Sklavenhandel ist nichts ungewöhnliches. Es ist auch nichts verwerfliches, nichts was einem zu etwas schlechtem oder unmoralischem machen würde. Zumindest trichterten Kamias Eltern ihr diese Werte ein, als sie ihre Tochter für ein weiteres Jahr in der oberen Schicht von L'ag Oura. An ihrem achten Geburtstag bekam sie statt Zuckerbrot, einer Tradition in der Familie, Ketten angelegt und wurde wie ein kleiner Verbrecher abgeführt. Doch für sie wartete kein reicher, trieb-gesteuerter Mann, der seine Fantasien ausleben wollte. Auf das kleine, damals noch stille Kind wartete der Zirkus.
Damals war sie noch ängstlich. Ein kleines Kind in einem so großen, sich immer verändernden System wie der Zirkus, welcher durch das Land zog. Der Zirkusdirektor, Yorgha nannten ihn die anderen Angestellten, soll einst ein großer Krieger gewesen sein, Anführer von einem Söldnertrupp welches schon lange in Vergessenheit geraten ist. Während ihrer ersten Tage bei den "Wandernden Walen" fragte sich Kamia oft, wieso ein Mann das aufregende Leben eines Söldners für einen dummen Zirkus aufgeben sollte.
Die erste Zeit war sie eine einfache Aushilfskraft im Zirkus. Sie fütterte die Tiere, trug wichtige Materialien zu ihren Plätzen und manchmal, wenn Yorgha einen guten Tag hatte, durfte sie sich in den Aufführungen zwischen die Leute schleichen. Er brachte ihr bei, wie man Münzen stahl, ohne bemerkt zu werden und wirkte immer stolz auf sie, wenn sie mit einem Haufen Münzen aus einer Vorstellung kamen. Natürlich teilte sie die Beute mit ihm, aber sie durfte immer ein bisschen für sich behalten.
Abends, wenn sie ihren erschöpften Körper auf die Strohmatte warf und auf den Sternenhimmel hinaus schaute, erinnerte sie sich oft an das Leben bei ihren Eltern. Sie vermisste das leckere Brot, das ihre Mutter Sonntags oft gebacken hatte. Wie hieß sie eigentlich noch mal? Anders als Mama hatte sie Sie nie wirklich angesprochen. Ihr Papa hatte sie immer etwas komisch angeschaut, als ob etwas nicht richtig mit ihr wäre. Er selbst war ein Ureinwohner des Landes, aber ihre Mama kam aus einem anderen Land, nicht weit von Los Guerta und es gefiel ihm anscheinend nicht, dass sie ihr immer ähnlicher sah.
Nach 2 Jahren Arbeit auf dem Zirkus-Gelände war Kamia bereits ein fester Bestandteil des Teams. Als sich dem Zirkus temporär auch einige Tänzerinnen der Goht-Tuar, einem alten Stamm aus der südlichsten Ecke der Wüste, angeschlossen hatten, wurde die Arbeit für Kamia mit jedem Tag schöner. Die Tänze dieser gut trainierten Frauen waren eine Mischung aus tödlichen Tritten und Schlägen und wunderschönen flüssigen Bewegungen, die ihre Körper wie wilde Schlangen wirken ließen. Nachdem sie die Damen bei ihren Übungen bespannt hatte, wurde sie eingeladen auch einmal mit ihnen zu tanzen. Ihr Körper passte ideal zu den anderen Tänzerinnen, das spürten alle Anwesenden. Selbst im Alter von 10 Jahren war sie in der Lage, ihren Körper zu biegen und ihre Beine zu schwingen wie eine richtige Tänzerin. Yorgha schnupperte in ihr eine große Chance, Geld zu verdienen, und überließ sie für 4 Jahre den Goht-Tuar Tänzerinnen, welche sie unter ihre Fittiche nahmen und ihr die Möglichkeiten eines uneingeschränkten Körpers zeigten. Mit nur 14 Jahren war sie beweglicher als einige andere Tänzer der Goht-Tuar, und ebenso in der Lage Feinde die doppelt so groß waren wie sie selbst nieder zu schlagen. Die Tänzerinnen kümmerten sich gut um sie, auch wenn sie nie ihre Namen zu hören bekam. Es wäre ihnen unangenehm gewesen, ein richtiges Bund zwischen ihnen zuzulassen. Nicht, wenn sie sie bald wieder zu Yorgha bringen mussten. Am Tag ihrer Abreise überreichten sie ihr aber dennoch ein kleines Andenken. Einen Ring, von welchem ihr die Anführerin berichtete, er würde die Willenskraft einer Person in sich speichern und zugänglich machen. Mit einem simplen "Viel Erfolg!" schickten sie das 14 Jährige Mädchen zurück durch die Wüste. Zurück zu Yorgha.
Doch Kamia hatte einen anderen Plan. Ihre Tage auf dem Zirkus waren vorbei und durch das intensive Training der Tänzerinnen fühlte Sie sich bereit, sich zu befreien. Sie würde ihn überrumpeln, kampfunfähig machen wie die Trainingspartner und Banditen, gegen die sie bereits gekämpft hatte.
Wie sich das hochmütige Kind doch geirrt hatte.
YOU ARE READING
Kamia, die tanzende Sklavin
FantasyEine Hintergrundgeschichte zu einem Pen and Paper Charakter.