Wolfsgeheul beim Monderwachen

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Eine Woche lebte ich nun schon auf der Lichtung und es gefiel mir sehr. Der Wald war einfach ein toller Ort, um zu leben.
Ich genoss die Freiheit, die frische Luft und alles was es sonst noch gab.
Ich bräuchte nichts anderes, ich war der geborene Vagabund.
Die Zeit vertreib ich mir mit Wandschießen und sammelte Nahrung, sogar ein Gefäß für Wasser hatte ich mir gebastelt und es mir mittlerweile, auf meiner Lichtung gut eingerichtet.
Heute zum Beispiel, war ich schwimmen gewesen, in einem kleinen Waldsee, auf einer Lichtung, welche einige Fahrradminuten von mir entfernt war und den ich bei einem Rundgang durch den Wald.
Mittlerweile wurde es Abend, meine Haare und meine Klamotten waren halb getrocknet und ich genoss bei Beeren und Wasser, den Sonnenuntergang.
Doch plötzlich durchbrach ein Geheul die Stille der Nacht. Ich schreckte auf und setzte mich hin.
Das klang wie das Heulen von Wölfen.
Kurz überlegte ich, mich lieber in der Höhle zu verstecken, doch irgendwas sagte mir, dass ich diesem Geheul ruhig folgen kann und auch sollte und so sprang ich auf und ließ alles liegen.
Ich schnappte mir Bike und Fußball, verließ die Lichtung und warf mich aufs Rad.
Ich folgte alleine meinem Gehör und das enttäuschte mich, das Rufen wurde immer lauter und bald sah ich in der Ferne Mauern aufragen.
Wie konnte das sein?
Wer baute mitten im Wald ein Gebäude?
Ich fuhr weiter und bemerkte, dass die Leute von hinter der Mauer kamen, was hieß, das irgendwer in diesem Gebäude wohnte.
Vor dem Gebäude, welches sich als Festung entpuppte, war ein freier Platz und ich stieg vom Rad.
Wie gebannt blieb ich stehen, gepackt von den Lauten, welcher sich wie Gesang an hörte.
Lange Zeit, stand ich einfach nur da und hörte zu, bis mich eine menschliche Stimme, aus dem Bann zerrte: "Erik! Da ist ein Mädchen!".
Augenblicklich zuckte ich zusammen, war verwundert, verwirrt und erschrocken zu gleich.
Meinten sie mich?
Wohl gut möglich schließlich war ich die einzige Fremde hier. Denn die Leute in der Festung schienen sich alle zu kennen.
Ich wich einen Schritt zurück, war aber ansonsten zu erschrocken, um irgendwas zu machen.
Plötzlich sah ich mehr Menschen, oben auf der Brüstung, der Festung, sie richteten Pfeile auf mich, mit dicken Beuteln vorne dran.
Der Wind trug mir, schwach, einen säuerlichen Geruch zu und ich ging davon aus, das das ganze noch viel übler stank, als ich es jetzt wahrnahm.
Kurz darauf, blendete mich strahlendes Licht und musste die Augen zusammen kneifen, um meine Augen nicht zu überlasten.
"Das ist sie nicht", hörte ich die Jugendlichen erleichtert sagen.
Wer bin ich nicht und wenn hatten sie vermutet? Sie schienen ja richtig Angst zu haben, vor dem, was ich hätte sein können.
Doch eine herrische Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
"Wer bist du und was machst du hier?", fragte ein langhaariger Junge.
Ob er dieser Erik war? Welcher wahrscheinlich so eine Art Anführer war?
"Ich habe euer Geheul gehört", rief ich hoch, nach dem ich mich ein wenig beruhigt hatte, "Und etwas sagte mir, dass ich ihm folgen soll".
Kurz herrschte Stille, aber das Licht wurde ausgeschaltet, was mich ein wenig beruhigte, denn es brannte in den Augen.
"Wie ist dein Name?", Fragte der Anführer darauf, ein wenig ungeduldig, weil ich diese Frage beim ersten Mal nicht beantwortet habe.
"Ich habe keinen Namen", rief ich ihnen hoch und hoffte, dass sie mir glaubten.
Immerhin war es die Wahrheit, meinen Namen hatte ich angelegt und seid dem nicht Mal mehr an ihm gedacht und ich war mir sicher, dass ich ihn eines Tages komplett vergessen würde.
"Gehörst du zu den Silberlichten?", Stellte man mir die dritte Frage.
Das Silberlichten? Was sollte das sein?
Davon hatte ich noch nie gehört.
"Nein", sagte ich ehrlich, "ich habe noch nie von ihnen gehört".
In diesem Moment ahnte ich noch nicht, das ich hier mit die Forte zu einer Welt passiert hatte, welche ich mir nur in den wildesten Fantasien ausmalen konnte.
"Lasst sie rein!", Befahl der Anführer dann und stieg von dem Balkon herunter.
Ich hatte nicht um Einlass geben, aber dennoch freute es mich, dass sie mir ihre Gastfreundschaft gewährten.
Einige Augenblicke später ging das Tor auf und ich stieg auf mein Rad, um reinzufahren.
Als ich das Tor passiert hatte, befand ich mich auf einen großen Platz, mit Essensstelle und einigen Hütten, mitten in einem Halbkreis von Teenagern und einem Mädchen, welches durch ihr junges Alter hervorstach.
Keiner sagte was, alle musterten mich und ich fühlte mich wohl und unwohl zugleich, konnte mir aber nicht erklären, warum es so war.
Erst als das Tor hinter mir geschlossen war, kam der Anführer auf mich zu, um mit mir zu sprechen.
"Was führt dich hier her?", fragte er mich, "und warum trägst du keinen Namen".
"Ich habe euer Geheul gehört, es hat mich gepackt, wie ein Wolf seine Beute packt", erklärte ich und wusste in dem Moment noch nicht, wie passend mein Vergleich war und wo ich mich hier befand, "und ich trage keinen Namen, weil ich in angelegt habe. Ich wollte nicht länger den Namen tragen, welchen mir der Teufel gab".
Ganz richtig, ich bezeichnete meine Mutter als Teufel, aber das traf ja auch genau auf die zu. Jemand dem seine Tochter so egal ist, wie ich es ihr bin, der hat sich keinen anderen Titel verdient.
"Der Teufel? Du bist des Teufels Tochter?", fragte der Anführer mich und trat einen Schritt zurück, ganz so, als hätte er Angst.
"Das war ich Mal, ich habe mich losgesprochen. Ich wollte nicht die Zukunft leben, welche sie mir gab. Ich wollte frei sein und meine Liebe zum Fußball ausleben", erklärte ich weiter, mit fester Stimme.
Die Jugendlichen um mich herum, schienen wie gepackt von meiner Geschichte und sahen zum Anführer, so als wollen sie wissen, wie er fortfahren würde.
"Wenn du willst, kannst du vorerst bleiben, Klette hat noch Platz in ihrer Hütte", sprach er und deutete auf das jüngste Mädchen.
Diese lächelte mich an, selbstsicher, aber doch irgendwie freundlich.
Ich nickte zustimmend.
"Ich danke euch, für eure Gastfreundschaft", meinte ich mit höflicher und fester Stimme.
Dann wurde es noch mal still, sein Blick glitt an mir vorbei, zu der Stelle an welcher mein Mountainbike stand.
"Du spielst Fußball?", fragte er und klang ziemlich erfreut, "welche Position?".
Seine Freude über meinen Fußball wurde eigene Freude.
Hatte ich tatsächlich andere gefunden, welche den Fußball so sehr liebten wie ich.
"Ich hatte bis jetzt noch keine Mannschaft, ich komme aus einem Ort, den man ganz gut als Hölle bezeichnen kann", erklärte ich, "dort wo ich herkomme, hat man Fußball verabscheut".
Ein Flüstern ging durch die Menge, ganz so als könnten sie nicht glauben, dass es so einen Ort wirklich gab.
Aber schwang da nicht auch Angst, in den aufgeregten Gesprächen, mit?
Sie glaubten wirklich, ich sei die Tochter des Teufels.
Würden sie mich jetzt wieder wegschicken?
Ich wollte nicht gehen, der weg hier hin war anstrengend gewesen und ich wollte mich ausruhen und die Leute besser kennenzulernen, weil sie einen interessanten Eindruck hinterließen.
"Du kommst wirklich aus der Hölle, ein Ort ohne Fußball, ist kein Ort, an dem man leben sollte", erklärte der Anführer mir.
"Wir sind übrigens die Wölfe von Ragnarök", erklärte er, "und du befindest dich mitten in unserem Stadion".
Ich war überrascht und erfreut, eine Fußballmannschaft gefunden zu haben, jemanden der meine Leidenschaft teilte.
Ich konnte ein erfreutes Funkeln in den Augen meines Gegenübers erkennen, ganz so als freue es ihm, das die Vorstellung seiner Mannschaft Eindruck hinterließ.
"Und ich bin Erik, der Anführer", sagte er und deutete dann auf die Mitspieler, "und das sind: Freyja, Tronje, Run, Gilad, Bern, Kojote Karl Heinz, Thunder und Klette kennst du ja bereits".
Ich musste schmunzeln, weil sich in dem Satz ein Reim befand, wurde aber augenblicklich wieder ernst.
Manche von ihnen hatten echt merkwürdig, wie zum Beispiel Run und Kojote Karl Heinz, aber auch Klette war kein Name von aller Welt.
Beim Vorstellen, hatte Erik auf die genannte Person gedeutet.
"Du hast bestimmt Hunger", sagte er, "dein Glück, wir Tronje und Freja wollten gerade das Abendessen machen".
Ich freute mich über die Einladung zum Essen und auch darüber, endlich Mal wieder was Richtiges zu bekommen.
"Das freut mich", sagte ich ehrlich, mir ein Lächeln, "Danke".

Eine halbe Stunde später saßen wir bei Tisch. Es gab Schnitzel mit Pommes, eines meiner Lieblingsgerichte.
Beim Essen herrschte eine ausgelassene Stimmung und sie bezogen mich sogar in ihre Gespräche mit ein, so dass wir untereinander besser kennenzulernen konnten.
Sie waren alle echt nett und freundlich zu mir.
Nach dem Essen half ich sogar beim Aufräumen mit, bevor ich mit Klette in ihre Hütte ging.
"Dort kannst du schlafen", sagte Klette, sobald wir ihre Hütte, welche ziemlich unordentlich war, betreten hatten und deutete auf eine Matratze am Boden, mit Decke und Kissen.
"Danke", sagte ich und warf mich so gleich rein, es war schön zur Abwechslung Mal wieder ein richtiges Bett zu haben.
Das Mädchen warf sich ebenfalls ins Bett und sah mich an.
"Du bist als die namenlose Teufelstochter", sagte sie und kaute auf etwas rum, was wohl ein Kaugummi war".
Ich zuckte die Schultern.
"Kann man so sagen, ja", meinte ich kühl, da ich nicht so gern drüber sprechen wollte.
"Interessant", sagte Klette lächelnd und ließ einen kleinen Gummiball von der Wand abprallen, um ihn dann aufzufangen. Dies wiederholte sie immer und immer wieder.
"Wie bist du eigentlich zu deinem Namen gekommen?", fragte ich sie interessiert.
Sie sah mich an und lächelte breit.
"Weil man mich nicht loswird. Nie unter keinen Umständen", erklärte sie grinsend und fing den Ball auf, um ihn dann auf ihren Nachttisch zu legen.
"Interessant", kommentierte ich, "Glaubst du Erik erlaubt mir zu spielen? Ich würde so gern Mal mit anderen Spielen, immer alleine zu spielen ist mittlerweile so langweilig geworden".
"Bestimmt", meinte Klette, "Erik ist keiner, der einem ein Spiel verwehrt".
"Super!", freute ich mich und lächelte.
"Ich fordere dich sogar heraus", meinte die Kleine dann selbstbewusst, dann kannst du sehen, wie passend mein Name gewählt ist".
Ich nickte entschlossen.
"Diese Herausforderung werde ich annehmen", willigte ich ein, musste aber kurz darauf müde gähnen.
"Ich werde dann Mal schlafen gehen, um fit für Morgen zu sein", erklärte ich, denn mittlerweile müsste es schon weit nach Mondhoch sein.
"Ich auch, ich muss wach sein, wenn ich dich Morgen auf den Mond jage", erklärte sie lachend und legte sich hin.
Kurz darauf waren wir beide eingeschlafen und schnarchten leise vor uns hin.

DWK-FF: Die Chroniken der Wölfin - Die VerstoßeneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt