Kapitel 21

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-Camberlynne-

"Glaub mir, der Spielemacher ist ein schwacher Gegner. Wir sind schlauer als er",meinte Camberlynne zu Luke. Beide befanden unter Deck, während die anderen oben waren.
"Vorsicht, Cam. Vielleicht will er das du genau das denkst. Woher willst du eigentlich wissen, dass es ein Mann ist?",fragte er sie.
"Nur so ein Gefühl." Sie zuckte mit den Schultern.

Auf einmal ertönte wieder das Klingeln. "Komm, lass uns wieder zu den anderen gehen",fügte sie hinzu. Nicht, dass sie auf die Idee kommt wieder an die Kopfhörer zu gehen. Sie wollte nicht manipuliert werden, deswegen ging sie auf Nummer Sicher. Je früher sie bei den anderen war, desto besser, schließlich war man zusammen immer stärker.

"Warte!",rief Luke, als sie schon auf dem halben Weg nach oben war. "Ich muss dir etwas Wichtiges sagen. Du musst es wissen, wenn ich hier draufgehe."

"Was?",hakte sie nach. Was verbag Luke vor ihr? Ein weiteres Klingeln.
"HILFE!",hörte sie jemanden über ihr schreien. Nein, eher neben ihr. War jemand ins Meer gefallen? Sie sollte da oben sein und helfen. Luke hielt sie gerade nur davon ab, den Spielemacher fertig zu machen, indem sie den anderen half.

"Also, ich...",brachte er hervor und machte dann eine Pause. Das kam Camberlynne gerade recht.
"Hör mal, alles, das du zu sagen hast, kannst du mir auch gleich noch sagen. Aber die anderen brauchen mich",ratterte sie herunter und begab sich dann nach oben.

Auf dem Deck entdeckte sie Ashton im Wasser. Das nächste Klingeln. Dann überschlugen sich die Ereignisse. "Ich rette dich!",versprach Abigail dem scheinbar von der Strömung erfasstem Ashton. Kopfüber sprang sie ins Wasser.

Gerade als Camberlynne dachte, was das für eine dumme Idee das von ihr war, brüllte Luke: "Weg da, Aves!" Er schupste sie von der Stelle, an der sie gerade noch gestanden hatte. Eine Sekunde später traf ihn eine Drohne, die sich im Sturzflug befanden hatte und an der eine scharfe Klinge befestigt war, direkt in den Oberkörper. Hätte er das nicht gemacht, hätte Aves sie abbekommen.

Camberlynne war geschockt und wie eingefroren. "ICH SCHAFF'S NICHT, BITTE HELFT UNS!", gellte Abigail mit ihrer hohen Stimme aus dem Wasser. Um das alles noch zu toppen, ertönte wieder das Klingeln.

Sie schaute um sich. Luke war auf den Boden gestürzt, Blut strömte aus seiner Wunde. Im Meer hielten sich Ashton und Abigail an einem Felsen fest, aber die Strömung schien sie jeden Moment mitreißen zu wollen.
So viel zum Überleben. Wenn das Überleben ohne den Spielemacher so aussah, dann... waren sie doch auf ihn angewiesen. Auch wenn er wahrscheinlich selber die Drohne geschickt hatte, war er der Einzige, der verhindern konnte, dass Luke starb.

Deswegen rannte sie wieder nach unten. Bevor das fünfte Klingeln erklang, setzte sie sich wieder die Kopfhörer auf.
"Hilf uns",verlangte Camberlynne von ihm. Keine Antwort. Jede verschwendete Sekunde konnte Lukes Tod verursachen. "Bitte",bettelte sie.
Endlich hörte sie etwas von ihrem Gegenüber. Ein Lachen. Ihn belustigte ihre Verzweifelung. Hatte Camberlynne das nicht kommen sehen? Sie dürfte nicht überrascht sein, jedoch war sie es. Scheinbar hat sie das getan, von dem sie wusste, dass sie es nicht hätte tun sollen: Den Spielemacher zu unterschätzen.
"Na gut, vielleicht bin ich gewillt, dir zu helfen",antwortete er endlich. "Aber voher musst du... du weißt schon..."
Natürlich wusste sie, was er meinte. "Es tut mir leid. Ich werde die nächsten Anweisungen immer befolgen und, wenn du willst, die Kopfhörer aufsetzen." Klar, dieser Schwur war ein gewaltiger Schlag gegen ihr Ego. Jedoch ging es in diesem Moment um Lukes Leben, deswegen spielte nichts anderes momentan eine Rolle.
"Das hört sich doch schon besser an",neckte der Spielemacher sie.

"Na los, sag mir wie ich ihn retten kann. Sonst verblutet er",forderte Camberlynne und spürte, wie die Tränen in ihren Augen brannten. Sie wollte nachdem sie Charlie verloren hatte, nicht auch noch Luke verlieren. Die beiden waren für sie da gewesen als Aves es nicht mehr war. Wie sollte sie denn ohne ihre Freunde auskommen?

"Na gut, da du jetzt deinen Fehler eingesehen hast, gebe ich dir eine Chance, um deinen Freund noch vor dem sicheren Tod zu bewahren."

Während er ihr das verkündete, ging sie mit den aufgesetzten Kopfhörern wieder aufs Deck. Sie wollte Luke in dem Moment helfen, in dem sie eine Lösung für das Problem hatte und musste deswegen vor Ort sein.

Da lag er. Die Drohne mit der Klinge war längst wieder weggeflogen, also war der Blutfluss der tiefen Wunde nun ungestoppt. Luke war deswegen inzwischen bewusstlos. Aves, Alessia und Matthew versuchten ihr Bestes, um die Blutung zu stoppen, jedoch waren sie nicht wirklich erfolgreich. Ohne die Hilfe des Spielemachers wäre es wie gesagt sein sicherer Tod, das war klar.

"Okay, du kannst Luke retten. Ich werde dir das Nötige schicken, um ihn zu verarzten. Aber nur, wenn du zulässt, dass Ashton und Abigail sterben. Jedoch kannst du auch sie retten, wenn du Luke sterben lässt."

"Ein moralisches Dilemma, was?",stellte Camberlynne sachlich fest. Entweder sie rettete ihren jetzt einzigen besten Freund Luke, der immer für sie da gewesen war, der sich alle ihre Sorgen angehört und sie oft getröst hatte, der sich für Aves geopftert hatte und der immer auf der guten Seite gewesen war, oder sie half Ashton und Abigail, einem Drogenabhängigen und einem It-Girl, an die sie unter anderem Aves verloren hatte und die sie eh nie wirklich leiden konnte.

"Wie entscheidest du dich?",hörte sie die Stimme fragen. Eigentlich sollte ihr die Wahl nicht schwer fallen. Rein logisch gesehen sind zwei Leben mehr wert als ein Leben. Dazu käme, dass Ashton und Abigail auf jeden Fall überleben würde, aber Luke sicherlich einen Arzt brauchte, um zu überleben. Außerdem war sie sich sicher, dass der Spielemacher damit rechnete, dass sie Luke rettet, obwohl noch so viel dagegen sprach.

Er kannte sie wohl zu gut. Sie konnte Luke nicht sterben lassen, er würde dasselbe für sie tun. Diese beiden anderen bedeuteten ihr nichts, mit ihren Toden würde sie klarkommen. Aber wie sollte sie denn ohne Charlie und Luke weiterleben? Sie waren alles, was ihr geblieben war, ohne wäre sie nur wieder das Häufchen Elend, das sie war, nachdem Aves sie alleingelassen hatte.

"Luke",verkündete sie dem Spielemacher, "Ich entscheide mich für Luke!"
"Das werden die anderen aber nicht gerne hören...",entgegnete die Stimme.
"Ich weiß",murmelte sie und musste dabei zusehen, wie die Drohe, die auf Luke eingestochen hatte jetzt mit hoher Geschwindigkeit auf Abigails Kopf zuraste. Camberlynne konnte aus der Entfernung nur viel Blut erkennen, jedoch muss sie diese Verletzung getötet haben. Ashton wurde an einer ähnlichen Stelle getroffen wie Luke, also unbehandelt genauso tödlich.

Eine andere Drohne flog zu Camberlynne. An ihr hing ein Erste-Hilfe-Koffer. Sie setzte die Kopfhörer ab und ging mit dem Koffer auf Luke zu. Hoffentlich schaffte sie es damit die Wunde zu behandeln. Während sie Desinfektionsmittel und einen Verband herrausholte, spürte sie Aves' Blick auf sich.

"Du wurdest vor die Wahl gestellt, oder? Er oder meine Freunde?" Jetzt blickte sie auf. Mit glasigen Augen wartete Aves auf ihre Antwort.
"Ja, aber Aves ich..."
"Danke, das genügt",unterbrach sie Camberlynne und drehte sich weg. "Du hast wieder nur an dich gedacht, das überrascht mich nicht mehr."
Warum war denn jetzt Camberlynne die Böse? Könnte sie nochmal wählen, würde sie nichts anders machen.

'Das war genau das, was der Spielemacher wollte', dachte sie. 'Er hat es doch noch geschafft, den Konflikt zwischen ihnen zu verschärfen. Ich hätte ihn nie unterschätzen sollen.'

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