Jungkook
Ich verließ mein Zimmer und schlenderte die Treppen hinunter, während ich Ausschau nach meiner Mutter hielt, die ich anschließend im Wohnzimmer fand. Sie lehnte an der Fensterbank und schaute telefonierend hinaus; genauso neugierig wie ich es noch vor einigen Minuten auch war. Wissen wollend, wer in das nun seit Jahren verlassenes Haus einzog und nun Mitglied dieser Nachbarschaft wurde.
Vor einigen Jahren lebte dort ein japanisches Ehepaar, doch nach einem heftigen Streit, brach die Ehe ineinander. Sie ließen sich scheiden, da sie es in der Nähe des jeweils anderen nicht mehr aushielten, sei es wegen der hinzugefügten Schmerzen, die durch die bittere Wahrheit ausgelöst wurden oder durch tiefe Reue, die den Alltag mit Schuldgefühlen schmückte.
Der ehemalige Ehemann verließ damals nach dem Streit als Erster das Haus, ohne auch nur eine Sekunde lang einen Gedanken an seine in der Zeit 3-jährige Tochter zu verschwenden und kam auch nie wieder. Frau Tamura blieb mit ihrer Tochter zurück, allerdings zog sie dann nach zwei Monaten ebenfalls aus, da sie dieses Haus mit vielen Erinnerungen verband, die sich nicht einfach so auslöschen ließen.
Sobald sie ihre vier Wände betrat, lagen diese Erinnerungen in der Luft; erst erinnerte sie sich an die schönen Momente zurück wie Yunis Geburt. Die kleine Familie war wunschlos glücklich, sowie die Nachbarschaft es auch war und das Paar mit Glückwünschen und Geschenken überhäuften. Nacheinander folgten all die schönen Erinnerungen bis sie dann zu den grauenhaften angelangten. Diese trieben ihr das Lächeln aus dem Gesicht, das sich während der schönen Erinnerungen auf ihre Lippen schlich. Sie hielt es nicht mehr aus, dass ihr andauernd alles vor Augen geführt wurde, weshalb sie beschloss einen Neuanfang zu beginnen.
Sie zog mit ihrer Tochter Yuni in eine andere Stadt. Meiner Mutter war die Trauer wie ins Gesicht geschrieben, weil Frau Tamura sowas wie ihre beste Freundin war. Noch immer waren sie Freunde, sie ließ ihre Kontaktdaten da, allerdings ist diese verbundene Freundschaft durch diese Entfernung schon lange nicht mehr das Selbe gewesen.
Die Entfernung stellte deren Freundschaft oft auf die Probe und manchmal drohte sogar die Gefahr, dass eine Person hinter sich in der Vergangenheit gelassen wird, ohne, dass man es so wirklich mitbekam. Und obwohl es nicht einfach war, die Beziehung zueinander aufrecht zu halten, telefonierten sie trotzdem noch miteinander und trafen sich, wenn der Terminkalender der beiden es zuließ. Seit ihrem Umzug waren nun vier Jahre vergangen und es war einfach nur beneidend, dass diese Freundschaft trotz der Schwierigkeiten noch immer mehr oder weniger stabil blieb.
"Hast du schon mitbekommen, dass wir ab heute neue Nachbarn haben werden?"
Schnell wendete ich meinen Blick von der Wand ab, die ich wohl unbewusst anstarrte, während ich mich in Gedanken befand und sah in die Augen meiner Mutter, die das Telefon nun locker in der rechten Hand hielt und nicht mehr an ihr Ohr wie noch vor zwei Minuten.
Ich nickte.
"Eine Frau und ein Junge, wahrscheinlich in deinem Alter, so wie ich es von einigen Gesprächen aufgeschnappt habe. Es wäre doch eine Chance neue Freundschaften zu knüpfen, oder?", meinte sie leicht lächelnd.
Genervt stöhnte ich auf.
"Mom, dieses Gespräch hatten wir doch schon mal. Ich brauche keine neuen Freunde, Jimin und Yugyeom reichen mir vollkommen", behauptete ich mit einem gewissen Nachdruck, der ihr deutlich machte, dass sie es gut sein lassen sollte. Doch so wie ich sie kannte, gab sie nicht schon von vornerein auf.
"Die Beiden siehst du doch nur in der Schule. Kann man da eigentlich von Freunden reden, wenn man nie außerhalb der Schule etwas gemeinsam unternimmt? Mein Sohn, du hockst jeden Tag nur in deinem Zimmer, es wundert mich echt, dass du überhaupt problemlos allein in die Stadt gehen und auch wieder zurückkommen kannst, ohne dich irgendwo zu verlaufen-"
"Mom! Also wirklich, ich bin gern zu Hause und nicht dämlich. Außerdem haben Jimin und Yugyeom mit uns Silvester gefeiert, schon vergessen?"
"Ist ja gut, ist ja gut. Aber Jungkook, denkst du nicht, es wäre auch mal gut hier in der Nähe einen Freund zu finden?", fragte sie mich, während sie ihre Arme ineinander verschränkte und mich beinahe bemitleidend anschaute. Ich seufzte.
Warum beharrte sie denn immer darauf, dass ich neue Freundschaften knüpfen sollte, wenn ich doch zufrieden mit meinem Leben war, wie es war? Mir fehlte nicht noch eine Person, mir reichten meine Freunde total aus, auch wenn wir uns nicht immer sahen und das fand ich überhaupt nicht schlimm. Wir waren trotzdem ein gutes Trio.
"Ist echt nicht nötig."
Normalerweise würde sie mich nun damit in Ruhe lassen. Normalerweise würde sie erst ergebend seufzen und dann das Thema wechseln und so tun, als hätten wir dieses Gespräch nie geführt, vielleicht würde sie sogar einfach kopfschüttelnd aus dem Raum gehen. Doch dieses Mal, legte sie ihr Kopf schief und sah mir starr in die Augen, wobei ihr Mundwinkel ganz kurz und unauffällig nach oben zuckte. Bemerkt habe ich es trotzdem.
"Ist was?", hakte ich verwirrt nach.
"Nein, nein, alles gut."
Sie macht einen Schritt auf mich zu, wuschelte mir durchs Haar und verließ dann den Raum, allerdings entging mir ihr Grinsen nicht. Völlig planlos sah ich ihr hinterher, bis sie dann in dem Flur nach rechts abbog, sodass sie nicht mehr zu sehen war und mich dazu verleitete mit zusammengezogenen Augenbrauen nachdenklich durch die Gegend zu starren.
Was hatte sie nur vor?
°Love Maze
231119
DU LIEST GERADE
Love Maze| ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏ
Hayran KurguJungkook ist ein ziemlich schüchterner Schüler, der es unter keinen Umständen wagen würde seine wohlgeliebte Komfortzone zu verlassen. Schon immer war er ein Feind der plötzlichen Lebensumstellungen und findet diese auch nicht nötig: sein Leben gefä...