In den nächsten Tagen hatte ich kaum Gelegenheit Trübsal zu blasen oder mir wegen zuhause Gedanken zu machen. Meine Arbeit als Krankenschwester hielt mich ganz schön auf Trapp. Offenbar hatte unsere Seite versucht einen neuen Hügel einzunehmen und verloren. Haufenweise Verwundete wurden ins Camp gespült, einer schlimmer zugerichtet als der andere. Tag und Nacht wurde operiert. Ich hatte das große Vergnügen Major Burns assistieren zu dürfen. „Mensch, passen Sie doch auf! Ich habe doch ganz deutlich das 10er Skalpell verlangt!", schrie er mich gleich während der ersten OP an. „Nein das haben Sie nicht! Sie wollten das 15er und genau das habe ich Ihnen auch gegeben, Major!", nicht zu fassen, was für einen Mist dieser Hohlkopf fabrizierte. „Major Houlihan! Ich verlange eine kompetentere Schwester als diese hier!", rief er daraufhin. Ich konnte es nicht fassen. Was erlaubte dieser Major sich überhaupt! Nicht mit mir! „Jetzt hören Sie mal zu! Ich befolge nur Ihre Anweisungen. Was kann ich denn dafür, wenn Sie selber nicht wissen, was Sie da tun?!", das hätte ich wohl lieber lassen sollen. Major Houlihan war außer sich vor Wut. „Leutenant! Wie können Sie es wagen so mit einem Offizier zu sprechen! Das gibt eine Verwarnung! Baker, Sie übernehmen für Bennett. Bennett, Sie assistieren Captain McIntyre und nachher möchte ich Sie in meinem Zelt sehen!" Na ganz toll gemacht. Missmutig eilte ich zu Trapper. „Metzenbaumschere", ich reichte sie ihm. Als ich neben ihm stand, sagte er leise: „Das hast du richtig gemacht. Lass dir bloß nichts von dem Ars**h gefallen. Der hat keine Ahnung vom operieren und die Houlihan ist zu sehr auf seiner Seite. Die beiden sind privat zu sehr mit ihren Doktorspielchen beschäftigt, aber keine Sorge, du bist eine großartige Krankenschwester, soweit ich das beurteilen kann" „Vielen Dank, das wird mir die spätere Standpauke etwas erleichtern. Falls der Patientenandrang denn irgendwann mal zu Ende ist", seufzte ich. „Den Patienten bitte einmal zunähen- wie wäre es danach mit einer schönen Runde Poker und ein paar Drinks. Die Drinks gehen auch auf mich", zwinkerte mir Trapper zu, während er sich ein neues paar Handschuhe überstreifte. „Das klingt sehr verlockend. Wie hoch ist der Einsatz und nach welchen Regeln wird gespielt?" „Nanu, da weiß ja jemand Bescheid. Und ich dachte ich könnte eine kleine Krankenschwester bis auf die Unterwäsche abziehen", lachte er. Ich musste ebenfalls lachen. Wenn er wüsste.
Nachdem endlich alle Verwundeten versorgt waren, was ganze 14 Stunden gedauert hatte, schleppte ich mich zum Zelt des Majors. Wieso hatte ich nicht einfach meinen Mund halten können?! Ich klopfte. „Herein!", kam es vom Major. Ich trat ein und machte mich für eine ordentliche Standpauke bereit. Major Houlihan saß an ihrem Schreibtisch und arbeitete, wie es schien, an den neuen Dienstplänen. Machte diese Frau denn nie eine Pause?! Sie sah auf und als sie erkannte wer da vor ihr stand, richtete sie sich zu ihrer vollen Größe auf, ihr Gesicht zu einer undurchdringlichen Miene erstarrt. „Leutenant, schön das Sie es einrichten konnten endlich mal hier vorbei zu schauen. Was hat das so lange gedauert?" „Major, ich bin schon so schnell zu Ihnen geeilt wie ich konnte, aber ich kann nun mal nicht-", setzte ich zu einer sarkastischen Antwort an, aber der Major schnitt mir das Wort ab. „Sparen Sie sich Ihre dämlichen Ausreden. Sie haben sich vorhin im OP unmöglich verhalten, Leutenant! Sie sind noch nicht lange bei uns und tanzen schon aus der Reihe, aber ich sage Ihnen gleich- nicht bei mir! Sie werden als Strafe eine Woche lang die Nachtschichten von Leutenant McNahara übernehmen, da diese für einige Tage nach Tokio fährt- Und keine Diskussionen!", setzte sie noch hinterher, als sie meinen Gesichtsausdruck sah. Ich biss die Zähne zusammen und schluckte meine Widerworte herunter.
Nachdem ich mich in meinem Zelt ein wenig frisch gemacht hatte, ging ich zu dem Zelt der Captains. Die versprochenen Drinks konnte ich jetzt gut gebrauchen. Ich klopfte. „Herein, wenn's kein Schneider ist", ertönte es aus dem Inneren des Zeltes. Als ich eintrat, fühlte ich mich mal wieder sofort wohl, trotz des gigantischen Chaos. Da der Sommer sich dem Ende neigte und die Temperaturen mit jedem Tag sanken, prasselte im Ofen ein kleines Feuer vor sich hin, welches dem Zelt ein gewisses Maß an Gemütlichkeit verlieh. Im hinteren Teil des Zeltes wurde das leere Feldbett zusammengeklappt und weggeräumt. Nun stand dort stattdessen ein kleiner viereckiger Tisch mit drei Sitzmöglichkeiten. Hawkeye kam mir entgegen mit einem Martini in der einen Hand und einem weiteren in der anderen. „Trinkst du so früh am Abend schon beidhändig?", zog ich ihn auf. Er lachte und antwortete: „ Nein, das hebe ich mir für später auf. Das ist für dich" und reichte mir eines der Gläser. Dankend nahm ich es entgegen. Trapper konnte ich nirgends entdecken. „Wo ist denn Trapper?" „Ich fürchte wir müssen noch eine Weile auf den großen gutaussehenden Schlingel warten, denn er operiert gerade. Einer seiner Patienten hatte innere Blutungen", erklärte er mir. Schade, ich hatte mich auf ein wenig Poker gefreut. Hawkeye sah wohl meinen enttäuschten Blick denn er holte ein paar Karten aus seiner Feldkiste „Wir können uns aber trotzdem schon mal warm machen, was meinst du?",zwinkerte er mir zu. Ich musste grinsen. Das würde er noch bereuen.
Drei Stunden später hatte ich Hawkeye bis auf die Unterhose ausgezogen...also nur im übertragenen Sinne. Wäre das Strip-Poker gewesen, würde er schon längst keine mehr tragen. „Unfassbar! Wie kann eine so hübsche und unschuldich aussehende Krankenschwester nur soo gut pokern?!", lallte Hakeye. Mittlerweile hatten wir beide schon ganz schön einem im Tee. Wobei Hawkeye definitiv trinkfester war als ich. Er hatte doppelt so viele Drinks zu sich genommen, als ich und doch kam es mir so vor, als wäre er weniger betrunken. Mir drehte sich alles im Kopf. Ich kicherte wie eine Irre, weil er mich als hübsch und unschuldig bezeichnet hatte. Vermutlich wurde ich auch noch rot. „Wo hast du das bloß so gut gelernt?!" „Das Erste...das Erste, was meine Mutter mir und meinem Bruder beigebracht hat, war pokern. Nächte- lang", ein Wunder, dass ich noch einen zusammenhängenden Satz rausbringen konnte...naja so halb. Das würde morgen einen Kater geben. „Dann würde ich sagen, ich verneige mich vor der neuen Königin im pokern! Die mir außerdem meine letzten fünfundsiebzig Dollar abgenommen hat", verkündete Hawkeye feierlich. „Lass uns darauf noch einen trinken" „Oh nein, Hawk. Ich glaube noch ein Drink und mein Körper ergibt sich. Ich hab schon zu viel Blut in meinem Alkohol", brachte ich mühsam hervor. Hawkeye begann zu lachen. Beinahe wäre er dabei von seinem Feldbett gekippt. Das brachte nun auch mich zum lachen. Wir lachten bis uns beiden die Tränen floßen und ein irritierter Trapper in der Tür stand. „Nanu? Was ist denn hier los? Habt ihr etwa ohne mich Spaß?" „VERNEIGET EUCH VOR DER KÖNIGIN!", rief Hawkeye ihm zu. Ich stand wankend auf und winkte, als wäre ich die Queen persönlich. Nun kippte Hawkeye wirklich von seinem Feldbett. Auch Trapper stimmte in sein Lachen ein und verneigte sich. Das Aufstehen war allerdings keine gute Idee gewesen, denn das ganze Zelt drehte sich nun in bahnbrechender Geschwindigkeit. Plötzlich kam der staubige Boden gefährlich nahme. Einige Sekunden später wurde alles schwarz um mich herum.
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Zwischen Krieg und Skalpell
FanfictionDie Welt der jungen Krankenschwester Kate Bannett wird auf den Kopf gestellt. Sie wird in ein Mash Camp der U.S. Army verfrachtet. In die 4077. Dort lernt sie viele neue Menschen kennen, die ihr sehr schnell ans Herz wachsen. Doch einer scheint es...