39. Kapitel

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Später am Abend erfuhr ich noch, dass Chanyeol mich sogar bei der Polizei als vermisst gemeldet hatte.
Er sagte, ich sollte meine Eltern anrufen und sagen, dass ich wieder da war. Nickend rief ich bei ihnen trotz der Uhrzeit an und lehnte mich gegen Chanyeol. Ich hatte panische Angst, dass er einfach so verschwinden könnte, auch wenn er mir versprach, er würde nirgendwo hingehen.
Meine Eltern waren krank vor Sorge gewesen und es tat mir Leid, dass ich allen so Angst gemacht hatte. Meine Mutter warnte mich davor, nochmal sowas zu machen und ich versprach ihr, nie wieder abzuhauen ohne was zu sagen.

Nachdem ich aufgelegt hatte, seufzte ich langgezogen. Zum einen war ich unendlich froh, dass Chanyeol wieder da war, zum anderen lastete es sehr auf mir, wie viel Sorgen ich allen bereitet hatte und innerlich ging es mir immer noch nicht ganz gut.
Chanyeol zog mich sanft an ihn und ich lehnte mich gegen ihn. Er fuhr mir leicht durch die Haare und ich vegrub mein Gesicht an seiner Brust. Ich hörte seinen Herzschlag und atmete tief seinen Geruch ein. Dadurch ging es mir ein wenig besser.
Chanyeol's Magen knurrte laut und es überraschte mich so sehr, dass ich leicht zusammenzuckte. ''Hast du Hunger?'', nuschelte ich gedämpft.
''Ich habe die letzten Tage nichts gegessen..'', gestand er leise und ich löste mich etwas von ihm und hoffte ihn missbilligend anzusehen.
''Ich war einfach zu besorgt.. ich konnte weder schlafen noch essen'', erklärte er leise und ich biss mir auf die Lippe. ''Wir sollten was essen, ich habe auch nicht sonderlich viel gegessen.''
''Okay, gut. Sollen wir was bestellen? Was willst du?''

Wir hatten Glück, noch einen Lieferdienst bei der Uhrzeit zu erreichen und während wir aßen, viel mir was ein.
''Wann musst du morgen zur Uni?''
''Ich gehe morgen nicht. Ich war die letzten Tage nicht da und habe mich krank gemeldet. So wie du bei deinem Trainer.''
Leicht schmunzelnd nickte ich. ''Aber deine Uni ist wichtiger wie mein Blindentraining...''
''Ansichtssache'', erwiderte er kauend und ich nickte erneut. Wahrscheinlich hatte er recht.

Er schlief bei mir und wir beschlossen, den nächsten Tag zusammen zu verbringen, da wir das einfach mal brauchten.
Wir schliefen lange und ich wachte vor ihm auf. Ruhig hörte ich seinen Atem direkt neben mir und ein Arm zog mich selbst im Schlaf fest an ihn. Ich weckte ihn nicht, da er wirklich Schlaf nachzuholen hatte und ich seine Nähe genoss. Ich stellte mir sein schlafendes Gesicht vor und lächelte leicht. Wie gerne ich es jetzt sehen würde und es deprimierte mich, es nie wieder sehen zu können. Schnell schob ich den Gedanken beiseite, schließlich konnte ich froh sein, dass er überhaupt noch da war. Was hätte ich gemacht, wenn das alles wahr gewesen wäre? Die Hochzeit mit Yeojin?
Und ich hatte das Gefühl, das alles war noch nicht vorbei. So leicht würde sie sich nicht geschlagen geben. Ich spürte regelrecht, dass da noch was auf uns zukommen würde. Zudem hatte Chanyeol wohl seinen Eltern mal seine Meinung gesagt und seine Eltern waren sehr streng, alles musste nach ihren Willen laufen. Ich war ihnen ein Dorn im Auge und sie würden bestimmt nicht aufgeben, uns auseinander zu bringen.
Diese Ängste begleiteten mich jede Sekunde, wenn ich mit Chanyeol zusammen war und erst recht, wenn nicht. Ich konnte diese Angst weder ignorieren noch abstellen. Sie war immer da und auch begründet. Wir hatten viele Feinde.
Wie meine Eltern jetzt zu dem Ganzen standen und wo ich sie einordnen musste, wusste ich nicht. Sie schienen erstmal glücklich zu sein, dass ich wieder da war. Zu Chanyeol hatten sie nicht viel gesagt. Aber ich erinnerte mich an das Mitgefühl meiner Mutter, als ich ihr erzählt hatte, dass Chanyeol Yeojin heiraten würde.
Allmählich bekam ich Kopfschmerzen. Meine Gedanken kreisten die ganze Zeit um die selben Themen und davon wurde mir schwindlig.
Als ob Chanyeol es spüren würde, zog er mich mehr in seine Arme und ich entspannte mich ein wenig.

''Bist du schon wach?''
Ich vernahm Chanyeol's verschlafene Stimme an meinen Ohr und drehte mein Gesicht zu ihm. Ich hatte meine Augen nicht mehr geschlossen gehabt und nickte nur.
''Wie lange schon?''
Schulterzuckend antwortete ich: ''Keine Ahnung.. noch nicht sehr lange.'' Das war zwar gelogen, aber das war ja nicht schlimm.
''Okay'', sagte er und es ging in ein Gähnen über. Kurz darauf fiel ihm auf, dass es schon sehr spät war.
''Wir haben den Schlaf wirklich gebraucht'', meinte ich und schmiegte mich wieder an ihn.
Sanft streichelte er mich und ich gab einen zufriedenen Ton von mir.
''Hast du gut geschlafen?''
''Ja, habe ich. Und du?''
''Ich auch.''

Eine Weile blieben wir noch so liegen, bevor wir aufstanden und uns fertig machten. In der Küche bemerkte Chanyeol dann, dass der Kühlschrank leer war.
Also entschlossen wir uns spontan dazu, frühstücken zu gehen. In der Bäckerei, zu der ich auch sonst immer ging.

Als wir wieder bei mir waren, rief ich endlich meinen Trainer an und sagte, ich wäre wieder gesund und würde ab morgen wieder kommen.
''Du klingst auch wieder viel besser. Das freut mich'', meinte er und ich bekam einen leichten Gewissensbiss.
Nach dem Gespräch spürte ich zögerlich Chanyeol's Lippen auf meinen. Ich spürte seine Unsicherheit, da wir uns gerade erst wieder vertragen hatten. Mir ging es nicht anders, aber ich wollte auf gar keinen Fall, dass es komisch zwischen uns war, weshalb ich den Kuss etwas wilder erwiderte. Schnell fand ich mich in einem leidenschaftlichen Kuss wieder und lächelte leicht in ihn hinein.
Chanyeol löste sich wenig später von mir. ''Ich habe was gemacht, als du.. naja, weg warst.''
Neugierig richtete ich mich etwas auf und sah in seine Richtung. ''Was denn?''
Statt einer Antwort spürte ich nur, wie er aufstand. Verwirrt wollte ich ebenfalls aufstehen, doch er drückte mich sanft zurück aufs Sofa.
''Eigentlich ist es für's Klavier, also entschuldige, wenn es nicht so gut klingt. Aber ich denke, auf der Gitarre geht es auch.''
Kurz darauf erklang eine wunderschöne, wenn auch traurige Melodie. Es klang wunderschön auf der Gitarre, aber ich konnte mir vorstellen, dass es auf dem Klavier noch schöner klang.
Man hörte heraus, wie viel Liebe Chanyeol in dieses Lied gesteckt hatte. Das Lied vermittelte mir das Gefühl von Trauer, Schmerz und Hoffnungslosigkeit. Es fehlte nicht mehr viel und ich würde Tränen in den Augen haben.

''Und? Wie findest du es?'', fragte Chanyeol, einige Augenblicke nachdem der letzte Ton verklungen war, leise nach.
Kurz überlegte ich, wie ich meine Gedanken und Gefühle ausdrücken sollte. ''Es ist.. wunderschön, wirklich. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich habe es.. gespürt.''
Ich hörte, wie er wieder zu mir kam und mich in seine Arme schloss.
''Das ist das Wichtigste; das es dir gefällt. Es ist schließlich auch dein Lied.''
Glücklich lächelnd nickte ich. Meine Ängste, die am Morgen noch so groß und bedrohlich waren, rückten weit in meinen Hinterkopf und ich konnte die Zeit mit Chanyeol in vollen Zügen genießen.

Am Nachmittag bekamen wir langsam Hunger. Wir stimmten darüber ab, ob wir einkaufen gehen sollten oder etwas bestellen sollten.
Mich störte es, dass er alles zahlen wollte, aber ich war machtlos ihm gegenüber. Er sagte, er hätte genug Geld. Er hatte zwar recht, aber das hieß nicht, dass ich gar nichts zahlen musste und auf seinen Kosten lebte.
Da mein Kühlschrank leer war und ich für heute Abend und so nichts mehr hatte, war Chanyeol dafür, einkaufen zu gehen. Doch ich hingegen war zu faul bis zum Supermarkt zu laufen und wollte was bestellen. Wir diskutierten noch eine Weile, bis es plötzlich klingelte.
Ich erstarrte und mein Herz schlug etwas schneller, ich spürte fast schon, dass es Yeojin oder so war. Selbst Chanyeol war ziemlich ruhig. Ob er auch mit Yeojin rechnete?
Zögend stand ich auf und ging zur Tür. Ein weiteres Klingeln ließ mich zusammenzucken. Chanyeol war direkt neben mir und nahm meine Hand. Er führte mich zur Tür und drückte auf den Öffner.
''Ich stelle mich hinter die Tür, dass wer auch immer da kommt, nicht direkt rein kann...'', murmelte er leise und ich nickte, ließ seine Hand aber nicht los.
Er öffnete die Tür und ich hörte die Schritte.
Ich betete, dass es nicht Yeojin war, sie würde eine Szene machen und danach würde ich mich wahrscheinlich schlecht fühlen, weil sie mir wahre Fakten unter die Nase reiben würde.

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𝒃𝒍𝒊𝒏𝒅 || 𝒄𝒉𝒂𝒏𝒃𝒂𝒆𝒌/𝒃𝒂𝒆𝒌𝒚𝒆𝒐𝒍 [ABGESCHLOSSEN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt