Kapitel 1 Teil 1

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Als ich aufwachte sah ich meine Mutter in der Küche stehen wie sie das Frühstück machte. "Guten Morgen, Kim", lächelte sie in meine Richtung. "Guten Morgen, Mama", gab ich zurück. "Na, wie war die erste Nacht in unserer neuen Wohnung?", wollte sie von mir wissen. "Ungewohnt aber es geht schon.", antwortete ich. Ich ging zum Esstisch und setzte mich auf einen der Stühle. Der neue Freund meiner Mutter saß ebenfalls am Tisch gegenüber von mir in seiner Zeitung vertieft.

Als er fertig gelesen hatte legte er diese zur Seite um mich anzusehen. Ich fand ihn schon immer gruselig und ich mochte ihn noch nie so wirklich. "Guten Morgen, Hübsche.", sagte er in einem ruhigen Ton, welcher mich auf irgendeine Weise angeekelt hatte.
Ich nickte nur. Als meine Mutter das Frühstück hergebracht hatte, aß ich schnell um wieder in meinem Zimmer zu verschwinden. Gefühlt hunderte Kartons standen darin, welche noch ausgeräumt werden wollten. Ich setzte mich vor mein Bett auf den Boden und begann ein paar Klamotten und Schminke aus den Kartons zu kramen. Schränke, Bett und Regale standen schon. Ich musste diese nur noch einräumen.

Ich beschäftigte mich den ganzen Nachmittag damit alles auf - und einzuräumen. Erschöpft lies ich mich rückwärts auf mein hartes Bett fallen und machte die Augen zu. Es fühlte sich an als würde sich alles um mich herum drehen. Ich sah mein altes Zimmer und meine alten Freunde. Wie wir zusammen gelacht hatten und Übernachtungspartys geschmissen hatten. Ich fühlte plötzlich wie sich eine Träne einen Weg über meine rechte Wange bahnte und ich öffnete die Augen. Was ich jetzt sah, war mir völlig fremd. Ein neues Zimmer, keine Freunde, eine neue, hässliche Umgebung mitten in der Stadt und nichts mehr von alle dem, was mich glücklich gemacht hatte. Ich drehte mich um, griff nach meinem Kopfkissen und drückte mein Gesicht in dieses. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Ich fühlte mich allein. Ich hasse es neue Freunde zu finden.

Nach einer Weile ging ich mit roten Augen und gereizter Stimmung nach unten um mir einen Film anzuschalten. Meine "Eltern", wenn ich sie so nennen sollte, das heißt meine Mutter und ihr Freund waren heute aus gegangen, also war ich allein. Ich holte mir eine Packung Schokolade aus dem Kühlschrank und setzte mich auf das Sofa.
'wenigstens haben wir das wichtigste schon hier', dachte ich mir, als ich mir das erste Stück der Tafel in den Mund schob. Ich nahm die Fernbedienung und begann auf verschiedene Sender zu schalten in Hoffnung ich würde etwas interessantes finden.

"...missbraucht und getötet...", laß ich, als ich auf die Nachrichten gekommen war. "Das Mädchen war erst 14 Jahre alt...", hörte ich es einen Nachrichtensprecher sagen. Ich legte die Fernbedienung neben mich und lauschte. 'Das Opfer war nur ein Jahr jünger als ich', ging es mir durch den Kopf. Besorgt und traurig legte ich die Schokolade auf die Seite und machte den Fernseher lauter um mehr über den Fall zu erfahren. "Der Bruder sitzt in Untersuchungshaft", ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. "Widerlich sowas!", zischte ich als ein Bild von ihm auf dem Bildschirm erschien. Nach ein paar Minuten waren die Nachrichten vorbei und ich hatte ein mulmiges Gefühl. Aus irgendeinem Grund musste ich an Tom, den Freund meiner Mutter, denken.

Als es ein Uhr Nachts war beschloss ich den Fernseher auszumachen und mich schlafen zu legen.
Ich kuschelte mich zusammen und schlief auf dem Sofa ein. Mitten in der Nacht wurde ich von Tom geweckt, welcher mich in den Armen hielt und mich ins Bett trug. Als ich die Augen öffnete sah ich direkt in sein breites Gesicht, kurz bevor seine blau- gelben Augen sich in meinen versenkt hatten. Ich drehte meinen Kopf weg. "Lass mich runter", forderte ich ihn auf, doch er hielt mich weiter fest. "Ich sag es nicht nochmal. Lass mich los.", sagte ich in der ernstesten Stimme die ich beherrschte. "Wie du willst, Prinzessin.", sagte er leise und setzte mich ab. Ich warf ihm einen letzten, genervten Blick zu, ehe ich in meinem Zimmer verschwand und mich unter meiner Decke vergrub.

Es dauerte lange bis ich wieder einschlafen konnte, denn ich musste die ganze Zeit an den Fall in den Nachrichten denken und daran, wie Tom mir immer scheußliche Kosenamen gab. Es war schon schlimm genug, wenn er so mit meiner Mutter redete aber ich bin weder sein Kind noch seine Geliebte, also hatte ich jedes Recht dazu es abstoßend zu finden. Erst als es draußen langsam hell wurde fand ich Schlaf. Wenn auch nicht Guten. Als ich aufwachte brummte mein Schädel und mir war schwindelig. Ich setzte mich auf die Kante meines Bettes, schloss die Augen und nahm ein paar tiefe Atemzüge. Bald würden die Ferien zu ende sein und ich müsste anfangen mir neue Freunde zu finden, sonst muss ich immer mit Mama und Tom rumhängen und ganz ehrlich? "Alles lieber als das!", sagte ich auf einmal laut. "Alles lieber als was, mein Schatz?", wollte sich meine Mutter erkundigen, die mein Wachsein bemerkt hatte und aller Anschein nach, nach mir sehen wollte.

"Ähm Alles lieber als in die Schule zu gehen.", sagte ich. Ich stand auf und ging in ihre Richtung. "Oohh du Morgenmuffel!", lachte mir meine Mutter hinterher und gab mir einen lustig gemeinten Klaps auf mein Hinterteil. Ich schubste ihre Hand weg, drehte mich um und versuchte mich zu rächen. Plötzlich spürte ich einen erneuten Klaps auf meinem Po und fuhr erschrocken zusammen. In Blitzesschnelle drehte ich mich um und schrie einem grinsenden Gesicht entgegen "Mach das NIE WIEDER!".
Das Lächeln verstummte sofort und alles was ich als Antwort bekam war ein Achselzucken.
"Sag mal! Fräulein?", hörte ich die Stimme hinter mir. Ich schluchzte und ging in die Küche, trank ein Glas Milch, bei welchem mich Tom beobachtet hatte, und ging ins Wohnzimmer. Ich hörte Getuschel im Esszimmer ehe ich ein schmatzen hörte. Ich verzog mein Gesicht bei dem Anblick wie Tom meine Mom küsste, jedoch seinen Blick auf mich gerichtet hatte...

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Being LostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt