Prolog

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Er zieht sie sanft aber bestimmt mit sich und drückt ihr eine Hand auf den Mund, damit sie ihn nicht verrät. Sobald die Schritte verklingen, löst er seine Hand wieder von ihr, hält seinen Arm allerdings weiter fest um ihre Hüfte geschlungen.

"Was tust du hier?", platzt es sofort aus der Teenagerin heraus.
"Ich hatte Sehnsucht nach dir", ein breites Grinsen erscheint auf seinen Lippen.

Sie rollt mit den Augen und schnaubt verächtlich: "Versuch es gar nicht erst." Sie befreit sich aus seinem Griff, streicht ihren blau-roten Rock glatt und richtet das weiße Band, das sie gezwungenermaßen um ihren dunklen, hohen Zopf gebunden hat.

Tatsächlich kennen sie sich nur flüchtig und es gefällt ihr nicht, dass er da ist. Er macht sie nervös und ruft in ihr die Angst hervor, erwischt zu werden. Würde er im Schulgebäude - oder noch schlimmer in ihrem Zimmer - erwischt werden, würde nicht nur er, sondern auch sie die Hölle heiß gemacht bekommen.

Denn das ist eine reine Mädchenschule und die Lehrer sind hier besonders streng. Und sie wird es sicher nicht riskieren wegen eines Typen wie ihm rausgeworfen zu werden. Zumal er gar nicht ihretwegen hier ist und ihr Zimmer irgendwie immer als Versteck nutzen muss, nachdem er mit irgendeinem anderen Mädchen rumgemacht hat.

"Ach komm schon", er lässt sich, ohne zu fragen, auf ihr Bett fallen: "Du hast mich insgeheim doch gerne hier."

"Träum nicht", sie öffnet ihr Zimmerfenster, damit er herausklettern kann, sowie er es schon die anderen fünfmal gemacht hat.

Er sucht in ihrem Bett herum und stößt auf den weißen Teddybären, den sie eigentlich vor allen zu verstecken hat, als würde er ihr gar nicht zuhören. Augenblicklich wird sie rot. Schließlich ist man mit sechzehn Jahren doch eigentlich schon viel zu alt dafür.

"Es ist okay mich zu mögen", er umfasst mit beiden Händen die Vordertatzen des Bären und winkt ihr dann mit einer Tatze zu: "Ich bin liebenswürdig."

Schnell nimmt sie ihm das Stofftier weg und schnauft genervt: "Ja klar."

"Entspann dich, Baby", er mustert sie von Kopf bis Fuß: "Dann wird das Leben viel leichter. Vertrau mir!"

Dieses Mal hat sie wirklich mit sich zu kämpfen, um nicht mit den Augen zu rollen: "Nenn mich nicht so."

"Wie soll ich dich dann nennen?", hakt er nach und scheint dieses Mal sogar wirklich interessiert zu sein.

"Ich wüsste nicht, was dich das angeht", sie verschränkt die Arme vor der Brust und versucht ihn von ihren Bett hochzuziehen, doch er bleibt standhaft und macht sich extra schwer.

"Ich will ja wissen, wie die Mädchen heißen, in deren Zimmer ich mich schleiche", er wackelt mit den dunklen Augenbrauen.

Genervt seufzt sie auf: "Gehst du endlich, wenn ich dir sag, wie ich heiße."

"Vielleicht", er zuckt, mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen, mit den Schultern.

Als sie ihn mit einem ernsten Blick bedenkt, seufzt er: "Ja, gut. Wenn du es mir sagst, gehe ich." Sie atmet erleichtert aus und die Anspannung, die sie bis gerade gespürt hat, fällt von ihr ab. Zu ihrer Überraschung steht er sogar auf, bevor sie antworten kann und kommt langsam auf sie zu.

Er kommt ihr immer näher und bleibt nur wenige Zentimeter von ihr entfernt stehen. Wie automatisch weicht sie ein paar kleine Schritte zurück. Als er das bemerkt, grinst er breit.

"Also, raus damit", er streicht ihr eine lockere Strähne aus dem Gesicht. Sie schluckt kurz, hebt den Kopf dann aber selbstbewusst: "Ich heiße Natalie."

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