#10

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~ Liam ~

Zeit gewinnen, ich musste irgendwie Zeit gewinnen. Sonst würde Harry mein Verschwinden zu schnell bemerken und mich finden, bevor ich mein Leben beenden konnte. Und das musste ich jetzt einfach tun. Ein letztes Mal hatte ich es zugelassen, dass er das tat, was auch immer er tat, ein letztes Mal konnte er mich so verwirren, dass ich mich ihm hingab. Das würde nie wieder passieren! Selbst wenn ich in Irland ein neues Leben anfangen würde, würde er mich früher oder später finden. Das konnte ich nicht riskieren. Ich legte einen Zettel auf mein Bett und einen versteckte ich in meinem Kleiderschrank. Einen dritten Zettel nahm ich mit, den würde ich im Tierheim abgeben, damit Harry ihn dort abholen konnte, sobald er den ersten Zettel gelesen hatte. Auf den ersten würde ich schreiben, dass er im Tierheim fragen sollte, auf dem zweiten würde stehen, dass er im Kleiderschrank suchen sollte und der dritte würde mein Abschiedsbrief sein. So würden sie mich nicht so schnell finden. Denn sie würden mich suchen und so sehr es doch wehtat, Harry und Louis so verletzen zu müssen, so sehr musste ich doch Abstand nehmen von Zayn. Ich machte mich auf den Weg zum Tierheim. "Könnten sie diesen Zettel vielleicht aufbewahren, bis Harry Styles kommt, um ihn abzuholen?", fragte ich die junge Frau am Tresen freundlich. "Sicher. Wenn du mir deine Nummer gibst?", verhandelte sie. Tja, wenn die wüsste. Da ich nur noch wenige Tage leben würde, wenn alles gut lief, konnte ich ihr auch meine Nummer geben, ich musste ja nicht mit ihr telefonieren. Ich diktierte sie ihr und mit einem dreckigen Grinsen speicherte sie die Nummer in ihr Handy. Ich verließ das Tierheim und fuhr mit dem Bus zum Flughafen. Das dauerte einige Stunden und unterwegs begegneten mir einige merkwürdige Leute, über die ich sogar schmunzeln musste. Gerade in meiner Lage würde man doch wohl am wenigsten erwarten, dass ich noch lächeln konnte, oder? Naja, wenn man es denn lächeln nennen konnte, aber ich war schon besser geworden, schließlich hatte ich geübt. Als ich endlich am Flughafen war, buchte ich einen Flug. Dafür reichte mein Geld gerade so, nur ein paar Cent blieben übrig. Dummerweise ging der Flug erst am nächsten Tag, also würde ich wohl am Flughafen übernachten müssen. Erst jetzt, als mein Magen zu knurren begann, fiel mir auf, dass ich völlig überstürzt geflohen war. Ich hatte nichts zu essen, keine Ersatzklamotten, nicht mal an eine warme Jacke hatte ich gedacht. Das einzige, was ich hatte, waren die Klamotten an meinem Körper, also ein Hoodie, Jeans, Sneakers, T-shirt, Socken und Unterwäsche. Nicht viel, aber bis ich an einer Klippe stand, würde ich wohl überleben.

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Was meinen Magen betraf, musste ich allerdings etwas unternehmen. Geld hatte ich in meinem Hoodie kaum gefunden, nur die paar Cents, die vom Flugticket noch übrig waren, es würde für zwei Brötchen reichen, wenn ich es wagte, die verkrüppelten Exemplare aus der Bäckerei am Flughafen zu probieren. Mir blieb nichts anderes übrig, also kaufte ich mir schließlich ein Brötchen. Das andere würde ich am nächsten Morgen kaufen und essen. Verdammt, wie konnte ich auch so dumm sein und nichts mitnehmen? Das war der nächste Beweis, dass mein Handeln richtig war: Zayn brachte mich so sehr durcheinander. Wenn er Louis liebte, würde ich nicht über ihn hinwegkommen. Ja, das hier musste sein. Ich schlich mich abends zu einer der Bänke, die noch frei war und legte mich hin, um zu versuchen, hier zu schlafen. Das gelang mir natürlich nicht, wäre ja auch zu schön gewesen. Mein Magen, der schon wieder knurrte, lenkte mich jedes Mal ab, wenn ich versuchte, einzuschlafen und Schafe zählen hatte ich schon lange aufgegeben. Also saß ich am nächsten Morgen völlig übermüdet am Flughafen und suchte mein letztes Geld zusammen, um mir wieder eins von diesen steinharten und überaus widerlichen Brötchen zu kaufen. Geschlafen hatte ich höchstens zehn Minuten und nicht mal die waren erholsam gewesen. Ich fühlte mich leicht beobachtet, als ich auf der Bank saß, auf der ich die Nacht verbracht hatte, und mein Brötchen aß. Sie konnten doch unmöglich schon mein Verschwinden bemerkt und alle Briefe gefunden haben, oder? Und wenn doch, konnten sie unmöglich schon hier sein. Wobei, auch das war nicht unmöglich. Doch in die Maschine würden sie mir nicht folgen können. Die startete schon bald und es gab keine freien Plätze mehr. Plötzlich hatte ich es eilig, ich ging noch kurz auf die Toilette und der Spiegel lieferte mir die Antwort auf die Frage, wieso ich mich beobachtet fühlte. Ich hatte dunkle Ringe unter den Augen, meine Haare standen wirr zu allen Seiten ab und ich war blass. War ja klar, dass die Leute mich ansahen.

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Schon bald saß ich im Flugzeug, sah aus dem Fenster und spürte, wie die Tränen nach außen drängten. Ich wollte ihnen nicht nachgeben, vor allem nicht hier. Mein Sitznachbar war fett. Das war vielleicht nicht nett, aber die Wahrheit. Es stank schon bestialisch im ganzen Flugzeug nach Achselschweiß, weil das einzige Hobbys dieses Typen anscheinend Schwitzen war. Überhaupt sah auch er nicht grade ausgeruht aus und ich konnte sein Aussehen in einem Wort beschreiben: Penner. Um es genauer zu beschreiben: Badelatschen, zu lange gelbliche Zehennägel, schlabberige Jogginghose, zu enges Shirt mit riesigen Schweißflecken, verfilztes Haar und Bart und dreckige Haut. Seine Tasche war oft geflickt worden und an mehreren Stellen gerissen, ich konnte schon von weitem sehen, dass sich Alkohol darin befand. Wenn ich so aussehen und riechen würde, würde ich mich wahrscheinlich auch betrinken, aber wieso musste immer ich neben Säufern sitzen? Dann gab es im Flugzeug halt noch die Stewards und Stewardessen. (Wird das so geschrieben?) Die gingen einem regelmäßig mit ihren dummen Fragen auf den Sack und alles in allem wollte ich das Flugzeug so schnell wie möglich verlassen. Bisher war mir noch niemand aufgefallen, den ich kannte und das Gefühl, beobachtet zu werden, ließ langsam nach. Ein letztes Mal fragte ich mich, ob es richtig war, was ich hier tat und erhielt gleich darauf die Antwort von einer Stimme, die in meinem Kopf zu sein schien. Ja! Bring dich bloß um, dich will keiner! Du bist schuld, dass Harry und Louis sich gestritten haben, Zayn will dich nicht, was tust du noch hier?! Verwirrt sah ich mich um. Keiner Sonst schien diese Stimme gehört zu haben. Ich bin ja auch in deinem Kopf, Trottel! Ich sollte wirklich springen, jetzt hörte ich schon Stimmen! Aber vielleicht war das normal, so kurz vor dem Tod. Man las ja immer wieder in Büchern, dass das Leben noch einmal an einem vorbeizog, wenn man starb. Merkwürdigerweise starb ich noch gar nicht, also dürfte ich auch noch keine Stimmen hören, aber vielleicht war das eine Nebenwirkung von Selbsthass. So blöd wie du muss man erst mal sein! Du hörst definitiv nur EINE Stimme! Jap, musste wohl eine Nebenwirkung sein.

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Just like a pill (Ziam FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt