Back To You

2. Offen für alles

Ich liebte den Winter und die schönen Stunden, die man im Bett verbringen konnte. Einen heißen Kakao trinken und einen Disney Film schauen, mehr wollte ich nicht.

Oh, und natürlich, dass ER sich meldet.

Mein Blick wanderte langsam auf mein Handy, doch schnell stellte ich enttäuscht fest, dass ich nur Nachrichten von meiner Mutter hatte.

Ob er gerade an mich dachte? Seit unserem letzten Treffen waren bereits 16 Tage vergangen, er schrieb einmal, um mir Frohe Weihnachten zu wünschen, der Chat war kurz darauf jedoch direkt beendet.

Ich öffnete unseren Chat und wollte gerade schreiben, als ich es mir doch noch anders überlegte. Stattdessen öffnete ich die unnötige Dating App, um nachzuschauen, ob interessantere Nachrichten dazugekommen waren.

Mein Blick fiel auf eine Nachricht von Felix, 22. „Hey, hast du vielleicht Lust zu schreiben? :)" Kurz musste ich schmunzeln und besuchte sein Profil.

Oh fuck. Blond, groß, sportlich, wunderschöne blaue Augen und ein Lächeln, das Eisberge zum schmelzen bringen konnte.

Schnell antwortete ich ihm und hoffte auf eine rasche Rückmeldung. Fehlanzeige, auch nach 10 Minuten Dauerstarren, bekam ich keine Antwort. Schnell legte ich mein Handy weg und stand auf. Der Tag musste beginnen, ob ich nun wollte, oder nicht.
~ ~
„Sollen wir heute Abend feiern gehen? Oder hast du schon was vor?" fragte mich meine Mitbewohnerin, die ich schon seit knapp 10 Jahren kannte.

„Von mir aus gerne. Ich habe sonst nichts vor." entgegnete ich und musste innerlich schon heulen bei dem Gedanken, heute mal wieder stundenlang vor dem Spiegel zu stehen und nicht zu wissen, was ich tragen sollte. Frauenprobleme.

Aber genau das war besser, als stundenlang auf mein Handy zu starren und auf eine Nachricht von IHM zu warten. Wir Frauen machen uns das Leben immer so unnötig schwer, statt das wir uns auf die Männer konzentrieren, die auch wirklich etwas ernstes wollen, halten wir an eben denen fest, die uns für jede x-beliebige fallen lassen würden.

Ich lächelte leicht, während ich unter dem warmen Wasserstrahl stand. Ich schloss meine Augen, fuhr mit meinen Händen durch mein Haar und genoss die Wärme. Das Wasser floss meinen Körper hinab und plätscherte dann auf den Boden der Badewanne. Ich konzentrierte mich auf das immer gleich bleibende Geräusch des Wassers und konnte seinen nassen Körper mit meinen Händen spüren. Ich berührte ihn leicht an der Schulter und sah ihm tief in die Augen. Seine strahlend blauen Augen waren auf meinen Körper gerichtet. Er biss sich leicht auf seine Unterlippe und sein Blick wanderte ein Stück höher, bis er schließlich bei meinen Lippen endete und mit seinem Daumen sanft über meine Lippe fuhr. Mein Herz pochte und ich hatte das Gefühl, es würde gleich explodieren. In dieser Sekunde gab es nur uns beide. Plötzlich sah er mir direkt in die Augen und leckte sich leicht über seine bereits nassen Lippen. Das Wasser floss weiterhin unsere Körper hinab, während er mittlerweile sehnsüchtig erneut meine Lippen ansah. Er kam näher und ich schloss meine Augen. Wenige Sekunden später spürte ich endlich seinen warmen und beruhigenden Kuss.

Es klopfte an der Tür und ich öffnete abrupt meine Augen. Er war weg. Es war mal wieder ein kurzer Tagtraum.

„Ja??", schrie ich, als ich realisierte, dass ich schon viel zu lange unter der Dusche stand.

Meine Mitbewohnerin schrie irgendetwas als Antwort zurück, was ich jedoch nicht verstand, da das Wasser zu laut war, zudem lief noch Musik, die über meine kleine Box im Badezimmer leise im Hintergrund ertönte.

Rasch schaltete ich das Wasser aus, trocknete mich ab und cremte mich ein. Dann zog ich mir schnell meine Unterwäsche an und öffnete die Tür.

„Weißt du jetzt, was du anziehen möchtest?", fragte ich sie, bevor sie sich mal wieder über mein zu langes Duschen beschweren konnte.

„Bin noch nicht ganz sicher. Du musst sagen, was besser aussieht.", sagte sie und ging bereits den Flur entlang in ihr Zimmer, um mir ihre Outfits zu präsentieren.

~ ~

Männer hatten eindeutig ein Gespür dafür, wenn man sie gerade wirklich nicht gebrauchen konnte. Ich mein, verdammt, wer hätte denn gedacht, dass ein Typ, der tausend Mal besser aussieht als ich, SO eifersüchtig sein würde?

Die Rede war von Felix, der 22 jährige von der Dating App. Er hatte doch tatsächlich noch am nächsten Morgen geantwortet. Wir verstanden uns gut und schrieben ca. eine Woche, bis er sich unbedingt treffen wollte.

Unser erstes Treffen lief anders als geplant ab. Wir trafen uns draußen, um spazieren zu gehen, er kam mit seinem Auto angefahren und parkte in einem Parkhaus wenige Meter von der Wohnung meiner ältesten Schwester entfernt. Ich war überhaupt nicht auf das Treffen vorbereitet, da ich eigentlich bei meiner Schwester etwas essen wollte, doch er schrieb spontan und wollte sich treffen. Meine Haare trug ich offen und aufgrund meiner schulterlangen, ungebändigten Locken, fühlte ich mich hässlich.

Er sah wiederum umwerfend aus. Sogar noch besser als auf seinen Bildern. Als er das Parkhaus verließ war meiner erster Gedanke „Bei dem habe ich sowieso keine Chance" und fast wäre ich einfach weggerannt, um meine Zeit nicht mit ihm zu vergeuden, fast wäre ich dem Liebeskummer entkommen, der mir dank ihm noch bevorstand. Aber eben nur fast. So ein Scheiß aber auch.

Jedenfalls endete unser erstes Treffen nach ca. 30 Minuten, da er einen Einsatz hatte (Ja, er war doch tatsächlich auch noch Feuerwehrmann).

Er meldete sich dennoch schon 20 Minuten nach unserem Treffen und bat um ein neues Treffen, er war ja „positiv überrascht von mir" und fand mich „äußerst interessant". Da ich wiederum ebenfalls positiv überrascht von seinem Interesse mir gegenüber war und nach wie vor nicht glauben konnte, dass dieser Typ auch wirklich echt war, traf ich mich erneut mit ihm. 3 Tage später, in einer großen Bäckerei, um dort gemeinsam mit ihm zu frühstücken (seine Idee). Daraufhin wollte er unbedingt in den Tierhandel nebenan, wo wir und dann eine Stunde lang Fische ansahen (seine Idee, aber ich fand's gut und ey, sowas in einer Zeit von Netflix und Chill?!?!).

Später fuhren wir dann noch zu ihm und sahen und einen Film an (also doch irgendwie Netflix und Chill) und tatsächlich küssten wir uns und es war verdammt nochmal der Hammer.

Alles in allem war allgemein diese ganze Zeit mit ihm zu schön um wahr zu sein (so wie er) und die Tatsache, dass er etwas ernstes wollte, ließ es nur noch unglaubwürdiger rüberkommen.

Also musste natürlich noch irgendetwas schief gehen.

Nämlich ich. Ich machte nämlich einen Riesen Fehler. Ich schrieb weiterhin mit etlichen anderen Männern und traf mich auch mit einigen, darunter auch Christoph von dem ich immer wieder mal Tagträume unter der Dusche hatte. Wenn Felix fragte, was ich tat, sagte ich ihm ehrlich, wenn ich bei einem „Freund" war, da ich nunmal ehrlich sein wollte (ja, ich bin dumm). Warum ich das tat? Da Felix mir zu perfekt vorkam. Ich hatte Angst ihn nach wenigen Tagen schon zu langweilen beziehungsweise, Angst davor, dass er sich doch noch eine hübschere suchen würde und ich am Ende mit gebrochenem Herzen im Bett heulen würde.

Also versuchte ich ihm zu zeigen, dass er um mich kämpfen musste, da ich auch noch andere hatte, die etwas von mir wollten und versuchte so mich selbst zu schützen.

Tja, am Ende lag ich dennoch heulend in meinem Bett, da ihm anscheinend seine gesamte Familie von mir abriet (ja, er hatte sogar seinen Eltern und seiner Schwester von mir erzählt), da alle der Meinung waren ich würde ihn bloß verarschen. Versteht das bitte nicht falsch, er war wirklich nett zu mir und hat sich auch ehrlich Mühe gegeben, aber mein „Schutzmechanismus" war größer als die Einsicht, dass er vielleicht tatsächlich Interesse an mir hätte haben können. Im Endeffekt hatte ich ihm also irgendwie das Herz leicht gebrochen, da ich „zu distanziert" wirkte und ihm das Gefühl gab „nur einer von vielen" zu sein. Also wollte er sich erst nur etwas weniger mit mir Treffen und schrieb nicht mehr jeden Tag, dann sahen wir uns eine Woche lang nicht und zu guter Letzt schrieb er auch nicht mehr. Übrigens hat er bis heute noch nicht geschrieben, das letzte mal ist bald 3 Wochen her.

Merkt euch also : Verletzt nie das Ego eines Mannes. Ihr werdet es bitter bereuen.