiel ihre Antwort auch etwas schroff aus. »Das Ei war befruchtet. Das Küken hätte schlüpfen sollen. Jetzt brutzelt es in der Pfanne. Dana ist sehr empfindlich, wenn es um Tiere geht.«
Nun verstand der Prinz die Situation. Sein Mädchen hatte das ungeborene Küken gesehen und sich dafür die Schuld gegeben.
In diesem Moment erschienen wieder James und Henrik. »Es befindet sich niemand außer uns im Haus und es gibt auch keine Anzeichen eines gewaltsamen Eindringens«, informierten sie die anderen.
»Danke, ab hier übernehme ich«, nickte Nicolas den Männern zu.
Nala warf ihrer Tochter einen letzten Blick zu und verschwand ebenfalls. Zurück blieben eine leise vor sich hin schluchzende Dana und ihr sich sorgender Seelengefährte.
Der Prinz malte sanft Kreise auf ihre Schulterblätter. Er sagte nichts, das brauchte er auch nicht. Seine Anwesenheit war genug.
Nach einer Weile, in der sich Danas Schluchzen in eine leises Schluckauf verwandelt hatte, stimmte Nicolas eine Melodie an. Sein Summen war nicht laut, und manch einer würde wahrscheinlich behaupten, dass er kaum die richtigen Töne traf, doch das kümmerte im Moment keinen von beiden. Das beruhigende Summen des Prinzen, das ab und zu vom leisen Schluckauf seiner Prinzessin durchbrochen wurde, erfüllte den Raum und ließ beide allmählich zur Ruhe kommen.
Erst als auch der Schluckauf leiser wurde und schließlich verklang, lockerte Nicolas seinen Griff ein wenig. »Besser?«, strich er ihr sanft über das weiche Haar.
Sie nickte leicht. Aus rot umränderten Augen sah das Mädchen den ausgewachsenen Mann, der ihre kleine Gestalt in seinen starken Armen hielt, fragend an.
Was hätte er nur in diesem Moment alles gegeben um die Gedanken, die im süßen Köpfchen seiner Gefährtin herumschwirrten, hören zu können, lächelte der Prinz vor sich hin. Zweifellos hätte er somit so einiges von seinem stillen Mädchen erfahren. Zum Beispiel, dass sie sich in eben diesem Moment fragte, ob es vielleicht doch nicht so schlimm wäre einen Gefährten zu haben. Zumindest an die Umarmungen, in denen sie sich sofort geborgen und sicher fühlte, konnte sie sich gewöhnen, dachte sie verlegen.
Mit einem liebevollen Kuss auf die Stirn löste er sich schließlich von seiner bezaubernden Gefährtin. Er hätte niemals erwartet, dass solch ein kleines und unschuldiges Wesen vermag sein Herz auf diese Art und Weise zu erwärmen. Doch er würde dieses Gefühl für nichts auf der Welt wieder hergeben.
»Ach herrje, was ist denn mit euch passiert?«, unterbrach auf einmal eine erschrockene Stimme ihre Zweisamkeit.
Sowohl Nicolas als auch Dana wandten sich ihrer Mutter zu. Verwirrung zeichnete sich auf beiden Gesichtern ab.
Über ihre mangelnde Achtsamkeit konnte die ältere Frau nur den Kopf schütteln. »Wie die kleinen Kinder«, murmelte sie leise, ehe sie die Stimme hob, »Los, ab mit euch nach oben. Dana gib dem Prinzen bitte ein frisches Hemd und zieh dir doch gleich auch etwas Frisches an.«
Damit verschwand sie auch schon wieder aus der Küche.
Der Prinz zog nur eine dunkle Augenbraue hoch. Mütter, dachte er bloß die Augen verdrehend. Seine Gefährtin hingegen nahm nun offenbar die roten Flecken auf ihren Gewändern wahr. Offensichtlich verwirrt, woher diese stammten, sah sie sich stirnrunzelnd in der Küche um. Auf dem Schneidebrett, das sie dem Prinzen zuvor gegeben hatte, lag nun eine zermatschte Tomate.
Auch Nicolas schien nun seine Tat zu bemerken. Peinlich berührt rieb er sich mit einer Hand über den Nacken. »Äh, das muss wohl bei deinem Schrei geschehen sein. Verzeih mir.«
Statt zu antworten, nahm sie ihn an der Hand und zog ihn die Treppe hinauf und in eines der Zimmer. Dort wühlte sie anschließend in einer hölzernen Truhe, die auf dem Boden stand, herum. Dabei reckte sie ihren süßen Hintern in die Höhe, was Nicolas schamlos auskostete.
Nach einer Weile wurde sie allerdings fündig und richtete sich wieder auf. Nicolas konnte nicht davon absehen einen Schmollmund zu ziehen, den Dana, als sie zu ihm blickte auch bemerkte, jedoch nichts damit anzufangen wusste. Deswegen reichte sie ihm einfach still wie immer das weiße Hemd.
Sie verließ das Zimmer, um sich ebenfalls neu einzukleiden. Mit einem hinterhältigen Grinsen, das seine Lippen umspielte, zog er sich nun sein Hemd aus. Allerdings dachte er nicht einmal daran, sich selbst anzuziehen. Stattdessen nahm er das frische Hemd in die Hand und marschierte damit ins gegenüberliegende Zimmer. Er klopfte zweimal, ehe er die Tür langsam aufstieß. Dana war zu seinem Bedauern bereits in ein anderes Kleid gehüllt. Dieses besaß, im Gegensatz zu ihrem vorherigen, einen dunkleren Braunton und hatte lange Ärmel, sodass sie nicht mehr frieren musste. Sie schnürte sich gerade noch eine Kordel, die um ihre Taille ging, um und sah dann zu ihm auf.
Augenblicklich schoss ihr eine zarte Röte in die Wangen, die sich von Sekunde zu Sekunde intensivierte. Er hatte offenbar doch eine ziemlich große Wirkung auf sie, sonst würde sie nicht so heftig auf ihn reagieren. Zumindest bildete sich der Prinz dies ein.
»Ich bin es nicht gewohnt, mich selbst einzukleiden. Könntest du mir helfen?« Ein echtes Lächeln, das seine perfekten weißen Zähne zeigte, schmückte sein Gesicht.***
Sorry für die lange Wartezeit ... mal wieder.
Ich hatte extreme Probleme diesem blöden Kapitel einen Namen zu geben und musste erst das nächste fertig schreiben, um die beiden zusammen zu benennen.
Aaaabbberrr das heißt auch, dass ich im Laufe der nächsten Woche schon wieder updaten werde.
Falls ihr euch jetzt fragt, warum nicht sofort, wenn das Kapitel schon fertig ist: Ganz einfach, ich möchte versuchen immer mindestens 1 - 2 Kapitel als Reserve zu haben falls ich einmal eine Schreibblockade habe oder zu viel zu tun.
Wie das bisher so läuft? Naja, es krabbelt noch.
Trotzdem hoffe ich, ihr hattet Spaß mit dem Kapitel und für die, die auch die alte Version gelesen haben: Es würde mich echt interessieren wie ihr die neue Version im Vergleich findet!
Hat sich viel verändert eurer Meinung nach?
Ich würde mich über euere Meinungen freuen und wer weiß vielleicht Update ich ja schon morgen, wenn ihr mir eure Meinung da lässt.Eure
Starlight-belle
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Die stumme Prinzessin (2nd Draft)
Roman pour AdolescentsDas hier ist die neue Version von „Die stumme Prinzessin"! *** Ein stummes Mädchen und ein Kronprinz. Zwei Welten, die normalerweise einander niemals getroffen hätten. Doch ein magisches Schicksalsband verbindet diese zwei Leben und löst somit eine...