I.

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Und hier sitze ich nun. Alleine.

Ich habe mich in die oberste Etage meiner Schule zurückgezogen, weg von all dem Lärm, weg von all den Menschen. Sie feiern, sie tanzen, sie lachen- sie sind unbeschwert. So bin ich nicht, so war ich nie. Ich war nie unter ihnen, bin eher die Art Mensch die man „Spaßbremse" oder „Spielverderber" nennen würde. Aber so bin ich nunmal.

Es ist der letzte Tag vor den Osterferien, die Abiturienten haben heute ihren letzten Schultag. Alle freuen sich, dass es endlich einen Grund gibt, nun auch in der Schule zu feiern. Fast alle.

Auf meinem Weg hierher habe ich einzelne Andere gesehen, die scheinbar auch die Flucht ergriffen haben. Aber hier, in dem abgedunkelten und ziemlich ungemütlichen Flur, bin nur ich.

Meine Freunde, sofern sie als solche zu bezeichnen sind, haben sich unter die Feiernden gemischt. Sie sind anders als ich, jeder auf seine eigene Art und Weise.

Während ich so dasitze versinke ich in meinen, zugegeben, ziemlich pessimistischen Gedanken. Ich bin wie so oft wütend, auf alles und jeden. Ich rege mich über alles auf, meine Gedanken kreisen wild herum. Ich spüre, wie etwas meine Wange hinunterrollt- eine Träne. Ich wische sie weg doch ihr folgen einige weitere. Da ich hier aber alleine bin, versuche ich nicht weiter sie zu stoppen und widme mich wieder ganz meiner Wut. Ich denke über all die Leute nach, die grade einige Etagen unter mir zu der lauten Musik im Takt wippen. Den Moment mit ihrem Handy filmen, um es später auf irgendeinem sozialen Netzwerk hochzuladen. Schon jetzt graut es mir vor meinem eigenen Abitur. Naja, nicht wirklich vor dem Abitur, mit Prüfungen hatte ich noch nie wirklich Probleme.  Es ist eher das damit verbundene Feiern. Könnte ich mich da auch weigern? Ich bin so in Gedanken, dass ich gar nicht merke wie jemand die Treppe heraufkommt.

„Hey, alles okay?". Ich schrecke auf. Vor mir steht ein Junge, ich habe ihn schon ein paar Mal auf dem Flur gesehen. Er ist eine Stufe über mir. Schnell wische ich mir übers Gesicht: „Klar, alles Gut!". Er mustert mich etwas ratlos und setzt sich dann neben mich auf den Boden. „Ich bin Damien.". „Oh hey, ich heiße Mabelle.". Ich lächele ihn an: „Was machst du denn hier oben, wärst du nicht lieber bei den anderen da unten?" fragt er mit seiner tiefen Stimme.

Für einige Sekunden antworte ich nicht, da ich ihn anstarre, wie ich erst kurz später bemerke. Konzentriert mustert er mit seinen bernsteinfarbenen Augen die Decke. Während ich ihn so von der Seite ansehe, gestehe ich mir ein ,dass er wirklich attraktiv ist. Das war mir vorher nie aufgefallen, da für mich eigentlich schon seit einigen Jahren feststand, dass es auf dieser Schule keine interessanten Jungs gibt. Ich muss allerdings gestehen, dass ich auch außerhalb der Schule noch nie einem Jungen begegnet bin, den ich wirklich charismatisch fand. Wahrscheinlich lag das entweder daran, dass ich nur im absoluten Notfall das Haus verließ oder daran, dass meine Erwartungen ziemlich hoch waren was meinen potenziellen ersten Freund anging. Da war es auch kein Wunder, dass ich mit meinen 16 Jahren noch nicht mal meinen ersten Kuss gehabt hatte.

„Ähm nein, schon gut, ich bevorzuge Stille. Und warum bist du hier oben?" Auch er scheint sich für seine Antwort einige Sekunden Zeit zulassen. Noch immer kann ich meinen Blick nicht von Damien abwenden. Seine braunen, leicht welligen Haare, von denen ihm einzelne Strähnen ins Gesicht fallen sehen aus als wäre er gerade erst aufgestanden, was jedoch keineswegs ungepflegt, sondern verdammt attraktiv aussieht. Eigentlich schaue ich Menschen nur sehr ungern an, vor allem Fremde. Aber ich kann meinen Blick einfach nicht abwenden. Er scheint das zu bemerken. Jetzt dreht er nämlich seinen Kopf in meine Richtung und sieht mir direkt in die Augen. Da mir das jetzt wirklich zu viel wird und ich das Gefühl habe, er könne jede einzelne meiner Poren und die Unreinheiten an meinem Kinn erkennen, wende ich mich ab und starre aus dem großen Fenster links von mir. Ich merke wie mir die Röte ins Gesicht schießt.

 Er räuspert sich „ Nicht meine Musik und nicht meine Leute." Das überraschte mich nun doch. ‚Nicht seine Leute?' Ich hätte schwören können, er sei einer der beliebtesten Jungs auf der Schule. Seitdem er letztes Jahr die Schule gewechselt hatte, sprach alle Welt nur noch von ihm. Die Jungs wollten mit ihm befreundet sein, und naja, was die Mädchen wollten kann man sich ja denken. Er schien zu merken, dass ich verwundert war: „Was denkst du?" „Ich bin nur überrascht" erwiderte ich. Fragend sieht er mich an. "Naja, irgendwie hatte ich erwartet, dass du die Menschen dort unten gern hast."

"Es ist nichts wie es scheint, Mabelle."

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⏰ Last updated: Feb 20, 2019 ⏰

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