#1 Dear L,

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Herbst 2018

„Dear L,"

Mit einem Seufzen sitzt Lena an ihrem Schreibtisch, einen schwarzen Stift hält sie in der Hand, der Blick wandert von dem Blatt Papier über das Holz des Tisches, bis zur Wand

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Mit einem Seufzen sitzt Lena an ihrem Schreibtisch, einen schwarzen Stift hält sie in der Hand, der Blick wandert von dem Blatt Papier über das Holz des Tisches, bis zur Wand. Sie hebt ihren Kopf und blickt sich einen Moment im Zimmer um, bevor sich ihre Augen wieder auf die 5 Buchstaben konzentrieren. Einen Brief an sich selbst schreiben. Es ist viel schwerer, als man denkt. Vielleicht aber auch hilfreicher, als man es sich vorstellen kann.Ihren Fuß zieht sie auf den Stuhl, ihr Kinn legt sich auf ihrem Knie ab.

„Hmmm... dear L...", summt sie leise vor sich hin, die Melodie geht ihr nicht aus dem Kopf. Es ist ein neuer Song. Ein Song, auf den sie stolz ist. Ein Song, den sie wichtig findet. Was sie jedoch nun vor sich liegen hat, hat nichts mit Musik zu tun.

„Sicherlich wundert es dich nicht, wieso es dir so schwer fällt, diese Worte zu schreiben. Es geht um die Zukunft. Der Grund, aus dem wir bestimmte Dinge meistens nicht tun, ist die Angst. Angst vor Veränderung. Angst vor dem, was kommt. Angst vor dem Unbekannten. Von Angst sollten wir uns jedoch niemals treiben lassen. Angst sollte nicht gewinnen."

Sie seufzt, als sie die nächsten Sätze zu Papier bringt. Für einen Moment schliesst sie die Augen. Alles was sie hört ist der Wind, der ab und an gegen das Fenster peitscht. Kiwis leises Schnarchen. Was gerade außerhalb ihrer Wohnung vor sich geht, ist ähnlich dessen, was gerade in ihrem Kopf vorgeht. Es stürmt. Es ist wie ein Tornado, der jegliche Gedanken aufgreift und um sich herum wirbelt, sodass man keinen einzigen Gedanken wirklich festhalten kann.
Tief durchatmen.
Wieder fällt ihr Blick auf die Sätze, die sie eben geschrieben hat. Angst. Eigentlich fasst dieses Wort genau das zusammen, was in den letzten Tagen und Wochen ihr Leben bestimmt.
Gerade als sie den Stift wieder ansetzen wollte, hört sie das Piepen des Wasserkochers. Erneut verlässt ein Seufzen ihre Lippen, als sie sich aufrichtet, um sich in der Küche einen Ingwer-Tee zu machen.
Fast schon abwesend lässt sie den Beutel in das heiße Wasser in der Tasse gleiten, bevor sie sich zurück zum Schreibtisch begibt.

„Hmmm... dear L...", summt sie wieder leise vor sich hin. Ihre Arme stützen sich auf dem Tisch ab, ehe sie sich setzt. Ihre Finger berühren den Stift und schieben ihn einige Sekunden über das Holz, bevor sie ihn in die Hand nimmt.

„Die einzige Frage, die du dir stellen solltest ist, ob du glücklich bist. Beantwortest du diese Frage mit einem ‚Ja', dann hör auf zu schreiben und lebe dein Leben."

Ihr Blick wandert wieder über das Blatt Papier. Gedanklich beantwortet sie diese Frage mit einem „Nein.". Also schreibt sie weiter.

„Liebe ist das wohl wunderschönste, was man im Leben bekommen kann. Das schönste, was man geben kann. Liebe von Freunden, von der Familie, vom Partner. Manchmal kann vieles aber nicht einfach nur durch Liebe funktionieren. Manchmal fehlt etwas. Setz dich zurück und frag dich, wann du gemerkt hast, dass nur Liebe dich nicht weiterbringt. Frag dich, wann du gemerkt hast, dass dir Nähe fehlt. Zusammenhalt. Interesse. Zuneigung."

Langsam fängt sie an etwas schwerer zu schlucken. Viele Wochen hat sie das Thema aufgeschoben, aber mit jedem Tag der verstreicht ,merkt sie, dass es nicht so weitergehen kann, wie es im Moment läuft. Ihre letzte Tour hieß „End of chapter one". Auf so viele verschiedene Ebenen wird es bald sicher neue Kapitel geben. Leicht fährt ihre Zunge über die trockenen Lippen, bevor sie sich die Tasse greift, um einen Schluck vom Tee zu trinken.
Zu heiß.
Ihr Blick fokussiert das Weiß des Papiers, bevor sie sich wieder ihren Stift greift.

„Du hast Angst vor dem, was kommen könnte. Du hast Angst davor, etwas aufzugeben, was du dir in den letzten 8 Jahren aufgebaut hast. Die Veränderung wird groß. Sie wird immens, schmerzhaft und sie wird dich eine Weile begleiten. Du wirst unfassbar schlimme, emotionale Tage erleben. Du wirst dich zwingen müssen, trotzdem professionell zu bleiben. Du musst entscheiden, wie du in der Öffentlichkeit mit dem Thema umgehst. Aber da du immer noch an diesem Text schreibst, hast du die Frage vorhin mit ‚Nein' beantwortet. Sich der Angst zu stellen, kostet Überwindung. Wenn du jedoch einen Blick auf dein Umfeld wirfst, wirst du merken, dass es sehr viele Leute gibt, die dich auffangen werden. Und vergiss nicht, dass nicht nur du mit der Entscheidung leben und leiden wirst. Aber wenn du nicht glücklich bist, musst du etwas ändern."

Wieder muss sie tief durchatmen. Den Stift legt sie zur Seite, mehr will sie nicht schreiben. Eigentlich will sie auch nicht noch weiter drüber nachdenken. Ihr ist bewusst, was sie zu tun hat. Eine Beziehung kann in den ersten Jahren perfekt sein. Wenn irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem sich die Partner auseinander leben, nicht mehr füreinander da sein können und sich kaum sehen, stellt sich die Frage ob es noch Sinn ergibt, daran festzuhalten. Selbst wenn die Liebe da ist und immer da sein wird, sind es viele andere Faktoren, die benötigt werden, um eine Beziehung am Laufen zu halten. Die gibt es aber nicht mehr. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 11, 2019 ⏰

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