Teil12

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Nein, das war nicht wahr. Es konnte nicht wahr sein. Fing ich wieder an, mir Sachen einzubilden? Schön wäre es. Auch wenn ich sagen musste, dass sich der Kuss fast genau so anfühlte, wie ich es mir immer vorgestellt hatte, wenn nicht noch atemberaubender. Atemberaubend, das traf es wohl. Als Gideon seinen stürmischen Kuss beendete, sah er kurz auf mich hinab und ich atmete, als wäre ich gerade einen Marathon gelaufen. Doch kurz darauf drehte er sich schon wieder weg und ließ sich von seinen Freunden feiern, als wäre nichts geschehen. Hatte überhaupt jemand gemerkt, dass Gideon die Cousine seiner Freundin geküsst hatte? Jeder war mit Konfetti beschäftigt gewesen, also bezweifelte ich es. Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging schnurstracks zur Garderobe, um mir meine Jacke überzustreifen. Als ich die Tür öffnete und hinter mir schloss, blies mir der Kühle Nachtwind ins Gesicht und ich inhalierte die angenehme Frische. Mir blieb keine andere Wahl als nach Hause zu gehen, mich würde sowieso niemand auf der Party vermissen. Bei dem nächtlichen Spaziergang ließ ich den ganzen Abend nochmal Revue passieren. War es tatsächlich möglich, dass Gideon sich so sehr betrunken hatte, das er völlig den Verstand verloren hatte? Das kam mir alles so surreal vor. Vielleicht würde ich ja morgen aufwachen und bemerken, dass alles nur ein blöder Traum war. Schön wär's. Ich wollte das eigentlich gar nicht, aber trotzdem hatte ich nichts dagegen unternommen.

Es musste bestimmt schon halb eins gewesen sein, als ich die Tür zu unserem Haus aufschloss. Nicht mal Mr Bernhard würde wach sein. Leise tapste ich dann die Treppen hinauf zu meinem Zimmer und fühlte mich schon sicher, doch da kam mir dann blöderweise noch jemand entgegen – auf Krücken. „Charlotte was ist denn mit dir passiert?" Geschockt schaute ich an ihren in Gips gewickelten Fuß hinab. „Hab mich beim Krav Maga verletzt, deswegen konnte ich auch nicht mehr zur Party kommen." Sie zuckte die Schultern und lächelte, als sie mein besorgtes Gesicht sah. „Ich konnte nicht schlafen und hab' dich gerade gehört wie du gekommen bist. Und, wie war's?" Dein Freund hat mit mir gekuschelt und mich danach geküsst, aber sonst war alles tiptop. „Es war ganz okay." Zum Glück konnte Charlotte mein rotes Gesicht nicht sehen, dank der Dunkelheit und dem nur sperlichen Licht im Flur. „Ich geh dann mal schlafen", sagte ich hastig und drehte mich zu meiner Zimmertür. „Gute Nacht", hörte ich noch und schon war ich alleine in meinem Zimmer und atmete erst mal tief durch. Was für ein Tag.

Back to Life - Liebe besiegt alles. | ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt