|1|

868 27 4
                                    

Taddl Pov.

Als meine Mutter mir gesagt hat, dass wir übermorgen nach Köln ziehen werden, bin ich einfach abgehauen. Zu einem großen, alten Baum, welcher nicht weit weg von unserem Haus steht.

Ich kletterte auf den Baum, griff in einen kleinen Hohlraum und zog eine alte Holzbox raus. Stumm setzte ich mich unter den Baum und öffnete die Box. Ich zog einige alte Fotos von mir und meinem damaligen besten Freund raus.

Er hat mich vor fast sieben Jahren einfach so verlassen. An meiner Schule hatte ich keine anderen Freunde. Nur ihn. Und er ist einfach abgehauen.

Erst war ich traurig, dann wurde ich wütend auf ihn, und jetzt bin ich ihm sogar ein bisschen dankbar.

Durch sein verschwinden bin ich zu dem geworden, was ich heute bin. Ein gefühlloses Arschloch, dass von allen Schülern geschätzt wurde.

Trotzdem bin ich extrem wütend. Würde ich ihn heute wieder sehen, würde ich ihn anschreien, ihn eventuell sogar schlagen.

Ich schmiss die Fotos wieder in die Box und schloss die Augen. Ich dachte viel über ihn und den Umzug nach.

Eigentlich war ich froh dass wir in eine neue Stadt ziehen werden. Ich könnte diese ganzen beschissenen Erinnerungen hinter mir lassen.

Erst jetzt bemerkte ich wie lange ich doch unter diesem Baum saß. Ich schnappte mir die Box und machte mich auf den Weg nach Hause.

Ich wurde von dem schrillen Ton meines Weckers geweckt. Heute ist der beschissenste Tag meines Lebens!

1. Heute ist Montag
2. Ich habe heute Geburtstag
3. Ich wohne in einer, mir wildfremder, Stadt
4. Heute ist mein erster Tag an der neuen Schule

Unwillig stand ich auf und ging ins Bad um mich zu duschen. Als ich fertig war zog ich mir eine helle Jeans, ein weißes oversized T-Shirt und meine Schuhe an. Zu guter Letzt kramte ich noch einen weißen Mundschutz aus einer Schublade.

Zu meinem 15. Geburtstag lag dieser, in einem Karton verpackt, vor unserer Tür. Nirgendwo konnte ich einen Absender finden, nur eine kleine Unterschrift auf dem Mundschutz, welche ich aber nicht entziffern kann.

Ich betrachtete mich noch einmal im Spiegel. Ich hatte mich nicht besonders auffällig gekleidet, doch die grünen Haare und die Tatoos machten mich viel auffälliger.

Auf meinem ganzen Körper konnte man Tatoos erkennen. Klingt vielleicht komisch, mit siebzehn schon so viele Tatoos zu haben, aber meine Eltern waren sofort von der Idee begeistert.

Mit fünfzehn bekam ich mein erstes Tatoo. Es ziert meinen rechten Unterarm. Ein altes Bild aus meiner Kindheit, zwei einfache Strichmännchen. Es soll mich und meinen damaligen besten Freund darstellen. Unter ihm war noch die Aufschrift 'Brudi' zu lesen.

Früher haben wir es uns immer auf die Arme gemalt. Ein leichtes Lächeln huschte über meine Lippen.

"Taddl? Du musst langsam los wenn du es noch zur ersten Stunde schaffen willst!" rief meine Mom aus der Küche. Ich schnappte mir meinen Rucksack und ging in die Küche.

"Guten Morgen Taddl. Alles gute zum Geburtstag!" begrüßten mich meine Eltern gleichzeitig. "Morgen" meinte ich nur und ging zum Kühlschrank um mir eine Flasche Wasser zu holen.

"Also Taddl.." fing meine Mutter an zu reden. "Mhh?" brummte ich. "Dein Vater und ich werden morgen in Hongkong erwartet und dazu müssten wir heute noch los fliegen." stützte sie ihren Satz fort. "Wir wollten fragen ob das für dich in Ordnung ist" fügte mein Vater hinzu. Ich brummte zustimmend.

"Wie lange werdet ihr weg sein?" - "Mindestens zwei Wochen. Es geht um ein großes Geschäft." meinte mein Vater.

Achja das habe ich vergessen zu erzählen. Meine Eltern sind die Besitzer einer großen Firma, die über die ganze Welt ihre Standbeine hat. Dass heißt sie sind oft auf Geschäftsreisen, mal länger, mal kürzer. Ich habe dann ein riesiges Haus für mich allein. Sie überweisen mir mein Geld und rufen alle zwei bis drei Tage an, um zu wissen wie es mir geht.

Ich nickte nur stumm. "Taddl, ich glaube du musst jetzt los" sagte meine Mutter wieder. Ich verabschiedete mich von beiden und ging zur Schule. Auf dem Weg hielt ich noch kurz bei einem Bäcker an und kaufte mir ein Schoko-Croissant.

Ich platzte mitten in der zweiten Stunde in das Klassenzimmer. Der Lehrer sah mich kurz mahnend an, zeigte dann aber auf eine frei Bank, ganz hinten links. Ich nickte nur und setzte mich hin.

Ein leises Getuschel brach in der Klasse aus und alle starrten mich an. "Ruhe jetzt!" sagte der Lehrer streng. Die Schüler schauten wieder nach vorne und hörten auf zu reden. Doch gute zehn Minuten später ging das Getuschel wieder los, als ein Rothaariger ins Klassenzimmer stürtzte. Er hatte einen schwarzen Hoodie und eine schwarze Hose an.

Der Lehrer verdrehte genervt die Augen. "Ich habe ihnen schon tausendmal gesagt dass sie pünktlich kommen sollen, Herr Bora!" - "Jo chill doch mal" sagte der Rothaarige, bevor er sich umdrehte und gerade zum laufen ansetzten wollte. Als er mich sah, erstarrte er in seiner Bewegung.

"Was will der da.." er zeigte auf mich "..auf meinem Platz?!" zischte er wütend. "'Der da' hat auch einen Namen!" zischte ich zurück. Erneut verstummte das Getuschel der Klasse und sie sahen zwischen mir und dem Rothaarigen hin und her.

"Und warum sollte mich dein Name interessieren?" fragte er provozierend und kam auf mich zu. "Damit du deiner Mami sagen kannst wer dich heute verprügelt hat" sagte ich noch provozierdender, stand auf, und ging ebenfalls auf ihn zu.

Nun standen wir uns gegenüber und schauten dem jeweils anderen in die Augen. "Beweis es mir" sagte er herausfordernd. Ich grinste fies, wollte gerade zum Schlag ausholen, da hielt jemand meinen Arm fest.

Ich drehte mich um und sah ihn die Augen eines blonden Jungen. Seine Haare waren etwas länger und ziemlich verwuschelt.

"Was soll das?!" fuhr ich ihn an. "Is besser so. Glaub mir" sagte er nur und setzte sich wieder auf seinen Platz. Ich sah ihn verwirrt an. Komischer Dude.

Ich drehte mich wieder zu dem Rothaarigen, welcher das Tatoo auf meinem rechten Unterarm anstarrte. In seinen Augen lag etwas trauriges. Als er bemerkte, wie er meinen Arm anstarrte, schüttelte er kurz den Kopf und sah mir in die Augen. Dann huschte sein Blick zu meinem Mundschutz, und wieder war da dieses traurige Schimmern in seinen Augen.

Ich drehte mich um und setzte mich auf meinen Platz. Noch so ein komischer Dude. Wie viele denn noch?

"Gut, da wir das jetzt geklärt haben, denke ich wir können den Unterricht fortsetzen" sagte der Lehrer und schrieb einige Aufgaben an die Tafel.

Ich sah noch einmal kurz zu dem Rothaarigen. Er kam mir irgendwie bekannt vor.

Aber woher sollte ich ihn bitte kennen? An so einen Gago würde ich mich erinnern..

best enemies; tardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt