99|„Es tut mir leid, aber ich liebe dich."

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„Okay. Wir sehen uns noch.", verabschiedete ich mich von ihr und strich kurz, doch sanft über ihr Haar ehe ich hinausging.
Ich spürte noch Ellas Blicke in meinem Rücken, doch erst als ich in meinem Auto saß fiel mir ein, dass sie es Seren erzählen würde.
Na super.

~

Seren

„Ich will Zimtschnecken!", jammerte ich und hielt den Einkaufswagen zurück. Mein Vater legte grinsend einen Arm um mich und ich sah meine Mutter mit erhobener Augenbraue. Sie seufzte und zeigte auf mich.

„Du bist dreiundzwanzig!", merkte sie an,„Aber führst dich auf wie eine dreijährige. Wir kaufen woanders Zimtschnecken. Die sehen nicht lecker aus." Sie zog am Einkaufswagen, dass wir uns weiterbewegten, aber ich zog wieder daran.

„Ich will aber diese hier.", protestierte ich. Meine Mutter sah zu meinem Vater, der langsam die Luft ausließ und sie entschuldigend ansah. Sie verdrehte die Augen und deutete mir, dass ich die Zimtschnecken nehmen sollte.
Freudig legte ich mir zwei in eine Tüte und legte sie in den Einkaufswagen.

Es war so lange her, dass ich mit meinen Eltern gemeinsam einkaufen war. Der einzige Grund wieso ich es auch jetzt tat war, weil ich nicht mit der Bahn fahren wollte. Heute Morgen um acht hatte ich nur einen kurzen Seminar und meine Eltern waren in der Nähe, dass sie mich mitnahmen und wir jetzt gemeinsam einkauften.
Ich fühlte mich, als hätte ich ein Stück meiner Kindheit wieder. Mit einem Lächeln sah ich dabei zu wie meine Mutter sich das Gemüse ansah, mit einem sehr skeptischen Blick und mein Vater dabei war wahllos irgendetwas zu nehmen. Was den Einkauf betraf war meine Mutter wie eine böse Königin.
War es nicht perfekt, kam es nicht mit.
Ganz einfacher Spruch, aber schwere Umsetzung.

Sie fingen an zu diskutieren ob die Äpfel auch wirklich schon genießbar waren. Ich starrte in unseren Einkaufswagen und meine Gedanken schweiften wieder zu Kenan.
Gestern konnten wir nicht telefonieren, was wirklich blöd war. Ich wollte ihm doch davon erzählen, dass Enes bei mir war, aber er und Serdar schienen mit dem Lernen nicht aufzuhören. Heute morgen hatte ich noch eine Nachricht von gestern Abend gesehen, in der er fragte ob ich noch wach wäre.
War ich nicht.

Aber heute würden wir telefonieren.
Eigentlich würde ich ihn auch gerne sehen, aber er wollte heute den ganzen Tag lang in der Bibliothek hocken. Ich freute mich riesig darauf, wenn er endlich seinen Abschluss hätte und dieses Lernen nicht zwischen uns stehen würde. Heute könnte ich ebenfalls mal in meine Unterlagen schauen. Schließlich schrieb ich auch Examen.

Nach einer halben Stunde bezahlten wir den Einkauf und fuhren über den Parkplatz. Ich schob es an und meine Eltern gingen neben mir her.

„Erkan arbeitet wirklich super.", lobte mein Vater ihn und ich nickte zuversichtlich,„Er geht richtig professionell an alles ran und ist auch fleißig."

„Ist doch super. Ich wusste, dass Erkan der perfekte Anwalt wäre.", meinte ich und wir kamen an unserem Auto an. Mein Vater öffnete den Kofferraum und meine Mutter bückte sich zum Einkaufswagen.

„Er wäre auch bestimmt ein toller Ehemann.", warf meine Mutter ein und ich zuckte mit den Schultern. Höchstwahrscheinlich. Nein auf jeden Fall. Erkan wäre bestimmt der perfekte Mann. Mein Vater sah flüchtig zu meiner Mutter.

„Da bin ich mir sicher.", stimmte ich zu und reichte ihr die Einkaufstüte,„Erkan kann eigentlich gar nicht so perfekt sein. Er muss doch irgendein schmutziges Geheimnis mit sich tragen." Mein Vater grinste und gab mir einen Kuss auf die Schläfe. Wofür war das? Ich sah ihn verwirrt an, doch grinste ebenfalls.

„Lass den Mann in Ruhe perfekt sein.", witzelte meine Mutter und ich schob den Einkaufswagen zurück, dass sie den Kofferraum wieder schließen konnten,„Bring den bitte weg." Meine Eltern stiegen in das Auto und ich fuhr mit dem Einkaufswagen in die andere Richtung. Summend ging ich über den Parkplatz und schob den Einkaufswagen hinter die anderen.

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