Kapitel 1

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Bens Sicht
Erschöpft bearbeite ich die letzten Patientenakten, die von der Nacht übrig geblieben waren. Mein Blick schweift dennoch immer wieder zur Uhr die fast vor mir an der Decke hängt. Nur noch ein paar Minuten dann kann ich endlich meine Schicht beenden und zu meiner Familie fahren. Trotz der Nachtschicht, die alles andere als angenehm war, bin ich bei dem Gedanken an die Geburtstagsfeier meiner Tochter wieder hell wach und freue mich einfach nur sie in meine Arme zu schließen. Malina ist das  Beste, das mir das Leben je geschenkt hat. Sie ist neugierig, fröhlich und einfach mein kleiner Engel. Wenn sie lacht dann steckt sie jeden mit ihrem Lächeln an. Sie will alles entdecken und interessiert sich sogar schon ein bisschen für Medizin, was mich natürlich sehr freut. Malina wird heute schon 3 Jahre alt. Die Zeit vergeht so schnell. Ich erinnere mich noch genau an den Tag ihrer Geburt als ich wie auf Drogen die ganze Zeit hibbelig auf dem Stuhl saß und gewartet habe bis ich sie endlich in den Armen halten konnte. Es war ein besonderer Moment den ich nie vergessen werde. Ich bin so dankbar sie zu haben und könnte es mir nicht mehr anders vorstellen.
Die Zeiger der Uhr bewegen sich heute jedoch einmal mehr im Schneckentempo, sodass mir diese letzten Minuten meiner Schicht wie eine halbe Ewigkeit vorkommen. Doch endlich höre ich meine Kollegen die zur Ablösung kommen. Wir waren in den fast 3 Jahren, in denen ich schon an dieser Klinik bin zu richtig guten Freunden und einem umso besseren Team geworden. Auch wenn niemand meine Freunde in Erfurt ersetzen kann. In Erfurt waren wir sowas wie eine große Familie. Hier ist es zwar auch schön aber an Erfurt kommt nichts auch nur annähernd heran. Bevor ich jedoch noch weiter an die Zeit in Erfurt denken kann werde ich wieder aus meiner Gedankenwelt gerissen. "Ahlbeck, Patientenakten!" Ich wirble erschrocken herum und blicke geradewegs in 4 lachende Gesichter. "Müsst ihr mich so erschrecken?" "Irgendwie mussten wir dich ja wachbekommen", lacht Kate und kommt auf mich zu. "Du solltest jetzt mal gehen deine Tochter wartet bestimmt schon sehensüchtig auf ihren Daddy" Ich nicke zustimmend und bewege mich in Richtung Umkleideraum. Dieser Satz von Kate erinnert mich immer an Moreau. Wie er uns jedes Mal mit seinen Parientenakten genervt hat und wir deswegen immer Überstunden machen mussten. Einmal war ich schon soweit ihm die Meinung zu sagen, als er durch seine Patientenakten fast ein Date mit Leyla verhindert hätte. Ich habe ihn so lange genervt bis Moreau freiwillig das Zimmer verlassen hat und ich pünktlich zu meinem Date kam. Bei dem Gedanken an Leyla huscht mir ein schnelles Lächeln über die Lippen. Ich erinnere mich gerne an die Zeit zurück, auch wenn es andererseits auch alte Wunden aufreißt. Ich war glücklich mit Leyla und hätte sie niemals verlassen, wäre ich nicht Vater geworden, was mir nach weiterem Überlegen total dämlich vorkommt. Ich habe die Frau meines Lebens verlassen und bin mit ein einer Frau zusammen die ich nicht liebe oder zumindest nicht mehr liebe. Tina und ich hatten uns früher öfters getroffen und als sie zufällig in die Stadt kam und wir uns wiedergesehen haben ist es einfach passiert. Ich wollte Leyla nie verletzten aber rückgängigmachen konnte ich es nicht mehr. Sie wollte uns noch eine Chance geben aber ich habe sie nicht wahrgenommen. Ich bin mit Tina hier her gezogen und hier erblickte Malina das Licht der Welt. Aber Zuhause gefühlt habe ich mich hier nie in all den Jahren. Kate kommt auf mich zu und schaut mich mit fragendem Blick an. Sie war die Einzige hier, der ich so vertraue, dass ich ihr alles erzählt habe. "Was machst du denn noch hier? Ich dachte du bist schon längst auf dem Weg zu deiner Tochter" "Ich musste eben nachdenken...", antworte ich kurz und knapp und setze mich auf die vor mir liegende Treppenstufe. Kate lächelt und setzt sich neben mich. "Geht es immernoch um diese Leyla?" Ich seufze und bejahe ihre Frage. "Weißt du, eigentlich könnte ich glücklich sein. Ich habe eine wundervolle Tochter die ich über alles liebe und eine Freundin die mir auch sehr viel bedeutet aber alles an das ich denken kann ist Leyla. Ich denke daran wie glücklich wir waren und vor allem wie glücklich sie mich gemacht hat. Ich weiß einfach nicht mehr weiter, sie fehlt mir so sehr" "Ich versteh dich Ben. Jemanden den man so sehr liebt und dann verlässt ist nie einfach und das braucht alles seine Zeit. Aber denk jetzt mal nicht an dieses Leben sondern das Hier und Jetzt. Deine wunderhübsche, kleine Tochter wartet zuhause darauf, dass du kommst und mit ihr und Tina einen schönen Geburtstag feierst. Auch wenn es dir schwer fällt. Die Kleine braucht dich Ben und du brauchst sie auch. Vergiss deine Sorgen für diesen Tag und widme deine Aufmerksamkeit deiner Tochter" "Ja du hast Recht. Danke Kate, wirklich!" "Kein Ding" Wir umarmen uns und ich gehe in Richtung Umkleide. Dieses Gespräch hat wieder mal so gut getan. Aber dennoch kann ich die Gedanken an Leyla nicht ausblenden so sehr ich es auch versuche. In der Umkleide angekommen ziehe ich mich um und will schon aus der Tür gehen als auf einmal mein Piper losgeht. Ich zögere kurz, eigentlich sollte ich schon garnicht mehr hier sein. Egal, auf ein paar Minuten mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht an. Ich wende mich dem Piper zu. Als ich jedoch sehe was mir angezeigt wird erstarre ich am ganzen Körper...

Beyla StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt