Nachdem Dan gegangen war, hatten wir uns zwar trotzdem noch ins Café gesetzt, aber die gute Stimmung war verschwunden. Es hatte drückendes, unangenehmes Schweigen geherrscht, während wir gegessen hatten. Fynn hatte immer wieder nachdenkliche Blicke auf Kyle geworfen und auch ich hatte meine Gedanken einfach nicht abstellen können. Worum ging es bei diesem Gespräch? Hatte es wirklich etwas mit mir zu tun? Was war der Preis, den Dan erwähnt hatte? Wieso hatte Kyle so komisch reagiert? Schließlich hatten wir uns auf den Weg zu uns nach Hause gemacht. Unsere Eltern waren arbeiten und so konnten wir ungestört miteinander reden. Zumindest dachte ich, dass Kyle jetzt mit Fynn und mir reden würde, doch da hatte ich mich getäuscht. Kaum angekommen wollte Fynn sofort wissen, was Sache war. "Ähm... also, können wir vielleicht ins Wohnzimmer gehen?", fragte Kyle und sah dabei immer wieder nervös zu mir. Mich beschlich ein schlechtes Gefühl bei dieser Angelegenheit und es wurde bei Kyles nächstem Satz nur schlimmer. "Und könnte ich vielleicht erstmal mit dir allein reden, Fynn?" Leicht überrascht stimmte dieser zu und meinte ich solle in meinem Zimmer warten und er würde mich dann holen, wenn sie soweit wären. Ich nickte nur kurz und ging hoch. Kyles Frage hatte mich ziemlich verletzt. Warum wollte er nicht, dass ich bei dem Gespräch dabei war? Fynn war zwar sein bester Freund, aber ich war schließlich seine Freundin. Spielte ich bei dem Ganzen wirklich eine Rolle oder bildete ich mir das nur ein? Ich hörte, wie unten eine Tür geschlossen wurde und versuchte mich irgendwie abzulenken, denn mein Hirn malte sich grade die verrücktesten Geschichten aus. Doch das schlechte Gefühl in meiner Magengrube wurde immer schlimmer und nichteinmal durch Zeichnen konnte ich mich beruhigen. Plötzlich ertönte unten lautes Geschrei. "DU HAST WAS GEMACHT?!" Das war eindeutig Fynns Stimme. "SAG MAL BIST DU EIGENTLICH KOMPLETT BESCHEUERT?!" Ich wurde neugierig. Was hatte Kyle erzählt, dass Fynn so ausrastete? Ich wollte unbedingt mehr erfahren, weshalb ich mich leise nach unten schlich. Ich wusste, dass man andere Menschen nicht einfach so belauschen durfte und ich würde wahrscheinlich riesen Ärger bekommen, wenn sie mich entdecken würden, aber ich hielt es oben einfach nicht mehr aus. Ich wollte endlich wissen was los war. Also lehnte ich meinen Kopf vorsichtig an die Wohnzimmertür und lauschte.
"Du musst ihr davon erzählen." "Aber sie wird mich hassen. Sie wird nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Dabei habe ich mich doch wirklich in sie verliebt." Kyle klang richtig verzweifelt und ich würde ihn jetzt am liebsten in den Arm nehmen, um ihn zu trösten, aber das konnte ich nicht. Außerdem wusste ich immer noch nicht mehr als vorhin. Kyles letzter Satz deutete daraufhin, dass ich gemeint war. Aber warum sollte ich ihn denn hassen? "Was willst du sonst tun? Du kannst Dan nicht austricksen. Am Ende tut er ihr noch was Schlimmeres an. Erzähl Ava davon und sei ehrlich. Natürlich wird sie erstmal sauer sein, aber ich glaube, dass sie dir verzeihen wird, wenn auch nicht sofort." Wovon redete Fynn da? Was sollte ich Kyle verzeihen und warum sollte Dan mir was antun? Ich war verwirrt. Wovon sprachen die da? "Du hast ja recht. Aber ich weiß einfach nicht, wie ich ihr beibringen soll, dass unsere Beziehung nur wegen einer dummen Wette sie ins Bett zu bekommen entstanden ist."
Geschockt saß ich vor der Tür zu unserem Wohnzimmer. Mein Kopf war wie leergefegt und auch der Rest von meinem Körper war wie erstarrt. Das konnte nicht wahr sein. Ich musste mich verhört haben. Kyle würde sowas doch niemals tun, oder? Andererseits würde es erklären wieso er mich das einemal weggestoßen, sich dann aber doch wieder entschuldigt hatte. Weil er die Wette nicht verlieren wollte. Ich spürte auf einmal etwas nasses auf meinen Wangen und realisierte erst jetzt, dass ich weinte. Ich hatte mich schon öfters gefragt, wieso Kyle gerade an mir interessiert war, wenn er doch so viele andere, bessere Mädchen haben könnte. Jetzt hatte ich meine Antwort. Ich hatte gehofft, dass sie nicht so schmerzhaft ausgefallen wäre. Seine Worte taten so furchtbar weh. Kyle war eine der wenigen Personen, denen ich vertraute. Außer Fynn, ihm und in gewisser Weise auch meinen Eltern hatte ich niemanden, der mich so akzeptierte wie ich war und dem ich mich anvertrauen konnte. Doch Kyle hatte mein Vertrauen ausgenutzt. Ich hatte ihn näher an mich rangelassen als irgendjemanden zuvor. Ich hatte ihm nicht nur von meiner Vergangenheit erzählt, sondern war ihm auch körperlich nähergekommen. Wenn ich bei ihm war konnte ich für einen Moment meine Sorgen vergessen und einfach das hier und jetzt geniesen. Er bedeutete mir so unglaublich viel, ich hatte mich sogar in ihn verliebt. Aber ihm schien ich nicht so wichtig zu sein. Er hatte sich nur wegen einer Wette mit mir abgegeben.
Ein Stich durchfuhr mein Herz, als ich realisierte, was das wirklich bedeutete. Es war von seiner Seite aus alles gespielt gewesen. Ich hatte ihm nie auch nur das Geringste bedeutet. Die Tränen flossen noch immer unaufhaltsam über mein Gesicht. Mein Hals schnürte sich langsam zu und ich bekam immer schlechter Luft. Dann hörte ich, wie sich Schritte der Wohnzimmertür näherten, an welcher ich immer noch lehnte. "Wahrscheinlich hast du recht. Ich geh hoch und rede mit ihr. Wünsch mir Glück.", hörte ich Kyles Stimme. Schnell sprang ich auf. Sie durften mich nicht hier entdecken. Ich könnte es nicht ertragen Kyle jetzt zu sehen. Ich wollte gerade einfach nur weg von hier. Also lief ich schnell zur Garderobe und zog mir meine Schuhe an. Anschließend schnappte ich mir schnell noch irgendeine Jacke vom Bügel, bevor ich ohne weiter nachzudenken aus der Haustür verschwand. Schnellen Schrittes lief ich einfach in irgendeine Richtung. Ich wusste nicht wohin ich ging, aber das war mir im Moment egal. Hauptsache ich kam weg von diesem Haus und weg von dem Menschen, der mir gerade mein Herz gebrochen hatte.
Wollt ihr das nächste Kapitel aus Avas oder aus Kyles Sicht haben?
Hoffe euch hat das Kapitel gefallen.
Eure Lili
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Ava - My life with fear
RomanceSeit ihre Mutter vor zehn Jahren verschwunden ist wird Ava von ihrem drogenabhängigen Vater misshandelt und vergewaltigt. Sie lässt niemanden an sich ran, redet kaum und hat starke Berührungsängste. Doch als ihr Vater an einer Überdosis stirbt, muss...