Kapitel Zwei

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Durch eine Berührung an meinem Arm wachte ich auf. Erschrocken fuhr ich hoch, riss meine Augen auf und griff nach meinem Schwert, als ich die Person vor mir nicht erkannte. Doch blitzschnell hatte der Mann mein Handgelenk gepackt und hielt mich so davon ab ihn anzugreifen. So sehr ich mich auch zu lösen versuchte, er war viel stärker als ich.

»Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken«, seine Stimme war rau und sehr angenehm.

»Wer bist du?«, fragte ich ihn mit leicht zitternder Stimme.

»Das gleiche könnte ich dich fragen. Ich habe dich hier noch nie in der Gegend gesehen.« Während er dies sagte, ließ er mein Handgelenk los, achtete aber immernoch darauf, dass ich ihn nicht plötzlich angriff. Zur Sicherheit ging er einen Schritt zurück.

»Ich bin niemand wichtiges«, log ich. Noch wollte ich nicht, dass alle wissen, dass ich geflohen war. Er könnte schließlich zu König Mading gehören.

»Interessanter Name«, schmunzelte er. »Mein Name ist Satumar«, antwortete er dann auf meine Frage.

Kurz hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht ehrlich war und er mir seinen Namen gesagt hatte, obwohl er mich nicht kennt, doch schnell verdrängte ich dieses Gefühl. Ich schenkte ihm ein Lächeln und meinte: »Freut mich dich kennen zu lernen, Satumar.«

»Das kann ich nur erwidern, niemand wichtiges

Wir grinsten uns an, bis er mir eine Hand hinhielt, um mir aufzuhelfen. Dankend nahm ich die Hand und Satumar zog mich auf meine Beine.

»Was machst du hier? Du siehst nicht so aus, als würdest du hier hingehören, dafür hast du zu gute Kleider«, fragte er mich.

»Ich bin auf der Suche nach einer Unterkunft«, antwortete ich daraufhin.

Satumar nickte nur und fuhr sich mit seiner rechten Hand durch seine blonden, kurzen Locken. Sie waren zwar schon vorher nicht ordentlich, aber jetzt lagen alle Haare durcheinander. Eine einzelne Strähne stand sogar. Als ich kurz lachte, sah er mich fragend an. Ich schüttelte nur mit dem Kopf und zeigte mit einer Hand auf seine Haare. Erschrocken fühlte er, was der Grund für mein Lachen war. Sobald er die Strähne gefunden hat, die hoch stand, drückte er sie wieder platt auf seinen Kopf. Doch die Strähne wollte nicht so wie er. Sie stand immer noch. Lächelnd sah ich ihm dabei zu, wie er versuchte die Strähne zu bändigen. Nach einigen Sekunden, in denen er es immer wieder versuchte, gab er letztlich seufzend auf.

»Wo kommst du her?«, fragte er mich dann neugierig.

»Von hinter dem Wald«, meinte ich nur kurz angebunden.

»Du redest nicht gerne über dich, oder verstehe ich das falsch?«

Ich schüttelte als Antwort nur den Kopf. »Ich weiß nur noch nicht, wem ich vertrauen kann«, flüsterte ich dann.

Wissen nickte er. »Das stimmt. Auch wenn du mir irgendwie bekannt vorkommst«, antwortete er überlegend.

Erschrocken sah ich ihn an. Zum Glück blickte er gerade in die andere Richtung, so dass er meinen Gesichtsausdruck nicht bemerkte.

»Hm«, meinte ich daraufhin. »Ich kann mich jedenfalls nicht an dich erinnern. Also können wir uns noch nie begegnet sein.«

Fragend sah er mich an, doch endlich nickte er. »Du hast wahrscheinlich Recht. Ich verwechsle dich nur mit jemanden.«

»Mit wem denn?«, fragte ich neugierig.

»Mit Prinzessin Ramura. Einmal habe ich sie gesehen. Das war vor fünf Jahren. Ich war in Kamares und sie kam mit ihrer Mutter in die Stadt. Es war wie ein Wunder. Ich sah sie und war wie verzaubert. Ich wusste nicht, dass ein Mensch so schön sein kann«, schwärmte er, in Gedanken versunken. »Ihre langen, braunen Haare wehten sacht im Wind, ihre blauen, unschuldigen Augen sahen neugierig umher.«

Wissend nickte ich und dachte an meinen Traum zurück. Dann erinnerte ich mich. Er war mir schon damals aufgefallen. Er stand an einer Straßenecke, sein durchdringender Blick schien tief in mich hinein zu sehen und seine Haare waren schon damals unordentlich. Einen kurzen Moment hatte er mich angestarrt, bis er sich langsam verbeugte.

»Stimmt«, rutschte es auf einmal aus mir raus.

»Was?«, fragte er verwundert.

»Ich habe dir nur zugestimmt, dass sie wunderschön ist«, log ich.

Irritert sah er mich wieder mit diesem durchdringenden Blick an, bis er zu meiner Erleichterung endlich nickte.

»Wann hattest du sie denn gesehen?«, wollte er dann wissen.

Jeden Tag vor dem Spiegel, wollte ich am liebsten antworten, aber ich meinte einfach: »Auch an dem Tag.«

Prüfend sah er mich an. Noch einmal musterte er mich von oben bis unten. Abwehrend hob ich die Hände.

»Was ist?«

»Ich bin mir noch nicht sicher, ob du mich anlügst oder ob du die Wahrheit sagst«, murmelte er.

Schuldbewusst zuckte ich bei seinen Worten zusammen. Fragend zog er eine Augebraue hoch und legte den Kopf schief. Mit zusammengepressten Lippen lächelte ich ihn an. Dabei spürte ich, wie ich feuerrot wurde.

»Was hälst du vom Krieg?«, lenkte ich vom Thema ab.

Satumar sah mich immernoch mit hochgezogener Augenbraue an, meinte dann aber: »Ich verstehe nicht so ganz, wieso wir im Krieg mit König Mading liegen. Mein Bruder ist ein Krieger und jeden Tag habe ich Angst, dass wir die Nachricht von seinem Tod bekommen.« Bei den letzen Wörtern sah er nach unten und seine Lippen waren zu einem dünnen Strich zusammen gepresst.

»Das tut mir leid«, flüsterte ich und meinte es auch so. Ich wünschte niemanden, dass ein Bekannter oder sogar jemand aus der Familie starb, weil ein König mit einem anderen im Streit lag.

»Das muss es nicht. Du kannst ja nichts dafür«, sagte er daraufhin.

»Nicht wirklich.« Und doch hatte ich auch nichts dagegen getan. Nie habe ich meinen Vater gefragt, wieso wir eigentlich mit König Mading im Krieg liegen und nicht einfach Frieden schließen. Von Madings Sohn wusste ich auch, dass er gegen den Krieg ist, aber noch war er nicht König, sondern nur ein Prinz. So wie ich auch nur ein Prinzessin war.

»Komm, lass uns ins Dorf gehen. Dort kannst du dann etwas essen und trinken«, schlug er plötzlich vor und riss mich so aus meinen Gedanken. Als hätte er die Worten gehört, fing mein Magen an zu knurren.

»Sieht so aus, als hättest du das auch nötig«, lachte Satumar.

Ich stimmte in sein Lachen ein. Vorbei war die etwas traurige Stimmung und er schien wieder unbesorgt und einfach nur glücklich zu sein.

Der rote MorgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt