86|„Weil sie es wert ist."

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„Ich verstehe das nicht.", sagte ich leise und trat einen Schritt zurück,„Aber nur zu. Renn Alissa hinterher." Er machte einen Schritt auf mich zu, doch hielt die Luft an und ging in die andere Richtung und ließ mich zurück.

~

Ich hatte überhaupt keine Lust mehr zu spielen, also machte ich mich auf den Weg zu den Umkleiden. Wer wusste schon wo Kenan sie nun tröstete, als wäre sie seine Freundin und nicht ich.
Wieso war er so ein Vollidiot? Er konnte doch nicht zu ihr gehen? Sie musste doch verstehen, dass sie ihn niemals kriegen würde, aber durch dieses Hinterherlaufen wirkte es komplett anders.

Genervt trat ich durch die Tür und riss meine Weste von mir und wollte sie auf die Bank schmeißen, doch hörte ein Schniefen.

„Wieso hast du mich nie geliebt?", wimmerte Alissa und ich hielt die Luft an. Sie waren hier. Kenan folgte ihr in die Umkleide? In die verdammte Umkleide. Ich war sowieso wütend und jetzt das.
Kenan seufzte und ich näherte mich den Spinden, die uns trennten.
Weder sie sahen mich noch ich sie.

„Gefühle kann man nicht kontrollieren Alissa.", sagte Kenan ruhig,„Und die Vergangenheit kann man auch nicht ändern." Sie schluchzte und es kam ein gedämpftes, zweites Mal. Entweder presste sie ihre Hand auf den Mund oder Kenan umarmte sie. Nein. Sie hielt sich den Mund zu.

„Deine Therapie verlief doch gut.", redete er sanft weiter,„Deine Mutter hat auch gesagt, dass es dir viel besser ging und du ein fröhlicherer Mensch warst. Die paar Monate dort hatten dir doch geholfen." Sie weinte nun leise und ich biss mir auf die Finger um nicht laut aufzuschreien.

„Wieso willst du mich überhaupt?", fragte Kenan und ich hielt mich wirklich zurück, dass ich keinen Mucks rührte,„Ich habe dir nie etwas gutes getan. Wir waren Freunde und dann haben wir miteinander geschlafen. An dem Morgen hatten wir gestritten erinnerst du dich? Ich habe dir die Schuld gegeben und dich fertig gemacht. Danach habe ich dich nicht einmal angesehen, also wieso hast du dich verliebt?" Sie schniefte, doch antwortete nicht. Dabei wollte auch ich eine Antwort erhalten. Wieso zur Hölle wollte sie ihn, wenn er doch so ein Arschloch war?

„Dir fällt nichts ein, weil es eben keinen Grund gibt mich zu lieben.", schlussfolgerte er und sie gab ein gequältes Geräusch von sich.

„Wieso hast du sie gewählt?", zitterte ihre Stimme,„Ich hätte alles für dich getan, aber sie macht dich unglücklich. Du bist durch so viel Scheiße gegangen und tust es immer noch. Und das nur für sie." Ruhig atmete ich aus, obwohl es wirklich sehr schwer war. Ich sah sie nicht einmal und es machte mich verrückt ihre Stimmen zu hören, doch nicht sehen zu können ob sie saßen, standen, sich im Arm hielten, Abstand zueinander hatten, sich ansahen und sonst was.

„Weil sie es wert ist.", antwortete er und ich hielt wieder den Atem an,„Ich liebe Seren. Unglaublich sehr und bestimmt werde selbst ich nie verstehen wie viel ich für sie tun würde, aber so ist es. Seren macht mich nicht unglücklich. Im Gegenteil. Sie lässt mich ich sein und bei ihr fühle ich mich einfach frei von allem. Das was mich unglücklich macht sind die Probleme anderer, die auf uns lasten, aber nicht sie." Er machte eine kurze Pause und kein Mucks ertönte.

„Und das musst du akzeptieren und respektieren Alissa.", beendete er seine Aussage,„Ich werde dich niemals lieben. Das habe ich dir schon viel zu oft gesagt und langsam musst auch du es leid sein, das zu hören. Wir beide sind nicht füreinander geschaffen. Ich bin nicht der Mann, der an deiner Seite stehen wird."

„Aber ich will, dass du dieser Mann wirst.", murmelte sie leise was Kenan und mich zum seufzen brachte. Sofort schlug ich die Hand vor den Mund und wartete etwas, doch sie schienen es nicht gehört zu haben.

„Man kriegt nicht alles was man will.", meinte er und schien aufzustehen, da das Knarren der Bank ertönte, was bedeutete, dass sie vorher saßen,„Ich meine es ernst, wenn ich sage du solltest wieder zu deiner Therapeutin. Du hast schon viel zu viele Jahre auf mich verschwendet." Ich eilte zur Tür hinaus und versteckte mich an der Ecke.

Vorsichtig sah ich rüber und Kenan ging, mit dem Rücken zu mir, wieder hinaus. Es dauerte zwei Minuten bis auch Alissa hinauskam und sie war total blass im Gesicht. Sie ging ebenfalls hinaus und ich trat in die Umkleide. Schnell zog ich mich um und packte all meine Sachen.
Den Anzug gab ich vorne ab und verabschiedete mich.

Als ich die Busstation erreichte klingelte mein Telefon. Kenan rief mich an. Ich seufzte und lehnte seinen Anruf ab um ihm eine Nachricht schreiben zu können.

»Alles gut. Ich gehe nachhause. -Seren«

Er las es, doch antwortete nicht darauf. Ich hatte gar keine Ahnung was ich nun von dieser Sache halten sollte. Es störte mich, extrem!
Aber wegen seinen Worten konnte ich nicht wütend auf ihn sein. Wie auch? Er sagte Alissa wie sehr er mich liebte, das sänftigte mich total, aber dennoch ging er ihr hinterher und versuchte mit ihr zu sprechen.
Wie oft musste er es denn noch tun, um zu verstehen, dass es nichts nützte?

Kenan hätte bei mir bleiben sollen, dann wäre nun alles gut.
Aber stattdessen ging er zu ihr. Ich war verwirrt. Seine Worte hatten mich beruhigt, aber die gesamte Situation beunruhigt.

Ich setzte mich in den Bus und entknotete meine Kopfhörer, während mein Telefon auf meinem Schoß vibrierte.

»Okay. Ich liebe dich. -Kenan«

Kenan hat seinen halben Arsch gerettet, he
Wie würdet ihr eigentlich mit einem Psycho-ONS umgehen? Ich glaube ich hätte ihr mehr als einmal eine reingehauen hahaha
Wie sollten langsam Enisas Schwester kennenlernen findet ihr nicht? 😏

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