15. Das Band der Liebe

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15.1 (Julia)

Ich weiß nicht, wie lange ich schlief, aber ich wachte etwas verwirrt wieder auf. Langsam öffnete ich meine Augen und sah mich in dem Zimmer um. Bei jeder Bewegung hatte ich das Gefühl, das mein Kopf fast explodierte und jeder Muskel aus einander riss. Ich legte meine Hand auf meine Stirn und Atmete tief ein. Panik machte sich langsam in meinem Inneren breit, das ich noch bei ihm war. Doch das konnte nicht sein. Vorsichtig setzte ich mich auf und ließ meinen Blick durch das Zimmer schweifen. Jemand saß neben dem Bett und war in ein Buch vertieft. Als die Person merkte, dass ich wach war, legte sie das Buch weg und kam auf mich zu.

"Julia, mein Schatz. Du bist wach.", flüsterte meine Mutter und setzte sich auf das Bett.

„Wo bin ich?",fragte ich sie. Meine Mutter nahm meine Gesicht in die Hand und strich sanft darüber. „Du bist zu Hause mein Schatz." Ich sah sie etwas verwirrt an. „Wie lange habe ich geschlafen?", wollte ich wissen und sah mich noch einmal in dem Zimmer um. „Vier Tage waren es bestimmt. Aber nachdem, was du durch machen musstest, kein Wunder." Meine Mutter küsste mich auf die Stirn und nahm mich dann in den Arm.

„Gabriel, wo ist er? Ich muss ihn sehen."

„Schsch. Du wirst ihn schon sehen. Aber vorher würde dich gerne jemand anderes sehen.", beruhigte sie mich. „Sag mir erst, wie es ihm geht.", sagt ich flüsternd zu meiner Mutter. „Ihm geht es gut. Er war fast jeden Tag bei dir, Stunde um Stunde.", sagte meine Mutter und lächelte mich liebevoll an. Sie stand auf und ging zu der Tür , die sie einen Spaltbreit öffnete. Meine Mutter nickte mit dem Kopf und eine männliche Gestalt steckte ihren Kopf in das Zimmer. Meine Mutter öffnete sie ganz und bat den Mann herein, der nicht ganz wusste, was er tun sollte. Schüchtern wie ein kleines Kind blieb er im Türrahmen stehen. Romano verlagerte sein Gewicht nervös von einem Bein auf das andere und starrte mich dabei an. Da ich unseren König vor mir hatte starrte ich ihn nicht mehr an und senkte meinen Blick auf meine Hände. Er räusperte sich und kam dann zu mir. Ich spürte wie das Bett unter seinem Gewicht nach gab als er sich setzte.

„Wie geht es dir?", fragte er mich vorsichtig und fing an mit dem Saum seines Hemdes zu spielen. „Etwas besser, danke.", sagte ich zu ihm. Aufmerksam betrachtete ich ihn. Mein Blick wanderte von seinen in einander verschlungen Finger über seine breite Schulter bis zu seinem Gesicht. Als ich mir seine Augen genauer ansah, stockte mir der Atem. Ich sah nicht in seine Augen, sondern in meine eigenen. Dann betrachtete ich ihn mir genauer. Er hatte die gleichen geschwungenen Lippen und die gleichen blonden langen Haare wie ich. Romano war mein Spiegelbild. Tränen stiegen mir in die Augen, als ich erkannte, das Gabriel recht hatte. Vor mir saß der Mann, den ich seit fast 20 Jahren vermisste, meinen Vater. Ich rückte näher an ihn ran und fiel ihm um den Hals. Tränen liefen mir über die Wangen und ich fing hemmungslos an, an seiner Schulter zu Heulen. Er bewegte sich kaum merklich und legte seine Arme um mich und strich tröstend mit seiner Hand über meinen Rücken. Meine Mutter setzte sich neben mich und nahm mich ebenfalls in ihr Arme. So saßen wir eine Weile auf dem Bett, bis ich mich wieder beruhigt hatte. Schniefend setzte ich mich wieder gerade hin und sah meinen Vater an. "Entschuldigung, dein Hemd ist ganz nass. Aber 0ich glaube das war in letzter Zeit alles etwas viel für mich.", entschuldigte ich mich sofort bei ihm. Liebevoll sah er mich an und schüttelte den Kopf. "Du musst dich für nichts entschuldigen. Ich bin einfach nur froh, das dir nicht mehr passiert ist." Romano nahm meine Hand und hauchte ein Kuss darauf. Ich dachte kurz über etwas nach und sah ihn dann etwas verwirrt an. "Wie soll ich dich eigentlich nennen? Hoheit? Vater? Papa? Dad? Paps? Bei deinem Vornamen?", fragte ich ihn. Meine Mutter und er brachen in leises Gelächter aus. Ich sah sie etwas wütend an. "Was ist da bitte schön so komisch?" Behutsam strich mein Vater mir über die Wange. "Du kannst mich privat nennen wie du das möchtest. In der Öffentlichkeit reicht es, wenn du mich Vater nennst. Es ist nur so komisch, weil ich es nicht gewohnt bin, das mich jemand Vater oder Papa nennt.-" er machte eine kurze Pause und sah mich traurig an, dann sprach er weiter- "Ich bereue jeden Tag, den ich nicht bei euch sein konnte. Ich hätte dich so gerne aufwachsen sehen." Die Trauer spiegelte sich auch in seiner Stimme wieder. Ich legte meine Hand auf seine und drückte diese Sanft. "Nein, du darfst dir keine Vorwürfe machen. Es war besser für uns alle. So war ich wenigstens die letzten Jahre in Sicherheit.", sagte ich zu ihm und ein trauriges Lächeln huschte über seine Lippen. Es klopfte leise an der Tür und ein Dienstmädchen steckte ihren Kopf hindurch. "Hoheit, das Bad für die Prinzessin ist bereit." Meine Mutter nickte ihr zu. "Danke Ester." Das Mädchen verneigte sich vor uns und verschwand wieder. Vorsichtig stand ich auf, doch meine Beine gaben gleich wieder nach, sodass ich in die Arme meines Vaters fiel. "Julia, mein Kind. Ist alles gut?", wollte er wissen und nahm mein Gesicht in seine Hände. Er sah mich besorgt an und zog mich auf seinen Schoss. "Ja, es ist alles gut, Dad. Nur etwas schwach auf den Beinen.", antwortete ich ihm und legte meinen Kopf an seine Brust. Er legte seine Arme um mich und drückte mich an sich. "Keine Angst, ich trag dich.", sagte er und stand mit mir in den Armen auf um mich ins Badezimmer zu tragen, wo Ester auf mich wartet. Ich hielt mich an der kleinen Kommode rechts neben uns fest, als Romano mich auf die Füße stellte. Der Raum um mich herum fing wieder an sich zu drehen und ich klammerte mich an der Kommode fest. "Ist alles gut?", fragte mein Vater mich, als er das bemerkte. Ich nickte und lächelte ihn an. "Ja, es ist alles gut. Der Kreislauf will nur noch nicht so. Ich glaube ein heißes Bad ist jetzt genau richtig." Er nickte und gab mir einen Kuss auf die Wange. Dann drehte er sich um und ging wieder nach draußen. Das Dienstmädchen kam gleich zu mir und hielt mir einen Bademantel hin. Ich zog mein Nachthemd aus und schlüpfte hinein. Ester wühlte geschäftig in den Schubladen der Kommode herum und suchte alles zusammen, was ich zum waschen brauchte. Dann nickte sie mir zu und führte mich zu der Wanne. Vorsichtig stieg ich hinein. Das warme Wasser tat so gut auf meiner Haut und ich lehnte mich seufzend zurück. "Wünscht eure Hoheit das ich Sie wasche? Oder will Sie es selbst tun?", fragte sie mich.

Krieger des Lichts   Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt