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Er dreht sich um, spuckt ihr ins Gesicht. Seines ist rot vor Wut. Sie lässt es über sich ergehen. Die Schläge. Unzählig.

An seiner linken Schläfe pulsiert eine geästete Ader, droht zu platzen. Blut unterlaufen und glasig seine Augen. Er hat wieder getrunken, sich besinnungslos zugesoffen, lallend kotzt er Flüche aus, schwankend hält er den Gürtel in der Hand.

Sie sieht ihn an, Tränen in ihren Augen die sie zu unterdrücken versucht. Sie muss stark sein. Um der Kinder Willen. Eine Gürtelstrieme ziert ihre rechte Wange. Blut fließt ihr aus Mund und Nase. Das Haar hängt ihr wirr und schweissgetränkt im Gesicht herum.

Er holt aus, schreit, was für eine elende Schlampe sie sei, schlägt, trifft sie nicht, holt nochmal aus, du verdammte Hure, trifft sie umso fester an der Brust, dem Rücken. Sofort wird die Stelle rot und blutig.

Sie schaut ihn mit flehendem Blick an, traut sich nicht, sich zu wehren. Er würde bald aufhören, sagt sie sich immer wieder, wenn er genug hat.

Die Kinder sind bei ihrer Mutter. Sie ahnte, dass er sich nicht, sich nie ändern wird. Das wusste sie, seit dem ihre Tochter ihn mit siebzehn das erste mal nach Hause brachte. Er zeigte sich verständnisvoll, lieblich, fürsorglich. Wiederholt fiel sie auf ihn rein. Immer wieder war es an der Mutter, sie zu trösten und mit Nachdruck in den Worten verklingen zu lassen, es gäbe doch bessere Männer als ihn. Sie plädierte immer auf das gute, dass sie in ihm sah.

Sie schaut durch einen Schleier von ankommenden Tränen auf seine drohend erhobene, schemenhafte Gestalt. Wie von Sinnen schreit er sie weiter an, wankt, sie hätte ihn leicht überwältigen können. Sie traut sich nicht, es könnte beim nächsten Ausbruch schlimmer werden. Immer wieder sagt sie sich, sie wird sich wehren. Letztendlich lässt sie alle über sich ergehe.

Er erschlafft. Setzt sich aufs Bett, wischt sich mit dem Handrücken das Speichel-Rotz-Gemisch aus dem Gesicht. Scheisse, röchelt er, du verdammtes, er stockt, atmet schwer, seine Fahne zieht sich durch die ganze Wohnung. Den Gürtel loslassend hofft sie, er würde langsam einschlafen, ins Delirium versinken.

Ihre Kindheit hätte sie am liebsten nie gehabt und wenn, dann eine andere. Wie oft hat sie sich gewünscht, er würde endlich aufhören. Kaum hatte sie Brüste, da war sie gerade dreizehn, vergriff er sich an ihr. Wie oft hat sie versucht, unter seiner schweren, rauen Hand zu schreien, um Hilfe zu rufen. Den Schwanz ihres Vaters hat sie ganze drei Jahre aushalten müssen, bis er ums Leben kam.

Auf der Baustelle, eine Ziegelpalette löste sich von der Sicherung auf dem Dach und begrub ihn unter sich.

Auf der Beerdigung stand sie da, verspürte nichts. Es regnete. Ihre Mutter weinte. Sie verstand nicht. Sie könnte es auch niemandem erzählen. Wer würde ihr glauben? Dein Vater?, würden sie fragen, diese friedvolle Seele, Gott habe ihn gnädig, würde sowas niemals tun.

Menschen sind zu gutgläubig. Das hat sie von ihrer Mutter. Sie will nicht, dass ihre Tochter die selben Fehler macht wie sie selbst.

Er schläft. Sie steht auf und geht unter die Dusche. Die blauen Flecken wird sie morgen früh überschminken müssen, keiner weiß auf der Arbeit da von. Wer würde ihr denn glauben? Ihr eigener Mann, diese friedvolle Seele.

Diese Nacht wird sie wieder im Wohnzimmer auf der Couch schlafen. Das nächste mal, schwört sie sich, das nächste mal werde ich mich wehren.

Unter Schmerzen versucht sie einzuschlafen.

Wenn es ein nächstes mal gibtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt