Kapitel 1

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Schlafen. Jede Nacht ein Ringen mit dem Tod. Monster.Mörder. Schule.Und Blut. Immer wieder Blut. Jemand tötet mich. Es ist mein Klassenlehrer. Die Buse dafür das ich schwänze. Blut. Mein Vater wie er immer wieder meinen Kopf gegen die Wand schlägt. Blut. Meine Mutter wie sie vom Dach springt. Blut. Ich wie ich mir die Pulsadern aufschneide. Blut. All die Angst in mir. Sie holt mich immer wieder in diesen Träumen ein. Sie verhöhnt mich und ich krieche vor ihr weg wie ein geprügelter Hund. Mit offenen Augen lieg ich da, schweissgebadet und zähle die Minuten bevor die Schule anfängt.5:54.Eine Träne stiehlt sich aus meinen Augen. 5:55. Ich kralle meine Finger in die Bettdecke. 5:56. Mein Atem wird schneller.5:57. Ein Bild vor Augen. Mein Vater mit diesen dreckigen Grinsen im Gesicht. Ich weiss was er wieder mit mir machen will.5:58.Eine Panikattacke.5:59.Ich zittere.6:00.Der Wecker klingelt. Das Klingeln klingt wütend. Es faucht mich an wie eine Raubkatze. Mit voller Wucht kriegt der Wecker meine Wut zu spüren. Er zerschellt an der Wand. Ich stehe auf. Mein Kopf schmerzt. Im Mund habe ich einen ekligen metallischen Geschmack. Langsam stapfe ich ins Bad. Ein Blick in den Spiegel und meine Laune sinkt tiefer. Matte, gehetzte Augen blicken mir entgegen. Früher waren sie schön. Grün und am Rand der Pupille ein Hellbraun. Doch heute..... Dunkle Augenringe und ein blasses Gesicht. Fast gelblich Mein spröder Mund der seit Jahren nicht mehr lächelt. Schwarze schulterlange Haare hängen schlaff und farblos herunter. Ich blicke weiter an mir runter. Narben. Überall Narben. Auf den Armen. Auf den Beinen. Sogar am Bauch. Frische alte. Rot oder verblasst. Aber überall waren Narben. HELP, FAT, UGLY, STUPID, überall rote Striche, Wörter. Langsam ziehe ich mein Shirt aus. Es ist bleich. Verblasst. Wie mein Lächeln. Verblasst. Achtlos werfe ich es auf den Boden. Ich steige in die Dusche, schalte das Wasser an und lasse es über mich prasseln. Es ist warm. Doch ich spüre die Wärme nicht. Mir ist immer noch kalt. Ich schalte heisser. Immer heisser. Jetzt spüre ich mich. Meine Haut ist krebsrot. Das Wasser wird immer heisser. Ich fluche. Meine Schnitte brennen wie verrückt. Ich schalte das Wasser aus und trockne mich ab. Vorsichrig creme ich mich ein, benutze das Deo, putze mir die Zähne, kämme mich, schminke mich und zieh mich an. Routine. Damit ich anderen gefalle. Damit meine Hässlichkeit nicht so schlimm aussieht. Diese hässliche Nase. Der fette unförmige Mund. Die ausdruckslosen Augen. Mein fetter Körper. Viel zu dick. Man sieht die Rippen doch es ist immer noch zu dick. Ich trete aus dem Badezimmer. Ordentlich packe ich meine Schultasche zusammen. Ich räume mein Zimmer auf. Alles ordentlich. Alles sauber. Damit Er nicht böse wird. Böse Menschen. Böse Welt. Böse Schule. Leise auf Zehenspitzen schleiche ich hinaus damit Er nicht aufwacht. Ich schlüpfe in meine Schuhe und schliesse sachte die Wohnungstür. Unten angekommen öffne ich die Haustür und knalle sie zu. Kälte umfängt mich. Doch nicht so warm wie gedacht. Egal. Ich gehe nicht mehr in diese Wohnung. Sonst wecke ich ihn auf. Mit der Schultasche auf den Rücken spaziere ich zur Schule und wappne mich für einen weiteren beschissenen Tag.

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