Während er ungeduldig auf die Ankunft der Ermittler wartete, tippte Taehyung ruhelos mit dem Zeigefinger auf die graulackierte Tischplatte vor ihm und beobachtete sich selbst im Einwegspiegel. Er sah so unfassbar ausgelaugt aus. Schwarzer Ruß an seinen Wangen, Asche sowie dunkel umrandete Löcher in seiner Kleidung, blutunterlaufene Augen, wild zerzaustes Haar und die äußerst ausdrucksstarken Augenringen einer unendlich langen schlaflosen Nacht. Sein heimlicher Einsatz war der reinste Reinfall gewesen, und er sah sich die Frustration darüber wortwörtlich im eigenen Gesicht an; diese niedergeschlagene, unzufriedene Miene mit den zusammengepressten Lippen und den zusammengezogenen Augenbrauen. So starrte er Löcher in sein Spiegelbild, erdolchte es geradewegs mit seinem maßlosen Hass auf sich selbst, und damit unwissentlich auch Jin, der sich indes dahinter aufhielt.
Für den Älteren war es so ungewohnt, seinen Partner in diesem Zustand zu sehen. Natürlich dürften Taehyung die kahlen Wände des Verhörraumes nicht allzu fremd sein, doch normalerweise befand er sich selbstverständlich auf der anderen Seite des Einwegspiegels, des Tisches und, wie frappierend der Gedanke darum doch auch sein mochte, des Gesetzes. Ebenso wenig waren seine Hände für gewöhnlich mit Handschellen am Tisch befestigt. Ein Anblick, der schlichtweg... falsch war. Kein anderes Wort würde dieses Bild treffender beschreiben und auch wenn sich wohl alle Beamten stillschweigend darin einig sein mussten, so waren sie viel zu überrumpelt und durcheinander, um jetzt schon etwas dagegen einzuwenden – zu Jins Missfallen nicht mal, dass der Verdächtige erstmal einer gründlichen Untersuchung im Krankenhaus unterzogen werden sollte. Taehyung wirkte (gottseidank) stabil genug, um dann erfolgreich die Fliege machen zu können, und den lange ersehnten Feuerteufel wollte nun wirklich niemand entkommen lassen.
Plötzlich, ganz so, als hätte Taehyung Jins Gedankengänge lesen könnte, verhärtete sich dessen Blick nur noch mehr.
„Nun sieh mich doch nicht so grimmig an", flüsterte Jin im dunklen Vorraum und inspizierte seinen jüngeren Partner durch den Spiegel hindurch. „Ich finde es ja auch... bescheuert."
Er seufzte einmal laut und wandte sich dann den Dokumenten in seiner Hand zu. Taehyungs Lebenslauf, Arbeitszeugnisse, Diplome, Berichte etc. etc. etc. – sie nahmen das Leben dieses jungen Polizisten nahezu restlos auseinander, und doch war alles so sauber darin, so clean. Wohlhabende Eltern im Ausland, abgeschlossene Grund- und Zusatzbildung, Polizeiakademie, erfolgreicher Werdegang als Polizist sowie ehemalige Zusammenarbeit mit dem FBI und Interpol. Er wirkte wie ein respektabler, ehrlicher Beamter mit unzähligen erfolgreich abgeschlossenen Fällen in Rekordzeit; und doch waren es genau diese unglaubwürdige Qualität, Ordnung und Transparenz, die ihn wieder verdächtig erscheinen ließen. Sie würden wohl noch so einiges überprüfen müssen.
Dabei wusste Jin doch ganz genau, dass Taehyung es nicht sein konnte. Doch weswegen er sich darin so sicher war... das wusste er wiederum nicht.
Als sich die Tür neben ihm öffnete und Licht in den spärlich beleuchteten Vorraum drang, zuckte Jin ganz willkürlich zusammen. Und als dann anschließend ein eindrucksvolles Packet an Mann eintrat, da senkte er den Kopf zu einer sachten Verbeugung. Herein kam ein ehemaliger Kommissar, der sich in kürzester Zeit selbst von Busan nach Seoul versetzen ließ, um genau diesem Fall beizutreten; dem Fall des Feuerteufels – und als das Polizeioberhaupt von Busan höchstpersönlich fiel ihm das Aushandeln dieser kleinen Reise auch nicht sonderlich schwer. Er war ein guter Freund und ehemaliger Kollege vom derzeitigen polizeilichen Oberhaupt Seouls, seinem Beruf so ergeben, wie es kein anderer war. Ein hochgewachsener, breitschultriger Mann mit einer Ausstrahlung, bei der sogar Wölfe und Hyänen den Schwanz einziehen würden, bei der sich Löwen und Bären winselnd zurück in ihre Höhle begäben. Ein kantiges Gesicht, scharfsinnige Adleraugen, durchaus gutaussehend und eindrücklich, hart im Nehmen sowie herrisch; ein Mann von wahrem Format. Mit strengen Zügen blieb er einen Schritt vor Seokjin stehen, erwiderte dessen Verbeugung mit einem bestimmten Nicken und vergeudete keine Sekunde mit albernen Floskeln oder überflüssigen Vorstellungen, ehe er sich gezielt zum Verdächtigen drehte. Seine Augen durchbohrten Taehyung, analysierten ihn, registrierten jeden noch so unbedeutenden Gesichtszug und jede noch so spontane, kleine Bewegung seinerseits. Jin für seinen Teil schielte vorsichtig zu ihm rüber. Weshalb nahm sich ein solch beschäftigter Mann wie das Polizeioberhaupt von Busan die Zeit, für einen Fall bis nach Seoul zu fahren, der nichts mit seinem Revier zu tun hatte – und wieso hatte Seoul nichts dagegen?
„Kim Taehyung?", erkundigte sich nun der andere mit imposanter, tiefer Stimme und Jin musste sich zusammenreißen, um die Dokumente vor Schreck nicht fallen zu lassen. „Ja", kam es ein paar Sekunden zu spät, was ihn um einen skeptischen Blick seitens des Oberhaupts bescherte. „Ja, das ist Kim Taehyung, der... Verdächtige."
„Er war zuständig für den Fall des Feuerteufels, und zwar mit Ihnen. Deswegen werden Sie miteinbezogen, Officer Kim Seokjin, und ich erwarte von Ihnen vollste Kooperation. Mir ist gleichgültig, ob dieser Mann mal ihr Partner war oder nicht; bis wir von seiner Unschuld zeugen können, bleibt er für mich ein dreckiger Verbrecher." Nun drehte er sich gänzlich Jin zu. „Erwarten Sie demnach nicht, dass ich mich in irgendeiner Art oder Weise zurückhalten werde."
Jin schluckte. Dann nickte er.
„Antworten Sie mir gefälligst!", kam es daraufhin fordernd vom Polizeioberhaupt und etwas überrumpelt drehte sich Jin ihm nun gänzlich zu, salutierte, warf einen Blick auf das Namensschild auf dessen Uniform und antwortete mit möglichst bestimmter Stimme:
„Natürlich, Polizeioberhaupt Jeon!"
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Remember me ♛ VKook「50% Texting」
Fiksi PenggemarKim Taehyung Ich vertraue dir nicht. Kim Taehyung Aber deswegen bist du noch lange kein schlechter Mensch. Unbekannter Bist du dir da wirklich so sicher? Kim Taehyung ? Wenn zwischen Mord und Totschlag Freundschaften entstehen, die eigentlich als Fe...