„Werd' endlich mal erwachsen!" Diese Worte habe ich schon so oft hören müssen, dass sie sich in mein Gedächtnis eingebrannt haben. Mein Vater, meine Mutter, meine Schwester, meine Großeltern, mein Lehrer. Sie alle habe ich das schon sagen hören. Doch was bedeutet es eigentlich? Muss man sich selbst verändern, um erwachsen zu sein? Oder kommt es letztendlich davon, was andere einem sagen? ‚Tu dies nicht, mach jenes nicht'. Sowas bekommt man seit den ersten Lebenswochen erzählt.
Ich wollte nie erwachsen werden. Nie so werden, wie die ernsten, spaßlosen, grauen Menschen, von denen ich Tag für Tag umgeben war. Ich wollte Ich bleiben, ohne mich verbiegen, verstellen zu müssen.
Doch im Endeffekt geschah es, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte: Ich hatte mich verändert, die Art wie ich die Welt sah, wie ich dachte. All das war neu für mich, all die Gedanken, Gefühle und Erwartungen, welche man mir auferlegt hatte. All die Erkenntnisse, die mich trafen. Und dann wurde es mir zu viel.
Ich konnte mein altes Ich nicht wiederfinden, doch ich wollte zu ihm zurück. Ich wollte flüchten, wegrennen, weg von alledem. Ich hielt das nicht mehr aus.
Schneller, weiter, schneller, weiter ...
Doch egal wie weit ich auch renne, wie soll man vor sich selbst fliehen können? Vor den eigenen Gedanken?
Ich stoße mit jemandem zusammen. Ich höre ihn schimpfen, fühle die kalte Nachtluft, welche in meinen Lungen sticht. Mein Puls rast, und doch ... die Gedanken höre nicht auf, sie geben keine Ruhe. Ich stolpere, Wasser umhüllt mich, eisige Kälte flutet meine Atemwege. Ich ertrinke, kann keine Luft mehr holen, nicht mehr auftauchen. Der Sog zieht mich in die Tiefe, eine dunkle, einsame Tiefe ...
Ich will dort nicht sein.
Ich will weg, raus, frei sein.
„Lebe, lebe, LEBE!" schreie ich innerlich.
Eine Stimme dringt an mein Ohr. Ich tauche auf.
Tauche auf aus diesem Chaos in meinem Innersten. Vor mir steht meine Freundin und sieht mich besorgt an.
„Hey, ist alles okay?" fragt sie mich. Ich nicke und antworte
„Ja. Endlich"