48 | Charakteranzahl [S]

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Hallo ihr Lieben,

Eigentlich sollte ich mich jetzt langsam wirklich mal für eine Uni entscheiden, aber weil Blogschreiben so viel schöner ist, tue ich das natürlich stattdessen.

Vor einigen Tagen habe ich einen Kommentar von der lieben peniku gesehen, der mich zum Nachdenken anregte. Sie schrieb sinngemäß, dass es sie überfordern würde, wenn im ersten Kapitel bereits zehn verschiedene Charaktere auftauchen würden, deren Namen man sich als Leser direkt merken muss.

Ich stimme ihr total zu und gehe sogar soweit, zu behaupten, dass das eine der größten Fehler ist, die man als Autor im ersten Kapitel begehen kann.

Denn damit überfordert man die Leser total, woraufhin sich diese nicht wirklich dazu angeregt fühlen, weiterzulesen. Statt Neugierde wecken wir Panik und Gleichgültigkeit, denn zu zehn namentlichen Personen eine Beziehung aufzubauen ist gleich viel schwerer als nur zu zwei bis drei Charakteren.

Wichtig ist hierbei, dass ich natürlich nur Charaktere mit Namen meine, also keine Gruppen, die mal kurz erwähnt werden, wie zum Beispiel zehn Schüler, die an den Charakteren vorbeilaufen. Wenn das in einem Satz angesprochen wird, denkt man natürlich nicht weiter darüber nach.

Wir reden also in meinem Beispiel schon von Personen, die zumindest alle einen kurzen Auftritt haben.

Wie viele Charaktere sind zu viele Charaktere in einem Buch?

Es ist eine dieser berühmten Diskussionen beim Schreiben, auf die es wahrscheinlich gar keine eindeutige Antwort gibt.

Natürlich hängt das auch von vielen Faktoren ab: Reden wir über einen Einteiler oder eine ganze Reihe? ‚Harry Potter' wird beispielsweise sicherlich mehr Charaktere haben als ‚Das Schicksal ist ein mieser Verräter'.

Jeder wird sehr wahrscheinlich eine etwas andere Sichtweise haben, gute Argumente für seine Denkweise und das ist an sich erst einmal auch völlig in Ordnung. Solange es funktioniert, sollte beim Schreiben alles erlaubt sein.

Für mich gilt die Faustregel: Je mehr Charaktere in einem Buch, desto komplexer wird es für den Leser, die Charaktere unterscheiden zu können. Man muss also aufpassen, dass man sie nicht überfordert.

Das ist mir bei der Serie Game of Thrones passiert, wo so viele Charaktere immer wieder hinzukamen oder starben, dass ich die Namen und Charaktere nicht mal mehr auseinanderhalten konnte. Die Konsequenz daraufhin war, dass ich die Serie eben nicht weitergeschaut habe.

Genau da solltet ihr also aufpassen: Überfordert die Leser eurer Bücher nicht mit zu vielen Charakteren. Wählt lieber genauso so viele, wie die Geschichte mindestens braucht und keinen mehr. Jeder Charakter muss eine Berechtigung in eurem Buch haben und für den Plot beziehungsweise Subplot Sinn ergeben.

Wie viele Charaktere darf ich im ersten Kapitel haben?

Denken wir an den Leser. Ihm ist noch alles fremd, alles neu, er hat absolut keine Ahnung über die Geschichte, die wir erzählen wollen. Jeder Charakter ist ihm unbekannt und je mehr von ihnen auftauchen, desto mehr muss er in kürzester Zeit verarbeiten. Wir wollen aber, dass er bestenfalls schon eine Verbindung zur Geschichte, zum Plot und den auftauchenden Personen aufbaut. Je mehr Personen zugegen sind, desto schwieriger wird genau dies für den Leser.

Stellt es euch doch einfach mal so vor:

Ihr kommt in einen Raum von Menschen, von denen ihr noch keinen kennt. Nehmen wir an, es ist eine Geburtstagsparty. Bei einem gemütlichen Kaffeetrinken mit zwei oder drei Personen kann man sich wirklich gut unterhalten mit jedem. Vier bis fünf Personen werden schon schwieriger, einige sitzen zu weit entfernt, man verwechselt vielleicht einen Namen und es ist allgemein schwieriger, mehr über jeden zu erfahren. Die Zeit ist begrenzt und je mehr Leute dort sind, desto weniger Zeit hat man für jeden. Man kann keinen wirklich kennenlernen. Je mehr Personen es werden, desto weniger Bezug baut man zu jedem auf. Vielleicht hält man sich an 2-3 und lernt die anderen auch gar nicht kennen. In jedem Fall ist hier die Gefahr viel größer, dass man überfordert ist.

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