»Seid ihr in Ordnung?«, drang Phobos' Stimme durch die Finsternis. Man konnte die Hand vor Augen nicht sehen.
»Was hat er getan?« Sylfaen richtete sich auf und rempelte dabei gegen die Schulter des älteren Vampirs, der sich ebenfalls hingesetzt hatte. Er tastete nach Riley, der sich orientierungslos über die Schienbeine rieb. Seine Hose war gespickt mit piksenden Resten toter Blätter und winziger Äste vom Sturz auf den Boden.
»Was ist das für eine Dunkelheit? Das ist doch nicht echt ...«
»Nein«, entgegnete Phobos, »das muss ein Obscurita-Bann sein. Eine Dunkelsphäre. Er hat mir mal davon erzählt. Der ultimative Fluchtzauber. Man nimmt den Feinden die Sicht und hat Zeit, zu entkommen.«
»Also ist er über alle Berge, wenn dieses Ding wieder verschwindet? Es verschwindet doch, oder? Ich will hier nicht verrecken.«
Der junge Vampir tastete sich voran, als plötzlich dunkle, violette Blitze und Funken aufleuchteten, die wie bei einem Gewitter über ihre Köpfe hinweg zogen. Über ihnen musste sich tatsächlich eine Glocke aus Finsternis befinden. Riley schrie leise auf, denn die Berührung mit der Wand der Sphäre und die elektrische Entladung taten weh.
Phobos seufzte. »Irgendwann verfliegt das wieder. Es soll ja nur Zeit verschaffen. Aber wir sitzen jetzt hier fest. Tolle Nummer.«
»Ein Scheusal ist er. Du hättest ihn töten sollen ...« Der junge Vampir kroch wieder in die Mitte ihres Gefängnisses, wobei das tote Laub unter ihm knisterte und er schließlich gegen den anderen Unsterblichen prallte.
»Hinterher ist man immer schlauer. Und es ist leider leichter gesagt als getan, die Klinge gegen einen Freund zu ziehen.«
»Ich weiß«, Riley lehnte sich an den Rücken seines Gefährten und streckte die Beine aus. Seine Hände kribbelten nach dem Stromschlag der Sphäre. »Ich hoffe nur, es hat ihn nicht gereizt, dass sich ein Schuss aus der Armbrust gelöst hat. Nicht, dass er das an Ari auslässt.« Der junge Mann seufzte. »Andererseits wünschte ich mir fast, ich hätte sein Auge und nicht seine Schulter getroffen.«
»Hätte nichts genutzt«, erklang das murmelnde Stimmchen Sylfaens in der Finsternis und die beiden Vampire wandten sich in die Richtung dieser.
»Was meinst du?« Riley klang ehrlich neugierig.
»Cadéren hat auf ihn geschossen, mit einem Gewehr, und ihn im Gesicht getroffen. Ein normales Wesen wäre tot umgefallen und nicht wieder aufgestanden. Nicht mit einer Ladung Schrot im Gesicht ... aber nicht der Alptraummann. Er kippte nicht einmal um. Er ... er wischte sich das Blut ab, als wäre nur eine Mücke gegen ihn geflogen, die Wunden heilten und er hat ... Cadéren umgebracht.«
Phobos seufzte. »Ich sagte doch bereits, dass man ihm mit konventionellen Waffen nicht beikommen kann. Sie können ihn höchstens aufhalten, aber nicht vernichten.«
»Was können wir denn dann tun? Gibt es denn nichts, was ihn tötet?«
»Völliger Energieverlust.«
»Toll. Also kann nur ein Reaper einen Reaper töten?«
»Nein. Aber das wäre wahrscheinlich das Leichteste.«
»Na, ist ja fantastisch.«
Schweigend warteten die drei Gefährten die Zeit ab, die es dauerte, bis die Dunkelsphäre, die sie gefangen hielt, sich verflüchtigte. Beinahe wäre es ihnen nicht aufgefallen, denn es war inzwischen Nacht geworden. Wären nicht die Geräusche des Waldes zurückgekehrt und hätten sie das Heulen eines Käuzchens nicht gehört, hätten sie es nicht bemerkt.
Sylfaen hatte sich zu einer Kugel zusammengerollt und schlief mit dem Kopf auf einem zusammengeknüllten Stück von Rileys wollenem Umhang, während die beiden Vampire einfach nur dagesessen hatten. Zeit spielte für die beiden keine Rolle und so war es gleich, ob sie ein paar Minuten warteten oder ein paar Stunden.
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Sternschnuppenfänger
FantasyEine Geschichte aus Belletristica ~ Nach fünfhundert Jahren des Wartens wiederholt sich in Belletristica das mystische Schauspiel der Fairieden. Alle Augen sind auf diesen gewaltigen Meteoritenschauer gerichtet, wodurch niemand das Erstarken eines a...