Kapitel 6

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Arya hörte, wie das Glas zerbrach. Am Rande ihres Sichtfelds sah sie die Splitter, die das Licht der untergehenden Sonne reflektierten. Langsam breitete sie ihre Glieder wieder aus. Mit dem Kopf voran sauste sie durch die Luft. Vor ihr erhob sich die gigantische Steinmauer, die den Palast des Königs vor Eindringlingen schützte. Unter ihr flogen die königlichen Gärten vorbei doch sie hatte keine Zeit die kunstvoll geschnittenen Hecken zu bewundern. Schließlich trennte sie nur noch ein mickriger Meter von der Mauer. Schnell drehte sie sich so, dass ihre Füße nach unten zeigten, ihre Krallen fuhr sie aus. Diese fuhren durch den Stein, wie ein scharfes Messer durch in der Sonne gelegene Butter. Ohne lange zu warten stieß sie sich mit ihren Füßen von der Wand ab und kletterte behände nach oben. Schließlich bekam sie den Rand einer Zinne zu fassen und zog sich nach oben. Grinsend drehte sie sich um und schaute zurück. Aus dem kaputten Fenster starrten viele ungläubige Gesichter zu ihr hinunter. Mit einem Rückwärtssalto beförderte sei ihren Körper zur anderen Seite. Eine Wache starrte sie an, ihre Kinnlade klappte herunter und legte ihre Hand auf den Griff. Verschmitzt blinzelte sie den Soldaten an bevor die Mauer sie schließlich verdeckte. Ihr Bauch streifte fast an dem glatt geschliffenen Stein. Sie presste ihre Füße gegen die Mauer und stieß sich von ihr ab. In der Luft vollführte sie mithilfe ihres Raubkatzenschwanzes eine Drehung. Der Wind pfiff in ihren Ohren. Ihr Bauch zeigte nun nach unten. Viele Wachen wurden von ihren Kollegen auf die Gestalt am Himmel hingewiesen doch sie war schnell wieder verschwunden. Unter ihr befand sich ein Platz, auf dem sich einige Betrunkene herumtrieben doch keiner von denen schaute nach oben. Sie näherte sich dem Dach einer Villa. Als sie dieses erreichte machte sie eine Rolle um ihren Schwung abzubremsen. Den Dachziegeln knirschten leicht unter ihrem Gewicht. Die Sonne schickte gerade ihre letzten, roten Strahlen über den Himmel. Unermüdlich folgte sie ihrer Nase ohne sich noch einmal zu dem riesigen Palast umzudrehen. Am Himmel funkelten schon die ersten Sterne. Langsam verschmolz sie mit der Dunkelheit. Der Vollmond verströmte ein silbriges Licht. In ihrem Inneren schmiedete sie einen Plan für die nächsten Tage. Sie musste sich an ein paar Individuen rächen, die Bezeichnung Wesen wäre nicht richtig. Sie wusste nun endlich, woher die Mauer in ihrem Inneren stammte. Es gab zwar keine Götter, dafür aber fünf Häuser, das Haus der Liebe, das Haus des Leids, das Haus des Lichts, das Haus der Dunkelheit und das Haus der Kraft. Wenn man all diese Häuser durchwandert hatte war man nicht nur unsterblich, sondern auch ungeheuer mächtig. Natürlich wussten nur wenige von den Häusern und noch weniger, wo sich der Eingang befand jedoch wollte jeder von denen diese durchwandern doch die Wege sind fast gänzlich verschwunden, die Pfade sind von Fallen gespickt, Mitglieder standen Wache und töteten Eindringlinge und so endete jede Reise sehr schnell. Wenn man es durch jedes Haus geschafft hatte wurde man jedes Mal, wenn man starb im Haus der Liebe wiedergeboren. Vor dem Haus der Dunkelheit und dem des Leids schreckten fast alle zurück, fast niemand schaffte es auch nur den Weg zu überleben. Jemand, der sich der Herr nannte zog im Hintergrund tausende von Fäden. Er hatte ihre wahre Liebe getötet und wie sie alle Häuser durchwandert doch auch er war etwas Besonderes, wie sie. Es gab bestimmte Schattentänzer die, sobald sie durch alle Häuser gegangen waren, allmächtig waren. Zu ihrem Unglück waren der Herr sowie sie Schattentänzer. Nur er besaß die Macht ihren Geist zu beeinträchtigen. Sicherlich hatte er die Mauer errichtete und sie somit unschädlich gemacht als sie vor dem Schmerz in Alkohol geflüchtet war aber sie verstand nicht, warum er auch Jane und Jeff vor ihr verborgen hatte. Wenn sie sich nicht täusche hatte er zuerst die Erinnerungen an die Häuser und Devil unterdrückt und danach die an den Schicksalsschlag. Warum nur? In dem Zeitraum, in dem sie ihre Sorgen in einem Becher voll Wein ertränkt hatte war sie sehr schwach also muss es ihm wie ein Geschenk vorgekommen sein aber warum nur? Was verheimlichte er? Wenn sie sich nicht täuschte haben es nur fünf Individuen jemals geschafft unsterblich zu werden. Der Herr war ein großer, unbekannter Brocken weshalb sie ihn fürs erste ruhen lassen musste und sich erst später an ihm rächen konnte. Zuallererst würde sie Alex wegen der Verbindung zur Rede stellen. Danach würde sie in Erfahrung bringen, wer ihr Jeff auf den Hals gehetzt hatte, diesen bestrafen und, wenn sie Lust dazu hatte, würde sie die Jäger töten, die nach der offiziellen Ernennung ihrer Art zu einer eigenen Rasse, immer noch Jagt auf sie machten. Zum Schluss würde sie sich im Haus der Kraft wieder blicken lassen und sich wieder am Spiel beteiligen, nun hatte sie schließlich nichts mehr zu verlieren. Der Duft ihres Artgenossen wurde immer stärker. Schließlich fand sie ihn. Er schlummerte ruhig in einem Zimmer, dessen Fenster weit geöffnet war. Eigentlich sollte er es besser wissen und sein Fenster immer schließen. Lautlos hängte sie sich an das Dach und setzte ihre Füße auf dem Fensterbrett ab. Leicht gebeugt kletterte sie ins Innere. In dem Raum befand sich nur ein Nachttisch, ein Bett und ein Sessel. Unter der Decke machte sie die Umrisse von Alex aus. Langsam griff sie unter sein Kissen. Ihre Finger trafen auf kaltes Metall, er war so vorhersehbar. Lautlos schlich sie zu dem Stuhl und setzte sich auf diesen. Das Holz gab ein leises Ächzen von sich. Sofort wanderte seine Hand in der Dunkelheit zu seiner Waffe. "Begrüßt du Besucher immer so?", knurrte sie. Sofort setzte er sich auf, suchte in der Dunkelheit nach ihr und stotterte: "Arya, ich habe dich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Ich habe dich vermisst. Wie geht es dir?" Endlich fand ihr Blick den Seinen. "Nein", hauchte er und schluckte lautstark. "Gibt es die Verbindung noch?", fragte sie ohne auf seine Reaktion einzugehen. Nervös kratzte er sich im Nacken, mied ihren Blick und seufzte: "Ja. Unser Bund bestand aus zwei Bahnen. Eine führte von mir zu dir und die Andere von dir zu mir. Man kann nur die zerstören, die zu einem kommt. Du kannst nichts mehr von mir spüren aber ich alles von dir." "Zerstöre die Bahn!", fauchte sie bedrohlich leise und lehnte sich leicht nach vorne. "Nein", behauptete Alex sich: "Ich werde die Verbindung nicht beenden, ich liebe dich noch immer und kann es nicht ertragen nicht zu wissen, wie es dir geht." Ihr Brustkorb fing wieder an zu vibrieren. Sie würde seine Meinung nicht ändern können, dass hatte er schon oft genug bewiesen. Konzentriert atmete sie tief ein und aus. Jetzt musste sie auf ihren geheimen Trick zurückgreifen. Die Zeit verlangsamte sich, die Bewegungen von ihrem Gegenüber wurden langsamer bis sie schließlich vollstes erstarrten. Sie spürte, wie ihre Kräfte anfingen zu schwinden. Wegen dieser Fähigkeit war sie die beste Diebin, die je existiert hatte der Trick zehrte zwar an ihrer Kraft doch das war es ihr wert. Schnell sprang sie auf, schnappte sich einen Umhang mit Kapuze und einen Geldbeutel, die auf dem Boden lagen. Während sie lief klemmte sie sich den Beutel zwischen die Zähne und umfasste den weichen Stoff des Kleidungsstückes mit ihrer linken Hand. Ohne zu zögern sprang sie aus dem Fenster. Da die Häuser in diesem Viertel der Stadt sehr nah beieinander standen spürte sie kurz darauf eine Fassade an ihren Handtellern. Sofort stieß sie sich von dieser ab und landete auf den Dachziegeln der Villa. Es interessiertere sie nicht, warum er in diesem Stadtviertel nächtigte, weshalb sie nicht darüber nachdachte. Eigentlich konnte sie noch viel mehr doch sie hatte nie ihr wahres Potential ausgeschöpft. Warum eigentlich? Sie musste unbedingt besser werden, wenn sie an dem Spiel des Herren teilhaben wollte. Angeblich nahm der Namenlose ebenfalls an diesem Teil doch im Gegensatz zu dem Herrn kannten ihn nicht nur seine Verbündeten. Durch ihre zurückgekehrten Erinnerungen wusste sie nun auch, dass er nicht nur ein Schauermärchen ist. Nachdem sie bei der Mauer angelangt war ließ sie die Zeit wieder vorwärtslaufen. Erschöpft lehnte sie sich an den Schornstein und schnaufte. Ihre Lungen füllten sich nur langsam mit Luft und ihre Muskeln schmerzten, als wäre sie mehre Wochen langgelaufen. Das Einzige Geräusch in der Nähe war ihr Keuchen. Nach ein paar Minuten wurde ihre Atmung wieder gleichmäßiger. Seufzend richtete sie sich auf und schaute zu der Inneren Mauer hinüber. Ein paar Lichter brannten zwischen den Zinnen und ließen die Schatten tanzen. Sie würde jetzt sofort anfangen ihre Fähigkeiten öfter zu verwenden. Als nächstes wollte sie herausfinden, wer ihr das sogenannte Killertrio auf den Hals gehetzt hatte. Während sie verborgen im Schatten nachdachte kehrten immer mehr Erinnerungen zurück. Sie sollte im Messer anfangen. Dort versammelten sich zwar das Gesindel der Stadt wie Diebe und Mörder doch das war nicht der Grund. Der Eigentümer diente als Mittelsmann zwischen hoch angesehenen Personen und dem Gesindel, dafür steckte er einen Teil der Belohnung ein. An dem schicksalsschweren Tag war sie von einem Auftrag gekommen, dem sie von diesem übermittelt bekommen hatte. Fest entschlossen nickte sie leicht. Der Geldbeutel lag immer noch zwischen ihren Zähnen und schmeckte bitter. Lautlos breitete sie den Umhang aus und legte sich die Kapuze über die Ohren. Augenblicklich fühlte sie sich wieder eingeengt. Das Atmen fiel ihr schwerer und sie dachte erdrückt zu werden. Schon jetzt freute sie sich auf die Ernennung ihrer Art zu einer eigenen Rasse. Endlich würde sie ihren Raubkatzenschanz und ihre Ohren sichtbar tragen können. Im Dunkeln tastete sie den weichen Stoff ab. Nach ein paar Minuten spürte sie zwei Bänder, die in der Nähe des Halses angenäht waren. Leicht lächelnd verknotete sie die Enden vor ihrer Kehle und stülpte ihren Raubkatzenschanz unter ihr Oberteil. Der Stoff spannte sich an, verrutschte jedoch nicht. Danach nahm sie den Beutel aus ihrem Mund und klemmte ihn zwischen den Hosenbund und ihre Haut. Zufrieden mit dem Ergebnis schloss sie die Augen. Sie stellte sich vor, wie sie von oben aussah. Trotz geschlossener Lider sah sie nun die Stadt. Im fahlen Mondlicht schimmerte ihre Haut silbern. Sie sah von oben auf ihren Körper herab. Ohne weiter darüber nachzudenken wandte sie sich zur Inneren Mauer. Sie schwebte ein paar Meter über den Dächern. Sie hatte weder Arme, Beine noch einen Rumpf. Sie war ein körperloser Geist. Innerlich stellte sie sich ihr Ziel vor. Sie dachte an das bis zur Unerkennbarkeit verwitterte Holzschild in Form eines Messers, die massive, unscheinbare Holztür, die verdreckten Fenster und das sanfte Licht, dass durch diese fiel. Die Farben um sie herum zerflossen. Unter ihr bildete sich eine farbenfrohe Lache, die sich kurz darauf wieder erhob. Kurz darauf befand sich ihr Geist in einer leeren Straße. Vor ihr erhob sich die Kneipe. Um sicher zu gehen, dass sich niemand in der Nähe befand flog sie ein paar Meter in die Höhe. Sie konnte nur die Schatten von Ratten ausmachen, die sich an dem Müll bedienten. Konzentriert dachte sie wieder an ihren Körper. Arya spürte ein leichtes Ziehen. Ihr wurde Energie abgezogen. Sie wurde schwächer. Die Welt fing an sich um sie herum zu drehen. Die Farben verschmolzen zu einem einzigen Streifen. Als sie wieder klar sehen konnte stand sie vor dem Messer. Der Duft von Salzwasser stieg ihr in die Nase und diese fing an fürchterlich zu jucken. Wie lange war sie schon nicht mehr hier gewesen? Mindestens fünf Jahre. Vielleicht fand sie heraus, warum der Herr diese bestimmten Erinnerungen von ihr getrennt hatte. Mit festem Schritt ging sie auf die Holztür zu. Der Geruch von Bier, gebratenem Fleisch, abgegriffener Goldmünzen und Angst stieg ihr in die Nase. Berauscht sog sie den Duft in sich auf. Ein Hauch Verzweiflung mischte sich zu den anderen Gerüchen. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Ihre Reißzähne blitzten auf. Nach ein paar Sekunden legte sie ihre Hand auf den verrosteten Türgriff. Die silberne Farbe blätterte von diesem ab. Durch die Tür drangen schallende Lieder von Betrunkenen, leise Besprechungen zwischen Auftraggeber und Dieb, das Klimpern von Münzen und das Scheppern von Glas. Entschlossen legte sich ein finsterer Ausdruck auf ihr scharfes Gesicht. Sie ließ ihre Augen wieder zu schwarzen Löchern werden. Jetzt durfte sie nur nicht wütend werden. Mühelos öffnete sie die Tür. Die Scharniere quietschten verräterisch und einige Blicke richteten sich auf die sich langsam öffnende Tür. Mit festem Schritt betrat sie den dahinterliegenden Raum. Runde Holztische standen überall im Raum verteilt. An jedem saß mindestens eine Person. Sie konnte Zwerge, Gnome und natürlich Menschen erkennen. Die Orks ließen sich nicht dazu herab mit anderen Lebensformen zu kommunizieren und die Elfen waren zu eitel für ein solches Etablissement. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss. Langsam verstummten die Gespräche in dem Raum. Nur selten wurden hier Frauen gesehen, vor allem solche, die solch wertvolles Gewand trugen. Die Wände zeugten von zahlreichen Prügeleien, die hier stattgefunden hatten. Hinter dem Tresen stand ein pummeliger, älterer Herr mit einer glänzenden Glatze. Er wirkte harmlos doch er hatte sich ein Geschäft aufgebaut, in dem mehr Illegales vor sich ging als Rechtes und das nur mit Grips und Verstand. Abschätzend musterte er sie von oben bis unten. Der Weg zu dem Tresen war frei. Mit gehobenem Kinn marschierte sie über die leicht morschen Holzdielen. Mittlerweile war jedes Geräusch in dem Raum verstummt. Diebe und Mörder waren unauffälliger gekleidet, Auftragsgeber ebenso, es musste ein Schock für die Anwesenden sein, sie hier zu sehen. Alle Blicke waren auf sie gerichtet. Ihr Umhang blähte sich leicht auf. Der Besitzer hörte auf eines der Biergläser mit einem schmutzigen Lappen zu putzen und stellte dieses beiseite. Geduldig wartete er, bis sie bei ihm ankam. Sie musste unbedingt herausfinden, wer ihr ihren letzten Auftrag gegeben hatte. Arya war als die Katze bekannt gewesen, eigentlich Ironie des Schicksals, natürlich nur wenn man an etwas Derartiges glaubte. Sie war die Beste, was auch an ihrer Fähigkeit die Zeit anzuhalten zurückzuführen war. Diebe und Mörder bekamen ihre Spitznamen von der Allgemeinheit. Sie zum Beispiel hatte diesen Namen bekommen, weil sie flink, schnell und geschmeidig stahl und dabei nicht erwischt wurde und auch keine Spuren zurückließ. Während sie mit den anderen beiden zusammen gewohnt hatte wollte sie diese nur ernähren doch mit der Zeit machte ihr dieser Job immer mehr Spaß und schließlich übernahm sie sich, weshalb vielleicht auch das Killertrio nach ihr geschickt wurde. Davor haben auch schon viele Kopfgeldjäger auf sie Jagd gemacht, weil auf ihren Kopf eine unsagbare hohe Summe ausgesetzt war, tot oder lebendig, doch kaum einer von denen hatte überlebt und die, die es getan haben, waren nicht mehr in der Lage ein Wort über sie zu verlieren. Als sie an der Theke ankam musste sie sich von ihren Gedanken losreißen. "Hey, Kleine", sagte der Barkeeper unsicher und laut, sodass es jeder in der totstillen Kneipe hören konnte: "Du kommst nicht von hier, dass sieht man an deiner Kleidung obwohl die Narbe nicht dazu passt, deshalb gebe ich dir einen nett gemeinten Rat. Dieser Ort ist nicht für solche wie dich, du solltest umkehren und zurück in deine Villa oder so gehen, wenn dir dein Leben lieb ist." Zustimmendes Gegröle ertönte und Gelächter schallte durch den Raum. Nach ein paar Sekunden verstummte dieses jedoch wieder, da jeder auf ihre Antwort erpicht war. "Ich rate dir mich nicht herauszufordern", murrte sie, heute war sie nicht mehr in der Lage auch nur ein höfliches Wort von sich zu geben. "Was willst du denn machen? Die Stadtwache hohlen, dass ich nicht lache!", schnaubte ihr Gegenüber. Das Gesindel fing an dröhnend zu lachen und der Rest schaute verängstigt in alle Richtungen. Der Besitzer der Gaststube hielt sich vor Lachen den schwabbelnden Bauch. Wütend verenge sie ihre Augen zu Schlitzen. Die würden sich noch wundern, wenn sie kundtat, wer sie war. Vergnügt prosteten sich ein paar der Anwesenden zu und tranken unbekümmert von ihrem Bier. Ihr Gegenüber wischte sich eine Lachträne aus den Augenwinkeln und blickte vergnügt zu ihr. Nach einer Weile wurde ihr das Gelächter zu viel. Missbilligend schüttelte sie ihren Kopf und schnalzte mit der Zunge. Langsam beruhigten sich die Anwesenden wieder und warteten schmunzelnd auf ihre folgenden Wörter. Mit kalten Augen fixierte sie den Inhaber. Ein leichter Schweißfilm hatte sich auf seiner Stirn gebildet und seine Schultern bebten noch amüsiert. 'So solltest du nicht mit einer alten Bekannten umspringen", knurrte sie leise, augenblicklich erstarben die meisten Lächeln und eine unangenehme Stille senkte sich über den Raum. Zufrieden beobachtete sie, wie sich die Stirn ihres Gegenübers in Falten legte und er krampfhaft überlegte. "Ich habe noch eine Rechnung mit dir offen", erklärte sie weiter ohne ihren Blick von ihm zu nehmen. Die Farbe fing an sich aus seinem Gesicht zu verflüchtigen und er schluckte schwer. "Warum denn?", fragte er mit zitternder Stimme. Er knetete seine Hände nervös und trat besorgt von einem Bein auf das Andere. Ein schiefes Grinsen breitete sich auf ihren Lippen aus, dass einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Geschockt wich er einen kleinen Schritt zurück und starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an. "Du musst nur eine kleine, goldene Hundestatue stehlen", wiederholte sie verächtlich seine Worte: "Ein Anonymer will sie haben, er sagt, dass es nicht allzu viele Fallen gibt. Wenn du die Statue hast bringst du sie einfach hier her und dann bekommst du deinen Lohn." Der Besitzer erbebte. Seine Hand zitterte schwer und wanderte zu seinem Mund. "Ich dachte du bist tot! Ich wusste nichts von diesem Ortungszauber, ehrlich. Sie haben mir es erst gesagt, als es schon zu spät war, ich hätte dich gerne gewarnt aber du warst schon weg. Bitte, du musst mir glauben! Ich werde alles tun, was du von mir verlangst, alles!", versuchte er sich zu erklären. "Spar dir deine miesen Entschuldigungen und schweig!", fuhr sie ihn an. Sie knallte ihre Handfläche auf die Holztheke, sie konnte hinterhältige Personen nicht leiden. Mit tiefer Genugtuung beobachtete sie, wie er zurückzuckte. Zufrieden richtete sie sich wieder gerade auf und fuhr gelassen fort: "Du weißt, was mit Leuten passiert, die mich hintergehen. Ich gebe dir ausnahmsweise eine Chance zu überleben." In der Kneipe war es still. Jeder versuchte aus ihren Worten schlau zu werden. "Ich tue alles", beteuerte ihr Gegenüber während er heftig nickte. Seine Speckfalten begannen zu schwabbeln. Gerade als sie ihre Bedingungen aussprechen wollte ertönte wieder das Knarren der Tür. Ohne sich umzudrehen wusste sie, wer den Raum betreten hatte. Sein Duft strömte durch die Kneipe. Stampfend bewegte er sich bis zur Mitte des Raumes. Die Tür fiel wieder ins Schloss, sonst war es totenstill. Alexander stand hinter ihr, seine Hände waren zu Fäusten geballt und er ließ sie neben seinem Körper hängen. Er kochte vor Wut. Seine Ohren wurden durch eine Dienstbotenmütze verdeckt und er trug ein faltiges, weißes Wams und dazu eine braune Wildlederhose. Er bebte leicht, sein Gesicht war etwas rötlich. Die Blicke der Anwesenden schweiften von ihr zu ihm doch sie machte sich nicht einmal die Mühe sich umzudrehen.

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