2. Benjamin Simmon

161 18 2
                                    

,, Ophal. Schön dich kennenzulernen, Roger".
Er bot mir unverzüglich die Hand, nachdem ich mich ihm vorstellte. Zuvor entledigte er sich noch zügig seiner Zigarette und reichte mir darauffolgend, dann seine Linken.
Sein Griff war fest, für einen Mann, oder eher Jungen seiner Statur, schon beinahe zu fest.
Er wirkte noch ein wenig kindisch, eher frech und ungebändigt. Einer der, der etwas vor hatte, in Maßen die man sich hätte nicht träumen können. Er musste, wie er schon klagend erwähnte, um die Anfang zwanzig gewesen sein.
Ich mit meinen 24 Jahren damals, stand dort leicht verwundert.
Trotz seines recht gelangweilten Blickes und den unzähligen Strähnen vor den Augen, welche die Sonnenbrille nicht zurück bändigen konnte, versuchte er mir gegenüber, freundlich und sorglos zu erscheinen. Dass ihm etwas über die Leben gelaufen sein musst, konnte man jedoch unschwer erkennen.
Es war ein regnerischer Dienstag morgen in Whitechapel, London, 09:04 Uhr.
Um solch eine Uhrzeit schon der Art starke Zigarette zu rauchen, war nur notwendig, wenn die Nerven etwas Unterstützung benötigten, denn manchmal tut sowas einfach herrlich, doch übertreiben sollte man es allerdings nicht.
"Alles in Maßen !"
Ebenfalls ein unbezahlbarer Großmutterrat.
In der Zeit, rund um die 50er, bis hin zu den spät 80ern, gehörten die Zigaretten in das Standartpacket eines jeden. Damals war es noch üppig in einem Pup, den Sitzhockernachbarn, durch eine dezente Rauchwolke zu erkennen.
Verrückte Zeit !
An Raucherecken und völligem Zigarettenverbot, war damals nicht im Ansatz zu denken. Eine Revolte wäre es gewesen, hätte einer den Herren damals die Zigarren genommen. Ein Krieg wäre ausgebrochen, Menschen hätten protestiert und all der Tumult.

,, Wir sollten langsam reingehen".
Ich musste zweimal Blinzeln, denn die Träumerei entführte einen schnell dorthin, wo man völlig das Konzept zu verlieren drohte.
,, Ja, es wird langsam ziemlich ungemütlich".
Die Wolkendecke am Himmel verdichtete sich immer weiter zu einer einheitlichen fad-grauen Suppe. Die nicht regenfeste Jacke, die ich notgedrungener Maßen tragen musste, da meine Vorherige im letzten Sommer, den Motten zum Opfer gefallen war, triefte vor Nässe und erfüllte ihren Dienst, einen warm und geborgen zu halten, nur noch mäßig, bis gar nicht.
,,Einverstanden, obwohl einem nicht noch kälter werden ka.... oh verdammt ... !"
Bangend und mit großen Augen blickte ich auf das, was ich während dem Gespräch und der kurzen Raucherpause, zu meinen Füßen platzierte.
,, Was auf dem Herd vergessen ?"
Ich schüttelte, schon die leichte Panik anfliegen spürend, den Kopf und deutete auf die drei Kaffee zu unser beider Füße.
,, Oh... also der ist jetzt ganz sicherlich kalt".
Roger bestätigte mein, in mir langsam schwelendes, Gefühl. Die Situation war einfach erneut, wieder nur zu typisch „meine Wenigkeit". Ich hätte mich, würde ich schon im Grabe vor mich her verrotten, ganze dreimal umgedreht. Mich selbst verfluchend, wollte ich zu den drei Kaffee herabgreifen, doch er kam mir zuvor.
Unsere Hände berührten sich nicht, kamen sich jedoch bedrohlich nahe. Mich langsam wieder aufrichtend blickte ich den hilfsbreiten Jungen an.
Als er mir gleich tat und sich wieder aufrichtete, rutschte seine Sonnenbrille ein weites Stück herab und ließ zu, dass die Mähne an Haaren auf seinem Kopf keinen Einhalt mehr geboten bekamen. Ich musste mir ein Lachen verkneifen, da das Schauspiel vor meinen Augen, einfach zu schön dargestellt wurde.
Mit einer schwungvollen Kopfbewegung hatte sich der ganze Spaß jedoch wieder gefangen. Die blonden Strähnen setzten sich, wie gehabt, in eine akzeptable Position und ließen es Roger wieder zu, etwas vor zu erkennen.
,, Verdammte Mähne !"
Stöhnte er und hielt mit die Tasche mit den drei Kaffee, freundlich in Richtung zu mir.
,, Wie eine Löwenmähne". Ertappte ich mich beim Kichern. Es schaute einfach zu urkomisch aus, denn mir war der Kampf, gegen die eigene Frisur, sehr wohl bekannt. Er begann ebenfalls zu kichern, als sich weiter zur Tür wandte, um sie mir zu öffnen.
,, Die Dame, dürfte ich bitte".
Ich deutete einen leichten Hochknicks an und schritt,breit grinsend, durch die Tür.
Im Inneren des Studios, kam einem sofort eine angenehme Wärme und gewohnte Geruch entgegen.
Der Vorraum, der auch gleich als Aufenthaltsraum, Büro und Information fungierte, war mit bloß mit dem geringen Tageslicht  von draußen geflutet.
In der Mitte, des kargbraun eingerichteten Zimmer, stand ein etwa kniehoher Tisch, auf jenem, wie immer eine nicht gefüllte Obstschale stand, jedoch drei Gläser standen, an denen schon genüsslich genippt wurde. Das Getränk in den kleinen Gläsern, musste Benji's guter und alter Cognac gewesen sein.
Um den Tisch versammelt, saßen vier Personen. Auf der größeren Couch, welche direkt vor der rostigen Heizung stand, saßen drei mir Fremde.
Einer groß, mit auffallenden Locken, der nächste ein ganzes Stück kleiner, mit den von damals üblich frisierten Haaren, in braun und der Letzte.
Ja, der Letzte schaute wirklich besonders aus. Ein wenig exotisch und einen besonders lieblichen Gesichtsausdruck hatte er ebenfalls. Er wirkte von allen drein am herzlichsten, denn er lächelte mich direkt an, schien allerdings seine Zähne hinter seinem Lippen unnatürlich zu verstecken.
Ich entgegnete seine Geste und lächelte zurück.
,, Ophal ! Schön, dass du auch endlich den Weg zurückgefunden hast. Sind die Kaffe so, wie ich es dir berichtete ?"
Den kleinen Mann, der den Fremden auf der Couch gegenübersaß, war der Einzige, der mir sehr bekannt war.
Auf diese Bekanntschaft könnte ich jedoch bis heute gut verzichten.
Benji, der Mann mit dem bestimmt interessantesten Namen, den ich kenne, jedoch mit der schrecklichsten Persönlichkeit.
Sein breites Grinsen verleitete einen nur zu gern dazu, sich den Wellen zu fügen. - Kein sympathischer Mensch-
,, Ich denke, ja. Drei Kaffee, einer Schwarz mit einem Stück Zucker, dann einmal mit Zimt-Zucker und ohne Milch, dann noch der letzte mit Milch und einem Stück Zucker."
Ich berichtete ehrlich, schaute zu den dreien auf der Couch und stellte die Bestellung vor ihnen auf den Tisch.
,,Danke, dir" Flüsterte der Lange und beugte sich zu seinem Kaffe. Ein Glück standen die Besonderheiten des Kaffes, außen auf den Bechern, des selbst ich würde nicht mehr wissen, wo vorne und hinten wäre.
Als er sich zurücksetzte und einen Schluck nahm, verzog er leicht das Gesicht. Ein Glück schaute Benji in diesem Moment nicht zu, denn dies hätte die Kirche auf dem ganzen Missgeschick werden können.
Roger trat in diesem Augenblick hinter mir hervor, schritt näher an die Couch und symbolisierte mit einem Kopfschütteln dem Anderen, nicht weiter zu trinken und zu tun, als wäre nie etwas geschehen.
Ich konnte innerlich den Streit mit Benji schon spüren, hätte Roger nicht sofort gehandelt, denn Fehler wie solche, duldete er nicht.
Die Anderen der Runde nickten Roger zu und der Herzliche erhob zu meiner Überraschung das Wort.
,, Ich denke wir sollten nun mit unserer Arbeitet beginn. Wir bedanken uns für den tollen Kaffee und auf gute Zusammenarbeit".
Er stand auf und reichte Benji die Hand, blickte ihn jedoch nicht an,  zwinkerte hingegen mir zu. Ich verstand sofort, nickte bloß und zog erleichtert meine Jacke von den Schultern.
,, Oh Ophal, würdest du Mr.Taylor bitte auch zeigen, wo sich die Garderobe befindet ?"
Sprach der Studiobesitzer und forderte Roger, mit einer eindeutigen Handbewegung auf, mir zu folgen.
Die Umkleider oder Garderobe, samt Bad, befand sich in einem Flur links neben der Eingangstür. Aufgrund des geringen Sonnenlichts, war der mickrige Flur auch dementsprechend düster. Dies kümmerte mich zum Glück nicht mehr, denn es war nicht das erste mal, dass ich mich in diesem Haus ohne Licht und Laune zurecht finden musste. Roger folgte mir schweigend, doch konnte ich leicht vernehmen, wie er versuchte einen Satz zu formulieren. Er tanzte wohl schon auf seiner Zunge, kam jedoch einfach nicht von seinen Lippen.
,, Folge mir, dann können wir in ruhe sprechen". Ich nahm ruckartig seine Hand und zog ihn zur Umkleide, verschloss leise die Tür und knipste das Licht an.
,, Was... was ist das denn für einer ?" sprach er, während er sich, aufgrund des grellen Lichts, die Augen rieb.
,, Benjamin Siommons, mein Boss, Vermieter und größter Albtraum. Glaub mir, heute ist er noch erträglich, da er bei euch das große Geld wittert. Wartets nur ab, wenn ihr ihm nichts neues Bietet. Oder nein... wartet lieber nicht all zu lange".
Rogers Gesichtsausdruck wandelte sich von einem verwirrten, zu einem verstörten.
,, Das habe ich jetzt nicht erwartet... nur" ,, Verdammt, beeil dich lieber, sonst fällt es ihm noch auf. Ach und, das hast du nicht von mir, Verstanden !?"

,, Verstanden !".

Headlong ~Queen~ [unregelmäßige Updates] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt