K A P I T E L 1

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12:36 Uhr

,,Und jetzt begrüßen wir in der Bahn die Programmnummer 137. Zimtie geritten von Clara Schwarz. Sie reitet für den Reitverein Osdorf. Der Start ist frei!" Ertönte es aus den Lautsprechern, die rund um den Platz angebracht waren. Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug. Ich atmete tief ein und grüßte. Meine Augen suchten nach dem 1. Sprung und fanden ihn. Ich legte meinen rechten Schenkel zurück und lies Zimtie in einen entspannten Linksgallop fallen. Ich war weit genug von dem 1. Sprung entfernt, um einen leichten Sitz zu zeigen. Drei Gallopsprünge vor dem Steilsprung in Deutschland-Farben setzte ich mich wieder in den Sattel. Im Kopf zählte ich mit 1,2,3 und Absprung. Nach der Landung war direkte Konzentration erforderlich, weil nach 5 Gallopsprüngen der 2. Sprung, ein Ochser, kam. Im Kopf kam wieder 1,2,3 und Absprung. Perfekt. Nach einer Linkswendung kam ein blau-weißer Steilsprung mit einem Handwechsel. Alles klappte wie geplant. Im Rechtsgallopp ging es auf einen rot-weißen Steil zu, danach auf einer gebogenen Linie mit 6 Galloppsprüngen auf einen grün-beigen Ochser. In meinem Kopf hörte ich die Stimme meines Vaters, die mir sagte: ,,Nimm sie hier zurück und gehe noch mal in den leichten Sitz. Dann setzt du dich einfach, wie immer, kurz vor dem Sprung wieder hin!" Und so tat ich es. Ich war gelandet. Leichter Sitz und die Mitte des Sprungs anvisieren. Absprung. Landung. 2 Galloppsprünge. Absprung. Landung. Ich hatte die Ziellinie durchquert und parrierte Zimtie durch. Während ich sie traben lies kam eine Durchsage: ,,Das Paar mit der Programmnummer 137 bekommt die Wertnote 8,5!" Am Ausritt wartete mein Vater auf mich. Er legte Zimtie ihre Abschwitzdecke über und gab mir meine Jacke. Es war Januar und klirrend kalt. Als nächstes umarmte er mich. Diese Wertnote war mittlerweile keine besondere mehr. Zumindest für mich nicht. Mein Vater feierte sich jedesmal wieder. Mit langen Zügeln ritt ich in die Abreitehalle. Hier lies ich meine geliebte Ponystute ein paar Runden austraben. Sie schnaubte. Ich schaute an mir herunter. Im nächsten Moment blickte ich in den großen Spiegel, der auf der anderen Seite der Halle angebracht war. Ich sah meine Beine, die eigentlich schon zu lang waren für dieses Pony. Mit einem Mal wurde ich traurig. Bald müsste ich meine geliebte Zimtie abgeben. Wahrscheinlich an meine Halbschwester, die so garnicht reiten konnte. Und Zimtie war keines Wegs ein einfaches Pony oder gar eins für Anfänger! Ich hätte gerne einen Moment länger darüber nach gedacht. Nur leider kam mein Vater gerade in die Abreitehalle um mir zu sagen, dass ich in die Prüfungshalle müsse, wegen der Platzierung. Mit einem seufzen trieb ich Zimtie an und sie fiel in den einen angenehmen Trab. Ich ritt in die Halle ein, wie neun andere Reiter es auch taten.

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